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Grippeimpfung in der Apotheke
In neun Stunden zum Impfapotheker – reicht das?
Grippeimpfungen in der Apotheke schaffen ein niederschwelliges Impfangebot und erhöhen dadurch die Impfquote. Das zeigt die Erfahrung aus anderen Ländern, in denen Apotheker bereits gegen Grippe impfen dürfen. Allerdings ist der Zugang zum Impfapotheker nicht einheitlich – in der Schweiz absolvieren Apotheker eine fünftägige Weiterbildung, das Curriculum in Deutschland umfasst gerade einmal neun Stunden: Wie lässt sich das erklären?
Es gibt wohl keinen besseren Zeitpunkt, um über Grippeimpfungen zu sprechen als jetzt. Die Grippesaison 2020/21 hat in Kalenderwoche 40 begonnen und auch die ersten Grippeimpfungen dürften mit Anfang Oktober begonnen haben. Die meisten Patienten bekommen ihren Grippeschutz in Deutschland in Arztpraxen. Das Masernschutzgesetz ermöglicht seit 1. März 2020 zudem Modellvorhaben zu Grippeimpfungen in Apotheken. Man verspricht sich davon eine Verbesserung der Impfquote durch einen zusätzlichen niederschwelligen Zugang zur Impfung.
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Grippeimpfung: Zwei Drittel der Apotheker haben Interesse
Deutschland ist nicht gerade Vorreiter in Sachen Impfen in der Apotheke: In Argentinien impfen Apotheker bereits seit 1983, die USA folgten 1996, die Schweiz ermöglicht apothekerliche Impfungen seit 2015, wobei das Impfangebot kantonal unterschiedlich ist, und auch in Frankreich dürfen seit diesem Jahr in Apotheken Grippeimpfungen durchgeführt werden. Daten aus Irland, wo das Impfen in Apotheken seit der Grippesaison 2011/12 möglich ist, zeigen, dass nicht nur die Gesamtimpfungen stiegen, sondern auch die ärztlichen Impfungen seither zunahmen. „Das zeigt deutlich, dass die Grippeschutzimpfung in Apotheken keine Konkurrenz zur ärztlichen Impfung ist, sondern ein ergänzendes Angebot“, betonte Dr. Christiane Eckert-Lill, Geschäftsführerin Pharmazie der ABDA, beim Impulsvortrag „Impfen in der Apotheke“ bei der Expopharm Impuls am vergangenen Mittwochabend.
Bislang keinen Impfnotfall in Schweizer Apotheken
In der Schweiz impfen mit 900 von insgesamt 1.700 Apotheken mittlerweile etwas mehr als die Hälfte aller Apotheken (Stand 2019). Hier hat sich in den letzten Jahren ein großer Sprung getan: 2016 boten lediglich 408 Apotheken in der Schweiz Impfungen an. Das Angebot kommt bei den Schweizer Bürgern gut an: 35.000 Grippeimpfungen wurden 2019 in Apotheken verabreicht, 72 Prozent mehr als 2018. Vor allem 26- bis 75-Jährige nutzen die Grippeimpfung in der Apotheke.
Erfreulich ist vor allem, dass in der Schweiz bislang kein Notfall nach einer apothekerlichen Grippeimpfung dokumentiert ist, das berichtete Dr. Raffaela Pitzurra, Apothekerin und Epidemiologin, die seit zehn Jahren am Zentrum für Reisemedizin in Zürich arbeitet. Ihren Impfkurs der Foederation Pharmaceutica Helvetica (FPH) absolvierte sie 2016.
Deutschland: nur Grippeimpfung in Apotheken
Damit Apotheker in der Schweiz oder in Deutschland impfen dürfen, müssen sie zuvor eine Weiterbildung durchlaufen. In der Schweiz absolvieren die impfwilligen Apotheker einen Kurs über fünf Tage (Kosten etwa 3.000 Schweizer Franken), es besteht zudem eine Fortbildungspflicht, die alle zwei Jahre nachgewiesen werden muss. In Deutschland erwerben Apotheker die Fähigkeit zum Grippeimpfen in einem neunstündigen Curriculum, wobei drei Stunden auf die theoretische Schulung und sechs Stunden auf die Praxis entfallen. Auch wenn das Curriculum der Bundesapothekerkammer (BAK) mit dem Robert Koch-Institut und dem PEI (Paul-Ehrlich-Institut) abgestimmt wurde – so ist doch die Diskrepanz zur Ausbildung in der Schweiz augenfällig.
Eckert-Lill betonte an dieser Stelle jedoch: „In Deutschland geht es derzeit nur um Grippeimpfungen in der Apotheke. In der Schweiz hingegen dürfen Apotheker gegen zahlreiche Infektionskrankheiten impfen“, so gebe es einen Schweizer Kanton, in dem Apotheker alle von der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF) empfohlenen Impfungen durchführen dürften – also auch die Impfung mit Lebendimpfstoffen, wie Masern beispielsweise.
Wie es künftig mit der Erneuerung des Zertifikats für Impfapotheker in Deutschland weitergeht, ist aktuell noch nicht geregelt. So sei in Abstimmung mit PEI und RKI zunächst für die Dauer der Modellvorhaben, also drei Jahre, kein Wiederholungskurs geplant, erklärte Eckert-Lill. Danach wolle man alle Erfahrungen reflektieren, um sodann Empfehlungen auszusprechen.
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Eckert-Lill ist mit dem Engagement der Apotheker in Richtung Impfen zufrieden: „Ein bisschen mehr geht immer“, doch der Anfang sei vielversprechend. Und weiter: „Ich habe den Eindruck, dass sowohl Apotheker auf Verbandsebene sehr engagiert sind und auch die Apotheker vor Ort, die mitmachen, eine gute Arbeit leisten“. Im Saarland habe man gesehen, dass die Zahl der Apotheker, die eine Impfschulung mitmachen wollten, höher gewesen sei als die vorgesehenen Plätze. „Das zeigt, dass alles auf einem guten Weg ist“, sagte Eckert-Lill.
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