COVID-19

Artemisia Annua: Forschung in Deutschland, ungeprüfter Kräutertee in Madagaskar

Düsseldorf - 11.05.2020, 17:45 Uhr

Es waren Chinesen, die in den 1970er Jahren aus dem einjährigen Beifuß (Artemisia annua) das Artemisinin isolierten, den heute wichtigsten Wirkstoff gegen Malaria. (Foto: imago images / Xinhua)

Es waren Chinesen, die in den 1970er Jahren aus dem einjährigen Beifuß (Artemisia annua) das Artemisinin isolierten, den heute wichtigsten Wirkstoff gegen Malaria. (Foto: imago images / Xinhua)


Artemisinin-Resistenzbildung bei Plasmodium falciparum befürchtet

Letzterer wurde vom Malagasy Institute of Applied Research entwickelt und im April 2020 vorgestellt. Das Kräuter-Gebräu, wohl ein Tee mit dem Hauptbestandteil Einjähriger Beifuß aber auch vielen weiteren Kräutern, ist wissenschaftlich nicht abgesichert, hat aber einflussreiche Unterstützer. So propagierte der Präsident des ostafrikanischen Inselstaates Madagaskar Andry Rajoelina, der Kräutertee habe zwei Menschen von Covid-19 geheilt und bringe innerhalb von sieben Tagen Ergebnisse. Bei der Vorstellung des Getränks nahm er es demonstrativ zu sich.

Auch die katholische Kirche des Inselstaates stellte sich hinter den Präsidenten  und will es mit Einverständnis der Eltern an den katholischen Schulen an die Schulkinder ausgeben – zur Prophylaxe, wie es heißt. Mittlerweile zieht diese Anwendung Berichten unter anderem in Science zufolge Kreise – andere afrikanische Staaten zeigten Interesse an dem Kräutertrunk.

Ungeachtet der Tatsache, dass medizinisch wirksame Kräutermischungen ungeahnte – mitunter schädliche oder gar tödliche – Wirkungen entfalten können, steht „Covid Organics“ noch in anderer Hinsicht in der Kritik. Die Verabreichung in Malaria-Gebieten könnte durch die vergleichsweise geringe Wirkstoffkonzentration an Artemisinin darin beim Malaria-Erreger Plasmodium falciparum zur Ausbildung von Resistenzen beitragen. Ähnliche Kritik gibt es bereits seit längerem gegen Artemisia-Kräutertees, die gegen Malaria eingesetzt werden – und dort durchaus Wirkung zeigen.

Um Resistenzbildungen zu vermeiden, wird Artemisinin in reiner Form nur in Kombination mit anderen Malaria-Mitteln verabreicht in der sogenannten ACT (Artemisinin Kombinations-Therapie).

„Ich weiß nicht, welche Pflanzen extrahiert wurden, wie die Extrakte hergestellt und wie sie getestet wurden. Daher kann ich keine Aussagen zur Wirksamkeit treffen“, sagt der Chemie-Professor Peter Seeberger, Direktor des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam, befragt nach dem wohl eher dubiosen madagassischen Präparat „Covid Organics“. In Potsdam hat man sich in der Vergangenheit bereits intensiv mit der effizienten Gewinnung von Artemisinin aus Artemisia annua auseinandergesetzt und hat nun Untersuchungen im Zusammenhang mit Covid-19 gestartet.



Volker Budinger, Diplom-Biologe, freier Journalist
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Anwort für Monika B.

von Arne Sauer am 03.06.2020 um 15:39 Uhr

Dazu können die Stengel mit den Blättern verwendet werden. Entweder trocknen und als Tee verwenden oder einen alkoholischen oder besser noch DMSO Auszug herstellen. Anleitungen dazu bei Youtube anschauen.

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artemisia annua

von Schilz Gaby am 13.05.2020 um 14:48 Uhr

Artemisinin-Derivate sind synthetisch hergestellt und enthalten nur diese eine Substanz, so kann leicht eine Resistenz entstehen
Der Tee enthält eine vielfältige Mischung an Substanzen, deren Zusammenwirken etwas bewirkt wogegen keine Resistenz entstehen kann.

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AW: artemisia annua

von Monika B. am 02.06.2020 um 7:08 Uhr

Wie kann ich aus der Pflanze den Tee herstellen, bzw welche Pflanzenteile muss ich zum trocknen nehmen?

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