STIKO ändert Grippe-Impfempfehlung

Ältere Menschen sollen sich mit Hochdosis-Grippeimpfstoff impfen

Stuttgart - 03.12.2020, 07:00 Uhr

Menschen ab 60 Jahren sollen nach Empfehlung der STIKO künftig mit einem Hochdosis-Grippimpfstoff wie Efluelda jährlich gegen Grippe geimpft werden. (x / Foto: Rido / AdobeStock)

Menschen ab 60 Jahren sollen nach Empfehlung der STIKO künftig mit einem Hochdosis-Grippimpfstoff wie Efluelda jährlich gegen Grippe geimpft werden. (x / Foto: Rido / AdobeStock)


Die STIKO rät allen älteren Menschen ab 60 Jahren zur jährlichen Grippeimpfung – neu ist, dass sich Senioren künftig mit einem Hochdosis-Influenzaimpfstoff impfen lassen sollen. Zugelassen ist Efluelda von Sanofi Pasteur, der die vierfache Antigenmenge enthält. Bislang hat sich die Ständige Impfkommission nicht für einen präferenziellen Impfstoff ausgesprochen.

Bislang hielt sich die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (RKI) mit speziellen Empfehlungen zu Grippeimpfstoffen bei Senioren zurück – sie sollten sich lediglich mit einer tetravalenten Vakzine impfen lassen. Das ändert sich nun: Die STIKO erneuert ihre Influenza-Impfempfehlung für Menschen ab 60 Jahren. Künftig sollen sich Senioren demnach mit einem inaktivierten, quadrivalenten Hochdosis-Impfstoff jährlich gegen Grippe impfen lassen – sprich Efluelda®. Ihre neue Empfehlung begründet die Ständige Impfkommission im Epidemiologischen Bulletin 1|2021. Doch warum sind überhaupt spezielle Grippeimpfstoffe für ältere Menschen wichtig?

Ältere Menschen gehören zur Risikogruppe bei Grippeerkrankungen: Sie erkranken häufiger schwer an Influenza, ihre Verläufe sind komplikationsträchtiger und sie versterben häufiger als jüngere Erkrankte. Aus diesem Grund rät die STIKO allen Menschen ab 60 Jahren zum jährlichen Grippeschutz. Ungünstig ist hierbei jedoch, dass Grippeimpfstoffe bei Menschen in höherem Alter durch Immunseneszenz in der Regel weniger wirksam sind. Wie werden die Grippeimpfstoffe bei älteren Menschen wirksamer?

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Diese Frage haben sich auch die Hersteller von Influenzavakzinen gestellt. Erst 2020 erhielten zwei neue Grippeimpfstoffe speziell für Menschen ab 65 Jahren auch in der EU die Zulassung – Efluelda® und Fluad® Tetra. Sanofi Pasteur setzt bei Efluelfda® auf die vierfache Antigenmenge (60 µg Hämagglutinin), der Hochdosis-Impfstoff erhielt im Mai dieses Jahres die Zulassung. Allerdings hat Sanofi Pasteur für Efluelda® bereits eine Zulassung ab 60 Jahren beantragt. Das Unternehmen begründete gegenüber DAZ.online die Änderung von 65 auf 60 Jahre damit, dass man einen Grippeimpfstoff für Senioren anbieten wolle, der mit den Grippeimpfempfehlungen der STIKO konform ist. Sanofi erwartet die Entscheidung der Zulassungsbehörden rechtzeitig, um Efluelda® sodann in der nächsten Grippesaison 2021/22 auf den Markt zu bringen.

Efluelda und Fluad Tetra: Spaltvirus- und Subunit-Impfstoff

Die zweite neue Grippevakzine für Senioren ist Fluad Tetra von Seqirus. Fluad® Tetra enthält als Wirkverstärkung ein Adjuvans (MF-59). Unterschiede gibt es zwischen den beiden Impfstoffen außerdem, da es sich bei Efluelda® um einen Spaltvirus-Impfstoff und bei Fluad® Tetra um einen Subunit-Impfstoff handelt – bei beiden Impfstoffen erfolgt nach Vermehrung der Influenzaviren in Hühnereiern und anschließender Inaktivierung der Viren eine Präparation der Hämagglutinin(HA)-Antigene und gleichzeitig eine Anreicherung der Neuraminidase(NA)-Antigene. Bei Subunit-Impfstoffen findet jedoch eine stärkere Anreicherung der HA- und NA-Antigene statt, zudem werden andere virale Proteine und virale RNA abgetrennt.

Senkt Morbidität und Mortalität

Neben Efluelda® und Fluad® Tetra gibt es seit Dezember 2018 eine zellkulturbasierte Grippevakzine, Flucelvax® Tetra (Seqirus). Durch die Herstellung in Zellkulturen statt Hühnereiern vermeidet man die sogenannte Ei-Adaption und will dadurch die Wirksamkeit der Grippeimpfstoffe verbessern. Zur Erklärung: Für humanpathogene Grippeviren ist das Huhn kein natürlicher Wirt, eine Kultivierung von Influenzaviren in Hühnereiern kann somit zu Mutationen führen, die die Antigenität und Wirksamkeit der Grippeimpfstoffe gegenüber den tatsächlich zirkulierenden Viren beeinträchtigen. 

Auf einen völlig neuen Ansatz für optimiertere Grippeimpfstoffe setzt Sanofi Pasteur mit Supemtek®. Supemtek ist der erste rekombinante Grippeimpfstoff, der als Antigen ausschließlich Hämagglutinin enthält. Hergestellt wird Supemtek mithilfe von Baculoviren und einer kontinuierlichen Insektenzelllinie. Baculoviren infizieren ausschließlich Wirbellose, wie beispielsweise Insekten. Zunächst wird hierzu – vereinfacht dargestellt – die genetische Information des Hämagglutinins in das Baculovirus eingebracht. Das Virus infiziert sodann Insektenzellen, die das Hämagglutinin in großen Mengen herstellen, was für die Impfstoffproduktion vonnöten ist. Das Baculovirus dient sozusagen als Fähre, um die Erbinformation von Hämagglutinin in die Insekten zu schleusen. Dadurch sollen passgenaue Antigene entstehen und so die Wirksamkeit der Grippeimpfstoffe erhöht werden. Auch Supemtek enthält eine erhöhte Menge Antigen (45 µg Hämagglutinin) und ist zudem völlig frei von Neuraminidase. Sanofi Pasteur erhielt im November dieses Jahres die Zulassung.

Warum sich die STIKO nun explizit für einen Hochdosis-Grippeimpfstoff ab 60 Jahren ausspricht, begründet sie im Epidemiologischen Bulletin 1|2021 wissenschaftlich. „Die Evidenzlage zur vergleichenden Wirksamkeit und Sicherheit ist für den Hochdosis-Impfstoff besser als für die drei anderen weiterentwickelten Influenza-Impfstoffe (MF-59-adjuvantiert, zellkulturbasiert, rekombinant).“ Die vorliegenden Daten zum Hochdosis-Impfstoff zeigten, dass dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit den konventionellen Influenza-Impfstoffen überlegen sei, zu einem besseren Schutz bei Personen im Alter von ≥ 60 Jahren führe und die Influenza-bedingte Morbidität und Mortalität senke. 



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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8 Kommentare

Efluelda u.a.

von Gregor Huesmann am 04.12.2020 um 22:11 Uhr

Herr Schabik, Sie fragen: "Warum sind denn so viele Impfstoffe gefühlt oder tatsächlich nicht erhältlich ?"
Das ist doch genau die von mir kritisierte Planwirtschaft. An anderer Stelle fragen ".....Sie dass dann halt "Firma Y das Geschäft macht" ... welche Firma Y kann denn jetzt noch Grippe-Impfstoffe liefern ?" Auch das ist Auswuchs der Planwirtschaft. Ich erwarte, dass die Firma, die Grippeimpfstoff verkaufen will, z.B. seqirus, Sanofi, Mylan oder Glaxo, den Grippeimpfstoff auf dem Markt anbietet, und der Markt den benötigten Impfstoff abnimmt. Aber genau das funktioniert doch nicht. Das Grippeimpfstoffgeschäft ist absolut intransparent. Keine Firma hat offen gesagt, wieviel Impfstoff sie produziert hat und wann genau er ausgeliefert wird. Für viele Privatpatienten stehen einzelne Impfstoffe bis heute nicht zur Verfügung. Der Grippeimpfstoffmarkt ist für mich der gleiche Markt wie für Metformin oder Ibuprofen. Und der funktioniert auch nicht. Leider geht keine Pharmafirma pleite, weil sie kein Metformin oder auch keinen Grippeimpfstoff anbieten kann. Sie haben recht, dass sich was ändern muss. Aber bitte kein Jahresplan wie im Sozialismus, sondern am Markt, also am tatsächlichen Bedarf orientiert.

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AW: Efluelda u.a

von Dr. Ralf Schabik am 05.12.2020 um 1:09 Uhr

"am Markt, also am tatsächlichen Bedarf orientiert". Herr Huesmann - DAS ist doch genau das, was ich fordere ! "Am Bedarf orientieren - aber das erfordert, den Bedarf zu kennen !!! Bei einem Produkt, das nur begrenzt verwendbar ist (Haltbarkeit / Zusammensetzung), kann kein Hersteller einfach mal so drauf los produzieren. Das wird entweder zu viel (und Verwurf muss der Hersteller zu Lasten der Solidargemeinschaft einpreisen) oder zu wenig. So - was also spricht dagegen, den Bedarf zu ermitteln, indem man den Abnehmer (= Patient) animiert, sich rechtzeitig zu entscheiden "ja" oder "nein" ? Glauben Sie mir - ich bin wirklich KEIN Sozialist. Aber der Markt für Grippeimpfstoffe ist eben KEIN "freier Markt" - hier brauchen wir mehr "Planungssicherheit" als bisher.

Impfung

von Michael am 04.12.2020 um 16:41 Uhr

Heute die Impfung gegen Grippe und morgen gegen Corona.

Habt ihr Euch schonmal gefragt, was die Impfung bringt, die seit gut 80 Jahren stattfindet, wenn die Influenza noch immer vorhanden ist?

Eigentlich soll doch die Impfung davor schützen und Herdenimmunität soll eine Verbreitung verhindern bzw sie zur Ausrottung bringen.

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Grippeimpfung

von C.U. am 04.12.2020 um 8:18 Uhr

Welch "tolle " Nachricht. Seit Wochen Versuche ich bei meinem Arzt eine Grippeimpfung zu bekommen. Leider wartet er immer noch auf seine zweite Lieferung seit Mitte Oktober!!!.
Vielleicht sollte man sich erstmal auf das Jahr 2020 konzentrieren, wo doch Herr Spahn eine Versorgung mit genügend Impfstoff versprochen hat! Ich gehöre übrigens zur Risikogruppe.

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AW: Grippeimpfung

von Christine Schädler am 04.12.2020 um 11:00 Uhr

Ich habe mich und meinen Mann rechtzeitig angemeldet mit Termin beim Hausarzt. Es liegt am Hausarzt und dessen Organisation wieviel Impfstoff er bestellt. Bei uns klappt das super. Man kann nicht einfach in die Praxis laufen und, Hallo. Ich komm mal zum impfen.
Unser Hausarzt hat Ich derzeit Impfstoff da. Arzt wechseln!?

Efluelda u.a.

von Gregor Huesmann am 03.12.2020 um 8:03 Uhr

Was soll diese alberne Empfehlung an der Realität vorbei. Keiner dieser Impfstoffe ist in dieser Saison lieferbar, auch Fluzone-Importe habe ich noch nicht gesehen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Efluelda u.a

von Stein am Rhein am 03.12.2020 um 9:27 Uhr

Herr Hüsmann, das können Sie derzeit selbst im Großhandel bekommen... mit Kusshand!
Was bei dieser (derzeit schwachsinnigen) Empfehlung vergessen wird: der GBA entscheidet dazu erst im Februar des kommenden Jahres. Pferdefuss: spätestens im Januar MUSS die Vorbestellung erledigt sein.
Wir hatten in diesem Jahr das absolute Impfchaos - das nächste wird noch viel schlimmer. Ich freu mich darauf und werde nichts mehr bestellen. Macht doch Euren Schwachsinn alleine!!!

AW: Efluelda u.a

von Dr. Ralf Schabik am 04.12.2020 um 21:17 Uhr

Ähmmm ... Herr Huesmann ... vergleichen Sie mal, was Die hier (03.12.) schreiben, mit dem, was Sie zu meinen Gedanken zum Impfstoff-Chaos (04.12.) vom Stapel gelassen haben. Stichwort "Planwirtschaft". Warum sind denn so viele Impfstoffe gefühlt oder tatsächlich nicht erhältlich ?

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