EMA

Ivermectin gegen COVID-19: Kein Einsatz außerhalb klinischer Studien

Remagen - 23.03.2021, 17:50 Uhr

Auch die FDA erachtet die Datenlage für eine Empfehlung von Ivermectin nach wie vor als nicht ausreichend, spricht sich aber im Gegensatz zur EMA nicht mehr explizit gegen die Verwendung von Ivermectin zur Behandlung von COVID-19 aus. (Foto: IMAGO / ZUMA Wire)

Auch die FDA erachtet die Datenlage für eine Empfehlung von Ivermectin nach wie vor als nicht ausreichend, spricht sich aber im Gegensatz zur EMA nicht mehr explizit gegen die Verwendung von Ivermectin zur Behandlung von COVID-19 aus. (Foto: IMAGO / ZUMA Wire)


Jetzt hat auch die Europäische Arzneimittelagentur EMA zum Einsatz von Ivermectin zur Vorbeugung oder Behandlung von COVID-19 Stellung bezogen. Angesichts der unzureichenden Datenlage rät die Agentur von der Verwendung des Antiparasitikums außerhalb randomisierter klinischer Studien ab.

Nach jüngsten Medienberichten zu Ivermectin gegen COVID-19 hat nun auch die EMA die neuesten veröffentlichten Erkenntnisse aus Laborstudien, Beobachtungsstudien, klinischen Studien und Metaanalysen dazu gründlich in Augenschein genommen. Das gängige Antiparasitikum war seit April des letzten Jahres als potenzielles COVID-19-Therapeutikum verstärkt in den Fokus des Interesses gerückt und sein Einsatz sorgt seither immer wieder für Kontroversen. 

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Die Arzneimittelagentur kommt ihrerseits zu dem Schluss, dass die verfügbare Evidenz nicht ausreicht, um die Verwendung von Ivermectin zur Prophylaxe oder Therapie von COVID-19 außerhalb gut durchdachter klinischer Studien zu unterstützen. Die Erklärung wurde von der COVID-19 EMA-Pandemie-Task Force (COVID-ETF) gebilligt.

Eine Frage der Dosierung

Zwar hätten Laboruntersuchungen ergeben, dass Ivermectin die Replikation von SARS-CoV-2 blockieren kann, räumt die Agentur ein, jedoch bei viel höheren Konzentrationen als bei den derzeit zugelassenen Dosen. Die Ergebnisse klinischer Studien stuft sie als „unterschiedlich“ ein, wobei einige keinen und andere einen potenziellen Nutzen berichteten. Die meisten seien gering gewesen und hätten zusätzliche Einschränkungen, einschließlich unterschiedlicher Dosierungsschemata und der Verwendung von Begleitmedikamenten. 

Im Allgemeinen gut vertragen

Obwohl Ivermectin in Dosen, die für andere Indikationen zugelassen sind, im Allgemeinen gut vertragen werde, könnten die Nebenwirkungen mit den viel höheren Dosen zunehmen, die erforderlich wären, um wirksame Konzentrationen gegen SARS-CoV2 in der Lunge zu erzielen, befürchtet die ranghöchste europäische Arzneimittelbehörde. Eine Toxizität bei Verwendung in höheren als den zugelassenen Dosen könne daher nicht ausgeschlossen werden. Angesichts dessen hält die EMA weitere gut konzipierte, randomisierte Studien für erforderlich, um Rückschlüsse daraus zu ziehen, ob das Produkt bei der Vorbeugung und Behandlung von COVID-19 wirksam und sicher ist.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Frage der Dosierung

von Philipp Ryf am 08.04.2021 um 7:15 Uhr

Die Laboruntersuchungen, auf welche sich die EMA und auch die WHO bezieht, wurde an Nierenzellen von Affen gemacht. Bei Ivermectin ist aber bekannt, dass sich der Wirkstoff bei Menschen in den Alveolen sammelt - also da, wo auch das Virus sitzt. Der Vergleich ist also nicht zulässig und die Kritik bezüglich Dosierung aufgrund dieser Laboruntersuchung schlicht falsch. Eine Pandemie-Task-Force sollte sich besser in das vorhandene Material einlesen und bei auch nur geringem Verdacht auf Wirksamkeit wenigstens eine "Empfehlung unter Vorbehalt" aussprechen.

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FDA und NIH verwechselt

von Matthias Fax am 04.04.2021 um 15:50 Uhr

FDA und NIH sind unterschiedliche Institutionen. Die NIH spricht Empfehlung aus und um diese Empfehlung geht es hier. Die FDA kann Medikamente zulassen, wenn sie will, aber das ist für den Einsatz gegen COVID-19 nicht notwendig. Die NIH hat die Befunde der FLCCC bewertet, die FDA hat sich bislang noch nichts dazu angesehen und lediglich anekdotische Bericht ohne Quellenangaben erwähnt und außerdem die Stellungnahmen von Pharmaunternehmen mit finanziellen Konflikten. Ca. 20% der US-Verschreibungen sind off-label und ohne Zulassung der FDA.

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Erhebliche Mängel in der WHO-Empfehlung

von Matthias Fax am 04.04.2021 um 15:42 Uhr

Entgegen der Schlussfolgerung der Metareview des WHO-Beraterteams von Andrew Hill hat die WHO eine inkonsistente Interpretation der eigenen Ergebnisse abgeliefert. Wer sich die Studie durchliest, wird bemerken, dass die Interpretation nicht mit den Zahlen übereinstimmt. Außerdem hat die WHO-Studie auch weitere methodische Mängel. So wurde die am kritischsten bewertete RCT, bei der möglicherweise Dosen verwechselt wurden und eine erhebliche Konfundierung durch den breiten Zugang zu Ivermectin bestand, als hochverlässlich bewertet. Es besteht sogar ein laufender Aufruf, genau diese Studie für ihre Mängel zurückzuziehen, nichtsdestotrotz bewertet die WHO diese Studie als hoch zuverlässig. Als nicht erwähnenswert hält die WHO allerdings 10 der 26 RCTs, die ebenfalls für den Einsatz von Ivermectin sprechen. Alles in allem hat die WHO einen Versuch unternommen, durch Kirschenpickerei nur weniger verlässliche Studien heranzuziehen, und diese dann trotz der quantitativen Ergebnisse, die für den Einsatz von Ivermectin sprechen, auch noch falsch zu interpretieren. Kein Peer-Review-Verfahren hätte das durchgehen lassen, aber die WHO braucht das ja nicht. Sie kann empfehlen, was sie will, auch wenn sie dabei den eigenen Beratern und 5 weiteren Expertenteams widerspricht.

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