COVID-19-Impfstoff von Johnson & Johnson

EMA bestätigt positives Nutzen-Risiko-Verhältnis

Stuttgart - 20.04.2021, 17:50 Uhr

Die EMA hält den Janssen COVID-19-Impfstoff für sicher: Die berichtete Kombination von Blutgerinnseln und niedrigen Blutplättchenwerten sei sehr selten, und „der Gesamtnutzen des COVID-19-Impfstoffs Janssen zur Vorbeugung von COVID-19 überwiegt die Risiken von Nebenwirkungen“. (Foto: IMAGO / ANP)

Die EMA hält den Janssen COVID-19-Impfstoff für sicher: Die berichtete Kombination von Blutgerinnseln und niedrigen Blutplättchenwerten sei sehr selten, und „der Gesamtnutzen des COVID-19-Impfstoffs Janssen zur Vorbeugung von COVID-19 überwiegt die Risiken von Nebenwirkungen“. (Foto: IMAGO / ANP)


Die Europäische Arzneimittelagentur rät zu einem Warnhinweis zu ungewöhnlichen Blutgerinnseln mit niedrigen Thrombozytenzahlen beim COVID-19-Impfstoff Janssen (Mutterkonzern Johnson & Johnson), beide Ereignisse sollen künftig als seltene Nebenwirkung erfasst sein. Unter dem Strich kommt der Risikoausschuss PRAC allerdings zu einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis für die Vektorvakzine von Johnson & Johnson. Ab wann wird mit Johnson & Johnson in Deutschland geimfpt?

Am 14. April kündigte die EMA an, den COVID-19-Impfstoff von Johnson & Johnson, erneut bewerten zu wollen. Grund waren sehr seltene Fälle von Thrombosen, die im Zusammenhang mit dem COVID-19-Impfstoff von Janssen (Johnson & Johnson ist der Mutterkonzern von Janssen) aufgetreten sind. Zur Erinnerung: Die Vereinigten Staaten impfen bereits seit Ende Februar mit dem Corona-Impfstoff – er ist der einzige, der nur einmal verabreicht werden muss – pausieren derzeit jedoch die Verabreichung aufgrund von Blutgerinnseln. In der EU ist der Impfstoff bedingt zugelassen, die Markteinführung wurde allerdings verschoben. Er hätte bereits in der vergangenen Woche ausgeliefert werden sollen.

In seiner Sitzung vom 20. April bestätigt der PRAC, der Pharmakovigilanzausschuss der Europäischen Arzneimittelagentur EMA, einen möglichen Zusammenhang mit sehr seltenen Fällen von ungewöhnlichen Blutgerinnseln und gleichzeitiger Thrombozytopenie. Der PRAC stützt sich dabei auf Daten aus den USA: Dort sind laut CDC (Centers für Disease Control and Prevention) bis zum 13. April über 7 Millionen Menschen mit dem Vektorimpfstoff von Johnson & Johnson gegen COVID-19 geimpft worden. Acht Geimpfte entwickelten zerebrale Sinusvenenthrombosen oder splanchnische Venenthrombosen des Bauchraums, ein Patient verstarb. „Die untersuchten Fälle waren den Fällen, die mit dem von AstraZeneca entwickelten Impfstoff COVID-19, Vaxzevria®, aufgetreten sind, sehr ähnlich“, erklärt die EMA. Alle Patienten seien unter 60 Jahre alt gewesen, meist weiblich, und sie hätten die Thrombosen innerhalb von drei Wochen nach der Impfung entwickelt. Allerdings konnten spezifische Risikofaktoren nicht ausgemacht werden.

Warnhinweis und Nebenwirkung in die Produktinformation

Die EMA rät nun, die Produktinformationen anzupassen. Konkret sollen Fach- und Gebrauchsinformation einen Warnhinweis zu ungewöhnlichen Blutgerinnseln mit niedrigen Blutplättchen erhalten. Die Ereignisse sollen zudem als sehr seltene Nebenwirkung in den Produktinformationen des COVID-19-Impfstoffs Janssen aufgenommen werden.

Ursache der Thrombosen weiter unklar

Allerdings hält die EMA am positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis für die Adenovektor-basierte Vakzine fest und begründet dies mit der Schwere einer COVID-19-Erkrankung: „COVID-19 ist mit einem Risiko für Krankenhausaufenthalte und Tod verbunden.“ Die berichtete Kombination von Blutgerinnseln und niedrigen Blutplättchenwerten sei sehr selten, und „der Gesamtnutzen des COVID-19-Impfstoffs Janssen zur Vorbeugung von COVID-19 überwiegt die Risiken von Nebenwirkungen“, erklärt die EMA. Gleichzeitig versichert die oberste europäische Arzneimittelbehörde, dass sie auch weiterhin die Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs überwacht und die Öffentlichkeit mit den neuesten Informationen versorgen wird.

Auf Symptome von Sinusvenenthrombosen achten

Nichtsdestotrotz gibt die EMA Hinweise, auf welche Symptome Geimpfte und medizinisches Personal nach Impfung mit COVID-19-Impfstoff Janssen achten sollen – sie entsprechen denen zu Vaxzevria®, hier schloss die EMA die Sicherheitsbewertung kürzlich ab: Kurzatmigkeit, Schmerzen in der Brust, Anschwellen der Beine, anhaltende abdominale (Bauch-)Schmerzen, neurologische Symptome, wie z. B. starke und anhaltende Kopfschmerzen oder verschwommenes Sehen, kleine Blutflecken unter der Haut jenseits der Injektionsstelle.

Der PRAC betont die Bedeutung einer sofortigen fachärztlichen Behandlung. Indem das medizinische Fachpersonal die Anzeichen von Blutgerinnseln und niedrigen Blutplättchen erkenne und sie frühzeitig behandle, helfe dies bei der Genesung und Verhinderung von Komplikationen.

Warum kommt es zu Thrombosen?

Eine plausible Erklärung für das Auftreten von Blutgerinnseln und niedrigen Blutplättchen im Zusammenhang mit dem Vektorimpfstoff ist nach Einschätzung der EMA „eine Immunreaktion, die zu einem Zustand führt, der dem ähnelt, der manchmal bei mit Heparin behandelten Patienten beobachtet wird, die sogenannte heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT)“.

Ab wann wird mit Johnson & Johnson in Deutschland geimpft?

Wie und wann der COVID-19-Impfstoff von Janssen in Deutschland eingesetzt wird, ist derzeit nicht bekannt. Möglicherweise spricht die Ständige Impfkommission, analog zu Vaxzevria®, Empfehlungen für bestimmte Personengruppen aus. Zugelassen ist der Impfstoff ab 18 Jahren ohne weitere Altersbeschränkung.

Peter Liese, CDU-Europaabgeordneter und Arzt, ist optimistisch: „Es ist erfreulich, dass ein weiterer Impfstoff in Europa zur Verfügung steht.“ Der Vorfall zeige jedoch, „dass eine ordnungsgemäße Überwachung von Arzneimitteln und Impfstoffen nach dem Inverkehrbringen (Pharmakovigilanz) in diesem Fall noch dringender ist als normal“. Hinter den Nebenwirkungen vermutet Liese die Impfstoffart. „Die Nebenwirkungen scheinen mit dem Prinzip des Vektorimpfstoffs zusammenzuhängen, da sie sowohl bei AstraZeneca als auch bei Johnson & Johnson gefunden werden, wenn man sorgfältig hinschaut. Durch eine zeitnahe Verimpfung des Johnson & Johnson Impfstoffes, bei dem für den vollen Schutz im Gegensatz zu den anderen zugelassenen Impfstoffen nur eine Dosis notwendig ist, rechnet Liese mit einer weiteren Steigerung der Impfgeschwindigkeit.

„Nach der heutigen Entscheidung der EMA bin ich sehr optimistisch, dass es gelingt, in Deutschland und Europa im Sommer so viele Menschen zu impfen, dass Gemeinschaftsimmunität (von manchen auch Herdenimmunität genannt) entsteht“. Laut der Deutschen Presseagentur hat die EU-Kommission bereits 200 Millionen Impfdosen bestellt, Deutschland würde davon 36,7 Millionen erhalten.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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