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Empfehlung der EMA vor Zulassung
Wie kann Molnupiravir bei COVID-19 angewendet werden?
Noch während des laufenden Rolling-Review-Verfahrens zu Molnupiravir in Lagevrio hat sich die EMA zur Anwendung des oralen COVID-19-Arzneimittels vor Zulassung in der EU geäußert. Welche COVID-19-Patient:innen könnten der EMA zufolge von Molnupiravir profitieren?
Eine Kapsel gegen Corona – das klingt toll. In Großbritannien ist das bereits Wirklichkeit: Molnupiravir (Lagevrio®) ist im Vereinigten Königreich schon zugelassen. Die EMA hingegen prüft das antivirale Arzneimittel derzeit noch, das Rolling-Review-Verfahren läuft seit 25. Oktober. Allerdings hat der dortige Humanarzneimittelausschuss (CHMP) nun am 19. November eine Empfehlung zur Anwendung von Molnupiravir ausgesprochen.
Mit dieser Empfehlung will die EMA „angesichts der steigenden Infektions- und Todesfälle durch COVID-19 in der EU“ die EU-Staaten bei einer möglichen frühzeitigen Anwendung, zum Beispiel in Notfallsituationen, unterstützen – und zwar noch vor Zulassung des Arzneimittels.
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„Das wissenschaftliche Gutachten des Ausschusses kann nun von den EU-Mitgliedstaaten herangezogen werden, wenn sie auf nationaler Ebene Entscheidungen über die Verwendung dieses Arzneimittels vor der Marktzulassung treffen“, erklärt die EMA. Molnupiravir wird von Merck Sharp & Dohme (MSD) in Zusammenarbeit mit Ridgeback Biotherapeutics entwickelt.
Bei Zulassung von Molnupiravir, wäre Lagevrio® das erste orale Anti-COVID-19-Arzneimittel in der EU.
Erwachsene COVID-19-Patient:innen mit Risiko für schweren Verlauf
Nach wissenschaftlicher Einschätzung des CHMP kann Molnupiravir zur Behandlung von erwachsenen COVID-19-Patient:innen ohne zusätzlichen Sauerstoffbedarf angewendet werden, wenn diese ein erhöhtes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben. Die Patient:innen sollten Molnupiravir so früh wie möglich nach Diagnose – innerhalb von fünf Tagen nach Symptombeginn – erhalten. Die Gabe erfolgt als orale Kapsel, welche die Patient:innen zweimal täglich für fünf Tage einnehmen.
50 Prozent weniger Krankenhauseinweisungen und Tod
Ihre Vor-Zulassungsempfehlung stützt die EMA auf Daten zur Qualität des Arzneimittels und Ergebnisse aus bereits abgeschlossenen oder noch laufenden Studien. Dabei beruft sich das CHMP vor allem auf Zwischenergebnisse der wesentlichen zulassungsrelevanten klinischen Studie, in der Molnupiravir – in einer Dosierung von zweimal täglich 800 mg – das Risiko von ungeimpften, vorerkrankten COVID-19-Patient:innen für Krankenhausweinweisungen und Tod um die Hälfte verringern konnte: Erhielten die Corona-Patient:innen innerhalb von fünf Tagen nach Symptombeginn Molnupiravir, mussten im darauffolgenden Monat 7,3 Prozent der Erkrankten ins Krankenhaus oder verstarben (28 von 385), in der Placebogruppe waren es 14,1 Prozent der Patient:innen (53 von 377). Alle Patient:innen in der Molnupiravirgruppe überlebten ihre COVID-19-Erkrankung, von den Patient:innen, die Placebo erhalten hatten, verstarben hingegen acht.
Durchfall, Übelkeit und Schwindel
Zu den häufigsten Nebenwirkungen einer Molnupiravirtherapie zählten laut EMA Durchfall, Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen. Alle unerwünschten Arzneimittelwirkungen waren von leichter bis mittelschwerer Natur.
Auch für Schwangere?
Die EMA schränkt ihre Empfehlung zur Anwendung von Molnupiravir allerdings ein: Schwangere Frauen sollen Molnupiravir nicht erhalten, ebenso wenig Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht sicher verhüten. Nach dem Rat der EMA sollten Frauen, die schwanger werden könnten, deswegen unter Molnupiravir sowie vier Tage nach Behandlungsende eine wirksame Verhütungsmethode anwenden, um eine Schwangerschaft auszuschließen. Auch sollten Frauen, die stillen, das Stillen während und vier Tage nach der letzten Molnupiravirgabe unterbrechen. Warum ist die EMA hier so vorsichtig? Hohe Dosen Molnupiravir hätten in Tierstudien Wachstum und Entwicklung des Fötus beeinträchtigen können, begründet die EMA ihre Empfehlung.
Wie wirkt Molnupiravir?
Molnupiravir zählt zu den Virostatika und hemmt die Vermehrung von RNA-Viren. Die RNA enthält die genetische Information des Virus. Es handelt sich um eine lange Zucker-Phosphat-Kette, an die einzelne Nukleinbasen – Adenin, Cytosin, Guanin und Uracil – angeknüpft sind. Als Zuckerbaustein dient Ribose, daher auch der Name Ribonukleinsäure. Will sich ein Virus nun vermehren, muss es zunächst seine Erbinformation für die Nachfolgegeneration verdoppeln und eine neue RNA-Kette, bestehend aus Zucker-Phosphat und den daran angehängten Nukleinbasen, knüpfen. Molnupiravir ähnelt von seinem chemischen Aufbau dem der Nukleinbase Cytosin, und wird so als „falscher“ Baustein in die neue RNA der Virus-Nachkommen eingebaut, was die RNA-Synthese und damit Virusvermehrung stört. Molnupiravir ist in Forscherkreisen auch bekannt als EIDD-2801 und wurde schon als Wirkstoff bei Grippe untersucht, wohl aber noch nicht klinisch.
Weitere mögliche orale Option bei COVID-19: Paxlovid
Neben Molnupiravir gibt es ein weiteres orales Arzneimittel, das bald gegen COVID-19 eingesetzt werden könnte: PaxlovidTM (PF-07321332 plus Ritonavir) von Pfizer. In den Vereinigten Staaten hat Pfizer die Notfallzulassung von PaxlovidTM bereits beantragt, die EMA kündigte am 19. November nun an, auch für PaxlovidTM Empfehlungen zur Anwendung noch vor Zulassung auszusprechen.
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Es ist nicht das erste Mal, dass die EMA Empfehlungen zur Anwendung eines Arzneimittels noch vor dessen Zulassung veröffentlicht. So kennt man dieses Prozedere unter anderem bereits von den Corona-Antikörpern: Casirivimab/Imdevimab in Ronapreve® und Regdanvimab in Regkirona® – die nun seit dem 12. November auch zur Vorbeugung und/oder Behandlung von COVID-19 zugelassen sind – sowie die SARS-CoV-2-Antikörper Bamlanivimab/Etesevimab (Rolling-Review-Verfahren mittlerweile eingestellt) und Sotrovimab (Xevudy®). Für Letzteres hat GlasxoSmithKline am 18. November die Zulassung beantragt.
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