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COVID-19-Antikörper für Deutschland
Was hat Jens Spahn eingekauft?
Unter dem Druck der Impfstoff-Engpässe hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sich nach weiteren Optionen zur Bekämpfung der Pandemie umgeschaut und setzt nun auch auf Therapeutika. Wie am Wochenende bekannt wurde, hat sein Ministerium Kontingente von monoklonalen Antikörpern der Firmen Regeneron und Eli Lilly für Deutschland gesichert. Beide haben in den USA bereits seit November eine Notfallzulassung. In Europa ist eine Genehmigung aber noch nicht in Sicht.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat neue potenzielle COVID-19-Therapeutika eingekauft. Darüber berichtete die „Bild am Sonntag“, die den Minister interviewt hatte. Konkret handelt es sich um die monoklonalen Antikörper der US-Hersteller Regeneron (Casirivimab/Imdevimab) und Eli Lilly (Bamlanivimab), die in Deutschland als erstem Land in der EU eingesetzt werden sollen. Beide sind noch nicht in der EU zugelassen. Wie DAZ.online auf Nachfrage aus dem BMG erfahren hat, geben sie nach den vorliegenden Informationen jedoch Anlass zu der Annahme, dass einzelne COVID-19-infizierte Patient:innen mit dem Risiko eines schweren Verlaufs von einer Behandlung profitieren könnten. Nach vorliegender Studienlage könnte die Medikation möglicherweise dabei helfen, die Virusmenge im Körper zu begrenzen und so einen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf und damit die Verhinderung einer Hospitalisierung zu haben, schreibt das BMG und verweist auf die Notfallzulassungen in den USA.
PEI steht dahinter
Nach Bewertung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) lässt das ermittelte Sicherheitsprofil eine Anwendung nach individueller Nutzen/Risiko-Einschätzung in Deutschland grundsätzlich zu, um der Entwicklung schwerer Verläufe und Hospitalisierung bestimmter Risikogruppen in Ermangelung von geeigneten zugelassenen Therapiemöglichkeiten entgegenzuwirken, lässt das BMG weiter wissen. Behandelt werden könnten demnach in bestimmten, einzelnen Fällen an COVID-19 erkrankte Erwachsene mit milden oder moderaten Symptomen und Risiko für schwere Verläufe. Die Anwendung soll nach individueller Nutzen-Risiko-Abschätzung der behandelnden Ärzte erfolgen. Der Bund habe sich insgesamt knapp 200.000 Dosen gesichert und werde diese in den kommenden Wochen Zug um Zug den spezialisierten Krankenhäusern kostenlos zur Verfügung stellen.
Wer darf den Regeneron-Cocktail bekommen?
Die zwei rekombinanten humanen monoklonalen IgG1-Antikörper Casirivimab und Imdevimab (REGN10933 und REGN10987) von Regeneron wurden speziell zur Abwehr von SARS-CoV-2 entwickelt. Sie binden nicht-kompetitiv an die kritische Rezeptorbindungsdomäne des Spike-Proteins des Virus und sollen auch mutierte Viren abblocken können. Am 21. November erteilte die US-amerikanische Food and Drug Administration eine Emergency Use Authorisation (EUA) für den Antikörper-Cocktail.
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Sie gilt für die Behandlung von leichtem bis mittelschwerem COVID-19 bei Erwachsenen und Kindern ab zwölf Jahren mit einem Gewicht von mindestens 40 kg mit einem hohen Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und/oder für eine Krankenhausaufnahme. Für bereits schwerer Erkrankte ist der Cocktail ausdrücklich nicht vorgesehen. Casirivimab und Imdevimab müssen zusammen durch intravenöse Infusion verabreicht werden.
Welche Studiendaten stehen dahinter?
Die Notfallgenehmigung basiert auf den Daten von knapp 800 nicht hospitalisierten Erwachsenen aus den Phasen I und II einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten nahtlosen Phase I/II/III-Studie (NCT04425629). Die vorteilhaften klinischen Ergebnisse legen nahe, dass die Antikörper den größten Nutzen haben, wenn sie früh nach der Diagnose verabreicht werden, sowie bei Patienten, die noch keine eigene Immunantwort haben oder eine hohe Viruslast aufweisen.
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Die Kombinationstherapie mit Casirivimab und Imdevimab wird aktuell weiter in klinischen Studien der Phase II/III zur Behandlung von bestimmten hospitalisierter und nicht-hospitalisierten COVID-19-Patienten (NCT04426695, NCT04425629) untersucht. Als Studienende wird in Clinicaltrials.gov Mitte April beziehungsweise Ende August 2021 angegeben. Im September wurde der Cocktail darüber hinaus in die offene Phase-III-Studie RECOVERY einbezogen.
In zwei weiteren Prophylaxe-Studien kommen Casirivimab und Imdevimab zur Prävention von COVID-19 bei Haushaltskontakten infizierter Personen (Phase III, NCT04452318, Studienende: Mitte August 2021) und als wiederholte subkutane Injektion bei gesunden Freiwilligen (Phase I, NCT04519437, Studienende: Ende Oktober 2021) auf den Prüfstand. Bisher haben nach Angaben von Regeneron fast 15.000 Menschen an klinischen Studien mit Casirivimab und Imdevimab teilgenommen.
Erfolge mit Bamlanivimab
Der zweite monoklonale Antikörper auf dem „Einkaufszettel“ des BMG ist Bamlanivimab (LY-CoV555) aus dem Hause Eli Lilly. Auch dieser besitzt in den USA bereits eine Notfallgenehmigung, die die FDA am 9. November für eine analoge Population wie bei dem Antikörper-Cocktail von Regeneron erteilte. Sie beruht auf den Zwischenergebnissen der noch andauernden Studie BLAZE-1 (NCT04427501, Studienende: April 2021), einer Phase-II/III-Studie mit 800 ambulanten Patienten mit leichtem bis mittelschwerem COVID-19, die Bamlanivimab allein oder in Kombination mit einem zweiten Antikörper (LY-CoV016) erhalten. Eine im „New England Journal of Medicine“ veröffentlichte Zwischenanalyse von BLAZE-1 zeigte, dass die Virusbelastung nach der Infusion von 2.800 mg des Antikörpers signifikant reduziert wurde. Außerdem war der Anteil der Patienten, die später hospitalisiert wurden, unter Verum (1,6 Prozent) deutlich niedriger als unter Placebo (6,3 Prozent).
Die Phase-III-Studie BLAZE-2 (NCT04497987, Studienende: Juni 2021), prüft, ob eine einmalige präventive Kurzinfusion von 4.200 mg Bamlanivimab Bewohner und Mitarbeiter von Pflegeheimen, in denen es zu ersten Infektionen gekommen ist, vor COVID-19 schützen kann. Vor wenigen Tagen hat Eli Lilly per Pressemitteilung die Ergebnisse einer Zwischenauswertung von knapp 1.100 Patienten bekannt gemacht. Danach wurde der Anteil der symptomatischen Erkrankungen in der Gesamtgruppe um 57 Prozent und in der Untergruppe der Heimbewohner sogar um 80 Prozent gesenkt.
Wer bekommt die Antikörper? America first!
Erwartungsgemäß haben die US-Amerikaner bei den im eigenen Land entwickelten COVID-19-Therapeutika zunächst selbst den „Daumen darauf“. Schon am 7. Juli 2020 war vereinbart worden, dass die Anfangsdosen des im Rahmen der Operation Warp Speed finanziell unterstützten Regeneron-Antikörper-Cocktails in den USA ungefähr 300.000 Patienten kostenfrei zur Verfügung gestellt werden sollten. Am 12. Januar gab das US-Unternehmen nun bekannt, dass die heimische Regierung zusätzliche Kontingente des Antikörpercocktails abnimmt, und zwar bis zum 30. Juni 2021 insgesamt bis zu 1,25 Millionen Dosen, was laut Regeneron einem Vertragswert von bis zu 2,6 Milliarden US-Dollar entspricht. Dabei gibt es allerdings eine interessante Mengenkorrelation. Im Rahmen der Vereinbarung wird die Regierung Dosen mit der niedrigsten genehmigten Dosis erwerben. Die Notfallgenehmigung gilt zwar für die 2.400 mg-Dosis (jeweils 1.200 mg), aber Regeneron erforscht auch die 1.200 mg-Dosis. Sollte diese zugelassen werden, wird das Unternehmen sein Liefer-Soll bis zum Stichtag laut eigener Aussage wohl erfüllen können. Falls nicht, könnten bis Ende Juni nur rund 750.000 fertige Dosen der 2.400 mg-Kombi verfügbar sein, die überwiegende Mehrheit davon erst im zweiten Quartal.
Auch von Bamvalinimab haben sich die USA bereits 300.000 Dosen gesichert, die Amerikanern ohne Out-of-Pocket-Kosten zugutekommen sollen.
3 Kommentare
Es muss transparent werden, wer diese Luxus Medikamente bekommt
von EinBürger am 11.02.2021 um 14:36 Uhr
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Frage an die Autorin: Ist das nicht die deutsche Form der Notfallzulassung?
von Michael Mischer am 27.01.2021 um 16:11 Uhr
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UNABHÄNGIGE BERICHTERSTATTUNG
von Ulrich BRAUN. VITALKONZEPTE am 27.01.2021 um 9:55 Uhr
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