PKV-Stellungnahme zur Apothekenreform

Boni-Verbot und pharmazeutische Dienste auch für privat Versicherte!

Berlin - 14.09.2020, 12:00 Uhr

Der PKV-Verband wünscht sich auch für Privatversicherte ein Rx-Boni-Verbot und pharmazeutische Dienstleistungen. (m / Foto: matthias21 /stock.adobe.com)

Der PKV-Verband wünscht sich auch für Privatversicherte ein Rx-Boni-Verbot und pharmazeutische Dienstleistungen. (m / Foto: matthias21 /stock.adobe.com)


Der Verband der Privaten Krankenversicherung ist nicht damit einverstanden, dass privat Versicherten im Entwurf des VOASG kein unmittelbarer Anspruch auf neue pharmazeutische Dienstleistungen eingeräumt wird. Und auch das Vorhaben, die Gleichpreisigkeit lediglich im GKV-Bereich wiederherzustellen, kritisiert der Verband in seiner Stellungnahme zum VOASG deutlich.

Der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) ist überzeugt: Indem die Bundesregierung im Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken (VOASG) die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente lediglich für den Geltungsbereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wiederherstellen will, gefährdet sie die Versorgung von Menschen mit privater Krankenversicherung. Das betont der Verband in seiner anlässlich der am 16. September anstehenden Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags veröffentlichten Stellungnahme zum Gesetzentwurf.

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Grundsätzlich begrüßt der PKV-Verband das Anliegen, vier Jahre nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Rechtssicherheit herstellen zu wollen. „Die vorgesehenen Maßnahmen könnten allerdings Auswirkungen auf das Preisgefüge und die Arzneimittelversorgung in Deutschland haben, die derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden können“, heißt es in seiner Stellungnahme.

Mit der Einführung der Geltung der Erstattungsbeträge gemäß § 130b SGB V auch für Privatversicherte und Beihilfeberechtigte im Jahr 2011 sollte demnach verhindert werden, dass für nicht in der GKV Versicherte höhere Kostenbelastungen für Arzneimittel entstehen als für gesetzlich Versicherte. „Durch die Regelung sollte ausweislich der Gesetzesbegründung sichergestellt werden, dass alle Versicherten gleichermaßen Zugang zu einer wirtschaftlichen Versorgung mit Arzneimitteln zu angemessenen Preisen behalten. Deshalb dürfen sich die Preise für gesetzlich und privat Versicherte nicht auseinanderentwickeln, denn unterschiedliche Preise für gleiche – gesundheitlich notwendige – Produkte wären nicht zumutbar“, heißt es weiter.

„Die Preiselastizität ist gleich Null“

Im Bereich der Versorgung von Patienten insbesondere mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln funktionieren aus Sicht der Privatversicherer die üblichen Preismechanismen nicht. „Anders als bei nicht dringlichen, verzichtbaren oder austauschbaren Gütern kann der Preis hier nicht als Lenker wirken“, unterstreichen sie. Die Nachfrage bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln werde nicht durch den Preis, sondern durch die medizinische Notwendigkeit bestimmt. „Die Preiselastizität ist also gleich Null. Dies ist völlig unabhängig vom Versicherungsstatus des Patienten.“

Daraus ergebe sich die Notwendigkeit für die Regelungen der Arzneimittelpreisverordnung: Es gelte, die Verbraucher – und ausdrücklich auch privat Versicherte sowie Beihilfeempfänger – mit Blick auf „die Unverzichtbarkeit medizinisch notwendiger Leistungen und das Fehlen der Verbrauchersouveränität“ vor überhöhten Preisen zu schützen. „Insoweit trägt die in der Gesetzesbegründung formulierte Bezugnahme auf das Sachleistungsprinzip nicht.“

Dienstleistungen können Versorgung verbessern

Zwar geht die PKV davon aus, dass der Gesetzgeber alle rechtlichen Möglichkeiten geprüft hat, wie den Vorgaben des EuGH Genüge getan werden kann. „Es ist aber darauf hinzuweisen, dass aus dem kurzfristigen Vorteil der Inanspruchnahme von potentiellen Boni mittel- und langfristig ein Nachteil erwachsen kann, da die Nichtgeltung der Arzneimittelpreisverordnung insgesamt zu einem höheren Preisniveau führen könnte. Dies wäre im oben genannten Sinne den Unternehmen und Versicherten der PKV nicht zumutbar.“

Wer zahlt, soll auch Anspruch haben

Was den geplanten Honorartopf für neue pharmazeutische Dienstleistungen betrifft, moniert der Verband, dass privat Versicherte zwar dafür zahlen sollen, jedoch „an keiner Stelle des Entwurfs vorgesehen ist, dass sie diese auch in Anspruch nehmen können“. Er fordert daher eine  gesetzliche Klarstellung, dass auch Privatversicherte und Beihilfeberechtigte die pharmazeutischen Dienstleistungen nutzen dürfen. „Die Formulierung eines Anspruchs darf nicht einer Vereinbarung und damit dem Ermessen der Vertragspartner überlassen werden.“

Grundsätzlich haben die Unternehmen der PKV laut Stellungnahme Interesse an der Vereinbarung zusätzlicher pharmazeutischer Dienstleistungen, denn die Versorgung der Patienten „kann durch die Einbindung der pharmazeutischen Kompetenz der Apotheker grundsätzlich verbessert werden“. Allerdings handelt es sich aus ihrer Sicht bei pharmazeutischen Dienstleistungen, die „über die üblichen Beratungsleistungen hinaus erbracht werden, eindeutig um einzelvertraglich und wettbewerblich zu regelnde Sachverhalte. Die gewählte Konstruktion verhindert zwar nicht per se wettbewerbliche Optionen, beschränkt diese aber faktisch durch die fixe Vergütung in der Arzneimittelpreisverordnung.“

Kann das VOASG wirklich alle Apotheken stärken?

Der PKV-Verband hätte es begrüßt, wenn für im Detail überhaupt erst zu vereinbarende pharmazeutische Leistungen die Höhe der Vergütung den Vertragspartnern überlassen worden wäre. Abgesehen davon zweifelt er insgesamt daran, dass die Regelung das von der Bundesregierung anvisierte Ziel flächendeckend erreichen wird. „Abschließend ist anzumerken, dass von den neuen Leistungen Apotheken mit einer hohen Anzahl von Patientenkontakten wesentlich stärker profitieren werden als wenig frequentierte Apotheken. Entsprechend wird die beabsichtigte ‚Stärkung der Vor-Ort-Apotheken‘ sehr unterschiedlich ausfallen.“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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