Ärzte und Apotheker „für Aufklärung“?

Meinungen und COVID-19

Düsseldorf - 24.11.2020, 10:45 Uhr

DAZ.online hat mit einem Apotheker gesprochen, der regelmäßig zu Querdenker-Demos geht. (Foto: imago images / photothek)

DAZ.online hat mit einem Apotheker gesprochen, der regelmäßig zu Querdenker-Demos geht. (Foto: imago images / photothek)


Auch Apotheker:innen „denken quer“ oder stehen der „Querdenker“-Bewegung zumindest nahe. Mit letzteren darüber in einen öffentlichen Diskurs einzutreten ist – wie mit offenen Corona-„Querdenkern“ – gar nicht so einfach. DAZ.online hat es dennoch versucht. Das Ergebnis lesen Sie hier. Die Aussagen der Interviewpartner sind allerdings mit Vorsicht zu genießen: Weil sie für sich selbst sprechen sollen, hat DAZ.online bewusst auf eine weitere Einordnung verzichtet. 

Täglich steigende Neuinfektionen, mehr Todesfälle und steigende Belegung der Intensivstationen. Die Corona-Pandemie beherrscht die täglichen Nachrichten – und mit Teil-Lockdowns, Kontaktbeschränkungen und Maskenpflicht sind die Menschen unmittelbar in ihrem Alltag betroffen.

Der Umstand, dass die Menschen nicht wie bei der „Spanischen Grippe“ zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts „auf der Straße blau anliefen und tot umfielen“ (wie Augenzeugen damals berichteten), sondern, dass COVID-19 bei der überwiegenden Zahl der Betroffenen kaum Symptome hervorruft, macht die Krankheit in der Bevölkerung zu einem Phantom. Nur wenige Menschen kennen in ihrem Umfeld unmittelbar schwer Betroffene. Gleichzeitig aber gibt es die schweren und tödlich verlaufenden Fälle; gibt es noch immer viel mehr, was über das Virus nicht bekannt ist und es gibt Maßnahmen nach dem Vorsorgeprinzip, die trotz aller staatlichen Hilfen die wirtschaftliche Existenz etwa von Gastronomen, Selbstständigen, Dienstleistern und Einzelhändlern unbestritten ins Wanken bringt.

In diesem Klima wächst in unterschiedlichem Maße die Skepsis in der Bevölkerung, ob alle Maßnahmen gut sind – oder gar, ob die gesamte Pandemie überhaupt so existiert. Unter denen, die zweifeln, finden sich auch etliche Apotheker. 

Liste der Unterstützer der Initiative „Ärzte für Aufklärung“

Ein Beispiel gibt die Liste der Unterstützer der Initiative „Ärzte für Aufklärung“, eine nach eigener Auskunft „interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft von Ärzten und Wissenschaftlern in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, die der Öffentlichkeit ihre fachliche Expertise im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zur Verfügung stellt“ und die insgesamt skeptisch gegenüber den Maßnahmen und auch der Bedeutung der Krankheit steht. Experten dieser Initiative treten unter anderem als Redner bei „Anti-Corona-Demos“ oder Demonstrationen der Initiative „Querdenken 711“ auf.

DAZ.online hat mehrere Apotheker:innen dieser Liste nach ihrer Meinung zu COVID-19 gefragt. Mehrere wollten „lieber nichts“ zum Thema sagen – so fürchtete eine der Befragten Nachteile für sich und ihre Apotheke, da „das Thema derzeit mit so vielen Emotionen verbunden sei“. An der Existenz des Virus zweifelt sie nicht, hält aber die Maßnahmen zum Teil für überzogen.

Nur eine Apothekerin spricht offen – sie will das Virus auf keinen Fall „verniedlichen“

So denkt auch Christine Barth, die im thüringischen 769-Einwohner-Ort Brattendorf die Linden-Apotheke betreibt. Die 68-Jährige findet insbesondere die Maßnahmen des Teil-Lockdowns überzogen. „Ich sehe halt auch hier auf dem Land die ganzen kleinen Gaststätten und auch Händler. Die haben zum Teil viel Geld investiert und es sind vor allem die kleinen Unternehmen, die jetzt leiden“, sagt sie.

Auch, dass die sozialen Kontakte litten, sei für die Menschen schwer, sagt sie. „Ich war kürzlich auf einer Beerdigung und wir konnten die Hinterbliebene nicht umarmen. Das war so traurig“, sagt sie. Sie sehe viele Menschen, die durch die Pandemie-Maßnahmen nun traurig oder gar depressiv würden.

„In der Apotheke halten wir natürlich alle Hygiene-Maßnahmen ein. Dass ich manches anders sehe, ist meine ganz persönliche Meinung“, sagt sie. Sie höre sich eben auch andere Meinungen an und höre auch auf das, was etwa Naturheilkundler zu dem Thema sagen. Außerdem gebe es viele Wissenschaftler, die einiges anders sehen würden, sagt sie. 

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Sie verstehe auch nicht, warum nicht etwa Maßnahmen bestärkt würden, die das Immunsystem der Menschen stärkten, Vitamin C etwa auf Kassenkosten, Injektionen mit Immunglobulin-Präparaten wie Beriglobin oder ähnliches.

„Ich habe auch Angst, dass es eine Impfpflicht gibt“, sagt sie. Auf keinen Fall wolle sie das Virus verniedlichen und auch die Hygieneregeln seien gut – viele andere Maßnahmen gingen aber einfach zu weit, meint sie.

Betreiber zweier Apotheken: „Ich bin Querdenker“ 

Auf Demonstrationen geht Barth nicht, anders als etwa der Apotheker, der nach dem Gespräch mit DAZ.online dann doch lieber seinen Namen nicht im Artikel lesen möchte. „Ich bin Querdenker“, sagt der Betreiber zweier Apotheken dennoch ganz offensiv. Er stehe zu seiner Meinung und sei von Beginn an skeptisch gewesen. Es habe von Beginn an Wissenschaftler gegeben, die die Situation vollkommen anders eingeschätzt hätten, sagt er. Sicherlich gebe es das Virus – „aber das hat nicht die Schwere einer Pandemie“, so der Apotheker. „Die Maßnahmen dagegen machen das Land kaputt. Das muss doch so nicht sein.“ Früher oder später würde es auch die Apotheken treffen.

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Profitieren würden die Pharma- und Biotech-Unternehmen. „Da geht es um das ganz große Geld“, meint der Apotheker. Ebenso wie in der Wirtschaft die großen Unternehmen davon profitieren würden, dass viele Kleine an den Lockdown-Maßnahmen kaputt gingen. „Die werden dann von den größeren Unternehmen aufgekauft“, sagt er.

Masken sollen Menschen „in Angst“ halten

Dass die Masken getragen werden müssten, sei vor allem eine Maßnahme, die die Menschen weiter in Angst halten solle. Es gebe ansonsten viele Studien, die den Sinn des Maskentragens infrage stellten, sagt der Skeptiker. Dagegen habe nie jemand mal für Maßnahmen geworben wie Vitamin-C- oder Vitamin-D-Gaben, die das Immunsystem stärkten.

In seinen Apotheken halte man sich natürlich an die Regeln, sagt er. Das müsse man ja. Ich halte mit meiner Meinung aber nicht hinter dem Berg und stehe dazu. „Ich sehe da so viele traurige Menschen, die spreche ich natürlich an. Und ich informiere die Leute auch“, sagt er.

Zu Querdenker-Demos gehe er regelmäßig. „Da findet sich die Mitte der Gesellschaft und es ist eine ganz friedliche Atmosphäre, in der wir unsere Meinung kundtun“, sagt der Apotheker. Schade findet er, dass er sich Anfeindungen ausgesetzt sieht. „Ich selbst habe ein Attest, um keine Maske zu tragen“, sagt er. Das bereite ihm Atemnot. Wenn er dann aber etwa zum Bäcker gehe ohne Maske, werde er angegangen. Er wolle nur seine Meinung vertreten, mit der er nicht allein sei, meint er.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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