AstraZeneca-Impfstoff

Analogie zu heparininduzierter Thrombozytopenie in vier Fällen

Stuttgart - 19.03.2021, 15:15 Uhr

Patient:innen, die an einer gesicherten autoimmunen HIT und kritischen Thrombosen wie einer Sinus-/Hirnvenenthrombose leiden, könnte wegen des prothrombotischen Pathomechanismus sehr wahrscheinlich mit hochdosierten intravenösen Immunglobulinen geholfen werden. (Foto: IMAGO / Science Photo Library)

Patient:innen, die an einer gesicherten autoimmunen HIT und kritischen Thrombosen wie einer Sinus-/Hirnvenenthrombose leiden, könnte wegen des prothrombotischen Pathomechanismus sehr wahrscheinlich mit hochdosierten intravenösen Immunglobulinen geholfen werden. (Foto: IMAGO / Science Photo Library)


Gabe von hochdosierten intravenösen Immunglobulinen

Wie bei der klassischen HIT (heparininduzierten Thrombozytopenie) sollen die Antikörper vier bis 16 Tage nach der Impfung auftreten.

Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT)

„Eine schwerwiegende, immunologisch vermittelte Komplikation ist die Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT), die mit einer Häufigkeit von 1 : 5.000 bei hospitalisierten Patienten auftritt. Hierbei kommt es zwischen Tag fünf und 14 einer Heparin-Behandlung zu einem Thrombozytenabfall >  50 Prozent. Ursächlich ist die Bildung von Antikörpern gegen Komplexe aus Heparin und Plättchenfaktor 4 (PF4), was mit einer massiven Aktivierung von Thrombozyten und Entstehung von intravasalen Thromben einhergeht. Bei Patienten mit gesicherter Heparin-induzierter Thrombozytopenie kommt es in etwa 50 Prozent der Fälle zum Auftreten von thromboembolischen Komplikationen (z. B. tiefe Venenthrombose, Lungenembolie, akuter Verschluss von Extremitätenarterien, Schlaganfall). Die Letalität dieses Krankheitsbildes ist hoch.“

Quelle: DAZ 2/2021

Der geschilderte Pathomechanismus schließe zwar nicht aus, dass den Sinus- /Hirnvenenthrombosen nach Impfung mit dem AstraZeneca COVID-19-Vakzin auch andere Ursachen zugrunde liegen, er bilde aber die Grundlage für die nun aktualisierten Empfehlungen der GTH.

Positive Thromboseanamnese kein Risiko?

Aufgrund der immunologischen Genese der Sinus- /Hirnvenenthrombosen hätten Patient:innen mit einer positiven Thromboseanamnese und/oder einer bekannten Thrombophilie nach Impfung mit dem AstraZeneca COVID-19-Vakzin kein erhöhtes Risiko, diese spezifische und sehr seltene Komplikation zu erleiden, erklärt die GTH. 

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Patient:innen, die tatsächlich an einer gesicherten autoimmunen HIT und kritischen Thrombosen wie einer Sinus-/Hirnvenenthrombose leiden, könne außerdem durch den prothrombotischen Pathomechanismus sehr wahrscheinlich geholfen werden – durch die Gabe von hochdosierten intravenösen Immunglobulinen (IVIG, z.B. 1 g/kg Körpergewicht pro Tag an zwei aufeinanderfolgenden Tagen).

Jedoch müssten unabhängig von der Veranlassung und den Ergebnissen einer Testung auf PF4/Heparin-Antikörper auch alternative Ursachen der Thrombozytopenie und/oder Thrombose bedacht und entsprechend weiter abgeklärt werden, wie

  • thrombotische Mikroangiopathie (iTTP, aHUS),
  • Antiphospholipidsyndrom,
  • paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie und
  • maligne (hämatologische) Grunderkrankungen.

Bis zum Ausschluss einer (autoimmunen) HIT sollte auf eine Antikoagulation mit Heparinen verzichtet und auf alternative, HIT-kompatible Präparate ausgewichen werden.

Insgesamt meint auch die GTH: „Die positiven Effekte einer Impfung mit dem AstraZeneca COVID-19 Vakzin überwiegen die negativen Auswirkungen, sodass die Wiederaufnahme der Impfungen in Deutschland mit diesem Vakzin zu begrüßen ist.“



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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