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Nach Übernahme durch Shop Apotheke
First A: Können Partnerapotheken einfach aussteigen?
Die Arzneimittellieferplattform First A gehört nun zum Versandhändler Shop Apotheke. Für die eine oder andere Partnerapotheke könnte das ein Anlass sein, die Zusammenarbeit zu überdenken. Schließlich hatte man in die Kooperation mit einem Start-up eingewilligt und nicht in die mit einem niederländischen Arzneimittelversender. Können die Apotheken die Zusammenarbeit nun einfach beenden? Wir haben bei zwei Rechtsanwälten nachgefragt.
Dass erfolgreiche Start-ups von großen Playern im Markt aufgekauft werden, ist nichts Ungewöhnliches – ganz im Gegenteil: Für viele Gründer ist es das erklärte Ziel, ihr Unternehmen zum gegebenen Zeitpunkt für einen möglichst hohen Preis zu verkaufen. Jüngste Beispiele: das Gewürz-Start-up Ankerkraut, das nun zu Nestlé gehört, und die Apothekenlieferplattform First A. Hier hat der niederländische Arzneimittelversender Shop Apotheke zugeschlagen. Der Kaufpreis setzt sich laut Shop Apotheke aus „einem bei Vollzug fälligen Betrag und bedingten erfolgsabhängigen Earn-Outs auf Basis vorab vereinbarter finanzieller Erfolgsparameter (KPIs) über die kommenden vier Jahre zusammen“ und soll sich voraussichtlich insgesamt auf einen zweistelligen Millionenbetrag belaufen.
Doch was bedeutet die Übernahme für die Partnerapotheken von First A? Schließlich arbeiten diese von einem Tag auf den anderen nicht mehr mit einem Start-up zusammen, das das eigene Angebot ergänzt, sondern mit der direkten Konkurrenz – einem Versandhändler jenseits der niederländischen Grenze. Und somit wäre es nicht verwunderlich, wenn die eine oder andere Apotheke aussteigen möchte.
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Doch geht das so einfach? Diese Frage abstrakt zu beantworten, ist laut Rechtsanwalt Morton Douglas ohne Kenntnis des jeweiligen Vertrages schwer. Aber nach seinem Verständnis ist der Dienstleister First A an den Start gegangen, um eine Alternative für die niedergelassene Apotheke zu bieten und diese zu unterstützen, sich im Wettbewerb mit den Versandkonzernen mit diesem Angebot zu stärken. Wenn nun einer der beiden großen Gegner plötzlich hier als Gesellschafter auftaucht, ist dies in seinen Augen ein Kündigungsgrund, da eine Fortführung des Vertrages unter diesen Umständen unzumutbar sei, erklärt der Freiburger Rechtsanwalt auf Nachfrage der DAZ. „Daher kann nach meinem Verständnis eine Apotheke ihren Vertrag schlicht kündigen“, so Douglas.
Der Stuttgarter Rechtsanwalt Dr. Timo Kieser sieht die Sache ebenso. Aus seiner Sicht gibt es für betroffene Apotheker gute Argumente, ihren Vertrag mit First A aus wichtigen Grund nach § 314 BGB zu kündigen. Ein „wichtiger Grund“ liegt vor, wenn dem kündigenden Partner (also hier der Apotheke) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann, das Vertragsverhältnis bis zu seinem regulär möglichen Ende fortzusetzen. Für Kieser ist die Übernahme von First A durch Shop Apotheke ein solcher wichtiger Grund. Den bisherigen Partnern von First A könne nicht zugemutet werden, faktisch ihre Konkurrenz – die Shop Apotheke – zu stärken und dieser den Weg für eine noch bessere Erschließung des inländischen Marktes zu ermöglichen.
Ungeachtet dessen könne jede Apotheke jederzeit die Belieferung einstellen, etwa weil sie aus Gründen der Kapazität nicht in der Lage ist, die in diesem Fall ebenfalls erforderliche Beratung zu leisten, so Morton Douglas weiter. „Ohne dass mir dies im Detail bekannt ist, müsste eine solche Möglichkeit für jede Apotheke bestehen. Und wenn daher nun eine Apotheke sich schlicht dauerhaft auf Nicht-Lieferfähigkeit stellt, dann könnte natürlich First A überlegen, aus diesem Grund den Vertrag zu kündigen. Aber dies wäre dann keine Drohung mehr, sondern eine Erlösung.“
Darüber hinaus sieht Douglas gegebenenfalls noch einen weiteren Ansatz, um aus einem Vertrag mit First A herauszukommen. Er hält nämlich die umsatzabhängige Vergütung im Bereich der Arzneimittel für problematisch, da sie wohl gegen § 8 Apothekengesetz verstoße. Damit wäre der Vertrag nach § 12 Apothekengesetz sowieso nichtig, so Douglas.
Parallelen zur Übernahme der Teleclinic durch DocMorris?
Die Übernahme weckt Erinnerungen an den Kauf der Teleclinic durch die DocMorris-Mutter Zur Rose. Technischer Partner bei den „privaten“ E-Rezepten von Teleclinic war nämlich von Anfang an apotheken.de, der Website-Anbieter des Deutschen Apotheker Verlags. Dieser stellte die Infrastruktur zur Verfügung, mit der die elektronischen Verschreibungen in die Apotheken vor Ort gelangten. Als der Verkauf an Zur Rose bekannt wurde, beschloss der Deutsche Apotheker Verlag, die Zusammenarbeit mit sofortiger Wirkung einzustellen.
Teleclinic versuchte vor Gericht zu erwirken, dass die E-Rezepte aus den Fernbehandlungen weiterhin über apotheken.de an die Vor-Ort-Apotheken geleitet werden. Das Landgericht Stuttgart folgte jedoch der Auffassung des Deutschen Apotheker Verlags. So schrieb es in seinen Urteilsgründen, dass eine Fortsetzung der Zusammenarbeit zwischen apotheken.de und Teleclinic bedeuten würde, dass apotheken.de das „nunmehr das gewandelte Geschäftsmodell der Verfügungsklägerin (Teleclinic, Anm. der Red.) und das Geschäftsmodell von DocMorris“ unterstützen müsse. Und das, „obwohl dieses Geschäftsmodell den Interessen der Apotheken vor Ort zuwiderläuft“. Deswegen sei die Fortsetzung der Zusammenarbeit unzumutbar.
Laut Rechtsanwalt Timo Kieser ist die Konstellation bei Shop Apotheke und First A ähnlich wie die bei apotheken.de / Teleclinic, aber nicht 100 Prozent identisch. Zum einen habe es bei apotheken.de / Teleclinic gewisse vertragliche Regelungen gegeben, die für die Kündigung vorteilhaft waren, zum anderen sei das Eigeninteresse an der Kündigung von apotheken.de noch deutlicher hervorgetreten.
„Man weiß bei nicht apothekerbeherrschten Plattformen nie, wer am Ende mit am Tisch sitzt“
Für Noweda-Chef Dr. Michael P. Kuck zeigt die Übernahme des Lieferdienstes First A durch die Shop Apotheke einmal mehr, dass sich die Vor-Ort-Apotheken bei der Wahl ihrer Geschäftspartner sehr genau überlegen sollten, mit wem sie zusammenarbeiten und welche Konsequenzen dies für die Zukunftsfähigkeit der eigenen Apotheke hat. Denn diese Übernahme durch den niederländischen Versender mache deutlich, wie gefährlich es ist, auf digitale Lösungen zu setzen, die nicht apothekenbeherrscht sind: Die Apotheke könne sich nicht darauf verlassen, dass ihre Interessen dauerhaft gewahrt bleiben, so Kuck.
Je größer die Bedeutung von digitalen Lösungen für Apotheken in Zukunft werde, desto wichtiger sei es, dass sich Apothekerinnen und Apotheker auf die von ihnen ausgewählte Plattform verlassen können – so wie ihreapotheken.de, wo Apothekerinnen und Apotheker über die Unternehmenspolitik entschieden. „Der Kauf von First A durch die Shop Apotheke zeige eindrucksvoll, dass man bei Plattformen, die nicht apothekerbeherrscht sind, nie weiß, wer am Ende mit am Tisch sitzt“, so Kuck.
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