Superfood – Beratungswissen Teil 12

Teff, Fonio & Co. – glutenfreie Supergrains

Stuttgart - 01.04.2021, 11:00 Uhr

Die Zwerghirse Fonio ist leicht verdaulich, glutenfrei und soll wegen ihres Eisengehalts auch das „ideale Getreide für Frauen“ sein. (Foto: katrinshine / stock.adobe.com)

Die Zwerghirse Fonio ist leicht verdaulich, glutenfrei und soll wegen ihres Eisengehalts auch das „ideale Getreide für Frauen“ sein. (Foto: katrinshine / stock.adobe.com)


Was ist Fonio?

Die Zwerghirse Fonio wird auf werbenden Internetseiten als besonders leicht verdaulich und geeignet für Kinder und Ältere dargestellt. Betont wird der angeblich niedrige glykämische Index, der für ein gutes Blutzuckermanagement sorgen soll. Fonio soll wegen seines Eisengehalts auch das „ideale Getreide für Frauen“ sein. Versprochen wird „Schönheit für Haut und Haar“ sowie die „Entgiftung und Heilung von Wunden“. Selbstverständlich lässt sich mit Fonio – laut Erfahrungsberichten – auch fantastisch abnehmen. Auf Verkaufsverpackungen dürfen solche gesundheitsbezogenen Aussagen („health claims“) natürlich nicht stehen, das wäre ein Verstoß gegen die europäische Health-Claims-Verordnung. Denn keine dieser „Wirkungen“ ist wissenschaftlich bewiesen.

Die Foniohirse ist ein weiteres Familienmitglied der Süßgräser und zählt zur Gattung der Fingerhirsen. Man spricht auch von Hungerreis oder Hungerhirse – vielleicht deshalb, weil sie auf sehr armen, sandigen und sogar felsigen Böden gedeihen kann, auf denen kein anderes Getreide mehr wächst. Zu Hause ist sie im tropischen Westafrika bis hinein in den Kamerun. Foniohirse reift sehr schnell. Manche Sorten können schon sechs bis acht Wochen nach der Aussaat geerntet werden. Die Getreidekörner sind ca. 1,5 mm groß. 100 Gramm enthalten ca. 8,7 Prozent Protein, das reich sein soll an Methionin und Cystin, was für den Menschen besonders verträglich sein soll.

Fonio bildet in weiten Teilen Afrikas das Grundnahrungsmittel für die Bevölkerung. Es gilt als das schmackhafteste Getreide Westafrikas und wird wegen seines feinen Nussaromas gerne von den gehobenen Schichten des Landes und als Festspeise verzehrt. Deshalb trägt es auch den Namen „Chief’s food“. Man isst es als Couscous oder Brei, es wird auch zu Mehl vermahlen, zu Brot verbacken oder zu Bier vergoren. Das Stroh wird mit Lehm vermischt und als Baumaterial verwendet. Spreu und Stroh eignen sich auch als Tierfutter.

In Deutschland wird Foniohirse als glutenfreies „Wunderkorn“ vermarktet. Anbieter beschreiben es als „etwas fade“ im Geschmack, deshalb sollte es gut gewürzt werden. Aus dem Foniohirsemehl sollen sich glutenfreie Kuchen und Kekse backen lassen.

Corakorn aus Indien

Ein weiteres Familienmitglied der Süßgräser ist die Corakorn-Fingerhirse, die auch ursprünglich aus Afrika stammt, seit mehr als 3.000 Jahren aber hauptsächlich in Indien zu Hause ist. Dort gilt sie als alte Kulturpflanze, die auch in der Ayurveda-Lehre ihren Platz gefunden hat. Corakorn, in Indien als Ragi bezeichnet, soll die ursprünglichste Form der Fingerhirse sein – die „Urhirse“, die als „nicht verzüchtet“ gilt. Ihr Name bedeutet „bewegliches Gelenk“. Auch bei Corakorn wird die Glutenfreiheit betont, außerdem der hohe Ballaststoffgehalt. Als vorteilhaft gilt, dass die trockenen Körner lange Zeit gut gelagert werden können, ohne dass sie an Qualität verlieren oder von Schädlingen bzw. Pilzen befallen werden. In Indien wird Ragimehl zu Fladenbrot gebacken oder als Kloß verkocht. Die Körner lassen sich auch fermentieren und Getränken sowie Joghurt beimischen. In Uganda wird Fingerhirse ähnlich wie ein Porridge zum Frühstück gegessen oder auch geröstet und gemahlen und dann wie Mehl weiterverwendet.

In Deutschland wird Corakorn angepriesen als „neue“ oder „wiederentdeckte Urhirse“. Versprochen werden „stabile Knochen, gesunde Zähne, Unterstützung der Muskelfunktion und eine Aktivierung des Stoffwechsels“. Sie wird in der ayurvedischen Küche vielfältig eingesetzt. Im Internet findet man eine Reihe an Rezepten. Entsprechend der Ayurveda-Lehre wirkt Hirse „erwärmend, leicht und trocken und vermehrt somit Vata und Pitta“. Sie soll gegen chronische Müdigkeit und Konzentrationsschwäche helfen, deswegen wird vor allem Schülern und Studenten zu einem ayurvedischen Hirse-Frühstück geraten. Die Herstellerangaben, nach denen Corakorn jede Menge an Mineralstoffen enthalten soll, sind nicht durch verlässliche Quellen belegt. Zum Backen lässt sich das glutenfreie Corakorn-Mehl auch verwenden, für ein gutes Backergebnis sollte es jedoch mit anderen Mehlen gemischt werden.



Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


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