Empfehlungen des American College of Physicians

Antibiosen bei häufigen Infektionen verkürzen

Stuttgart - 15.04.2021, 07:00 Uhr

Kürzere Antibiosen genügen oft schon bei häufigen Infektionen, wie akute Bronhitis, Zystitis oder Haut- und Weichteilinfektionen. (Foto: auryndrikson / stock.adobe.com)

Kürzere Antibiosen genügen oft schon bei häufigen Infektionen, wie akute Bronhitis, Zystitis oder Haut- und Weichteilinfektionen. (Foto: auryndrikson / stock.adobe.com)


Das American College of Physicians plädiert für kürzere Antibiotikagaben – bei akuter Bronchitis, COPD-Exazerbationen und ambulant erworbenen Lungenentzündungen genügen fünf Tage. Auch bei Harnwegsinfekten oder Haut- und Weichteilinfektionen sollten Ärzte kurze Antibiosen verordnen, um Resistenzen zu verringern. Wie gut halten die Leitlinien hierzulande mit diesen Empfehlungen Kurs?

„Der übermäßige Einsatz von Antibiotika ist eines der Hauptprobleme im Gesundheitswesen, das zu einer Antibiotikaresistenz beiträgt“, schreiben Wissenschaftler:innen im Fachjournal „Annals of Internal Medicine“. Dabei sehen sie eine unnötig lange Dauer von Antibiosen bei einer akuten Bronchitis, Exazerbationen einer COPD, ambulant erworbenen Lungenentzündungen, Harnwegsinfekten oder Haut- und Weichteilinfektionen als wesentlichen Teil dieser Überversorgung. Wie es mit einem angemessenen Einsatz von Antibiotika bei häufigen Infektionen auch kürzer geht, erklären die Wissenschaftler:innen in ihrem am 6. April veröffentlichten Beitrag.

Antibiotika-Verordnung in den USA

In den Vereinigten Staaten verordnen Hausärzte durchschnittlich jedem zehnten Patienten ein Antibiotikum. 2014 erhielten ambulant versorgte Patienten dadurch etwa 250 Millionen Antibiotikatherapien verordnet – von denen jedoch mindestens 30 Prozent als unnötig und mit zu langer Therapiedauer angesehen werden, vor allem wenn die Diagnosen Bronchitis und Sinusitis vorlagen. Insbesondere der Einsatz von Breitspektrum-Antibiotika sorgt dafür, dass 20 Prozent der Behandelten Nebenwirkungen (von allergischen Reaktionen bis hin zu Clostridioides difficile-Infektionen) erfahren und trägt vor allem zu Resistenzen bei, sodass das American College of Physicians und die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) – die US-amerikanische Seuchenbehörde – antibiotikarestistente Infektionen als nationale Bedrohung eingestuft haben. 

Sie schätzen die Erkrankungen durch antibiotikaresistente Infektionen auf 2,6 Millionen pro Jahr, 35.900 Patienten sterben nach Angaben des ACP an den Folgen. Mit dieser Einschätzung sind die ACP und CDC nicht allein: 2019 nannte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) „Antibiotikaresistenzen“ als eine der zehn größten Bedrohungen für die globale Gesundheit. Auch 2021 schrieb sich die WHO die Bekämpfung von Arzneimittelresistenzen auf ihre Liste der zehn wichtigsten Gesundheitsthemen, die sie angehen will.

Die Wissenschaftler:innen sichteten für ihre Empfehlungen zu verkürzten Antibiotikatherapien Literatur und veröffentlichte klinische Leitlinien, wobei die Autor:innen letztere hinsichtlich der Evidenz priorisierten. Es ging ihnen dabei um Bronchtis, Exazerbationen der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), ambulant erworbene Lungenentzündung (CAP), Harnwegsinfektionen (UTIs) und Haut- und Weichteilinfektionen. Sie haben auch andere relevante Studien aus der begutachteten Literatur überprüft. Ihre Empfehlungen basieren eigenen Angaben zufolge auf der „besten verfügbaren Evidenz“, zugrunde liege jedoch  „keine formale systematische Überprüfung“. Sie seien zudem vom wissenschaftlichen Ausschuss der ACP (ACP's Scientific Medical Policy Committee, SMPC) geprüft und genehmigt worden. Zur Erklärung: Die ACP ist die US-amerikanische internistische Fachgesellschaft American College of Physicians.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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