ACE2 und COVID-19

Diabetes und Corona: Ein Henne-Ei-Problem?

Stuttgart - 10.07.2020, 17:50 Uhr

Die Diabetes-Medikation muss bei einer (COVID-19-) Infektion angepasst werden. (s / Foto: IndiaPix / stock.adobe.com)

Die Diabetes-Medikation muss bei einer (COVID-19-) Infektion angepasst werden. 
(s / Foto: IndiaPix / stock.adobe.com)


Mehr Fragen als Antworten: Ein Register soll helfen

Alles in allem scheine im Zusammenhang mit COVID-19 ein diabetogener Effekt vorzuliegen, der über das Maß einer Stressreaktion im Zusammenhang mit einer schweren Krankheit hinausgehe. Was man aber nicht wisse: Bleibt der diabetogene Effekt nach der Infektion bestehen? Wie häufig kommt es zu neu aufgetretenem Diabetes und um welchen Diabetes-Typ handelt es sich, der offenbar durch SARS-CoV-2 ausgelöst wird? Verändert COVID-19 bei Patienten mit vorbestehendem Diabetes die zugrunde liegende Pathophysiologie und den natürlichen Krankheitsverlauf? Es sei nun eine Priorität, diese Fragen zu klären, heißt es in dem Brief. 

Dabei helfen soll im Rahmen des CoviDIAB-Projekts ein globales Register von Patienten mit COVID-19-assoziiertem Diabetes. 

Übrigens ...

Dass Virus-Infektionen Diabetes auslösen können, ist keine absolute Neuigkeit. 

„Ganz allgemein können Infekte bei Menschen mit Diabetes den Stoffwechsel durcheinanderbringen. Wenn das körpereigene Abwehrsystem Erreger wie beispielsweise Viren erkennt, werden Stresshormone freigesetzt. Dazu zählt Adrenalin. Es sorgt dafür, dass die Leber vermehrt Glucose (Zucker) abgibt. In der Folge steigt der Blutzuckerspiegel. Bei Fieber sollten Menschen mit Diabetes ihren Blutzuckerspiegel besonders gut überwachen. Fieber, egal welcher Ursache, lässt im Normalfall den Blutzuckerspiegel steigen”, heißt es beispielsweise auf dem Diabetesinformationsportal in neuem Auftritt „diabinfo“

Außerdem schreibt der Diabetesinformationsdienst München (das bisherige Internet-Portal), dass beispielsweise das Rubella-Virus bei Schwangeren über die Gebärmutter das ungeborene Kind befallen und zu schweren Komplikationen führen kann: „Häufige Folgen sind Schwerhörigkeit, Herzfehler, Augenfehlbildungen, offener Rücken, Früh- oder Fehlgeburt. Mögliche Wirkung bei der Zuckerkrankheit sind die Zerstörung der Inselzellen in der Bauchspeicheldrüse und dadurch die Entstehung von Typ-1-Diabetes.“ 

Auch das Humane Zytomegalievirus (HCMV) sei für gesunde Erwachsene in der Regel zwar harmlos, in der Schwangerschaft könne es aber für ungeborene Kinder lebensgefährlich sein: „Mögliche Wirkung bei der Bildung von Diabetes: Die Bauchspeicheldrüse kann sich entzünden.“ 

2016 kam eine groß angelegte Analyse von Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern außerdem zu dem Ergebnis, dass virale Atemwegsinfektionen in den ersten sechs Lebensmonaten mit einem erhöhten Risiko für Typ-1-Diabetes assoziiert seien. 

Laut dem Nachrichtenportal Medscape wurde CoviDIAB von Prof. Dr. Stefan Bornstein, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik III am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden, im Rahmen des Transcampus-Projekts mitinitiiert. Man möchte das Register so bekannt wie möglich machen: „Seit der Veröffentlichung unseres Artikels im NEJM haben wir weltweit schon mehr als 60 Berichte von Patienten erhalten, bei denen der Zuckerstoffwechsel in Verbindung mit COVID-19 entgleist ist“, sagte Bornstein im Gespräch mit Medscape am 26. Juni. 

Praktische Handlungsempfehlungen 

Er ist auch Erstautor praktischer Handlungsempfehlungen für das Management von Diabetes bei COVID-19-Patienten, die bereits im April erschienen sind – allerdings in der Rubrik „Personal View“. Schon dort war zu lesen: Alle Patienten ohne Diabetes müssen, insbesondere wenn sie ein hohes Risiko für eine Stoffwechselerkrankung mit sich bringen, auf neu (durch das Virus) auftretenden Diabetes überwacht werden – wenn sie mit SARS-CoV-2 infiziert sind. Bei allen Patienten mit COVID-19 und Diabetes bedürfe es einer kontinuierlichen und zuverlässigen Kontrolle des Blutzuckerspiegels. Entsprechendes wurde auch in den deutschen Empfehlungen der DDG festgehalten. Darin sind zudem praktische Empfehlung zum Umgang mit Diabetes-Medikamenten bei akuten Infektionskrankheiten zu finden. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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