Kammer Brandenburg

Dobbert: Stellen Sie Ihre Großhandelsbestellungen um!

Berlin - 18.03.2020, 13:30 Uhr

Brandenburgs Kammerpräsident Jens Dobbert empfiehlt den Apothekern in seiner Region, aufgrund der Drucksituation im Großhandel, die Bestellungen zu reduzieren. (s / Foto: LAK Brandenburg)

Brandenburgs Kammerpräsident Jens Dobbert empfiehlt den Apothekern in seiner Region, aufgrund der Drucksituation im Großhandel, die Bestellungen zu reduzieren. (s / Foto: LAK Brandenburg)


Nicht über die ABDA ärgern!

Geärgert hat sich Dobbert offenbar über die Äußerungen von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, der erklärte, dass die Arzneimittelversorgung trotz Coronakrise weiterhin gesichert sei und dass man wegen des Mehraufwands nun auch über mehr Vergütung sprechen müsse. Dobbert dazu: „Ärgern Sie sich nicht über die Pressemeldung aus dem ABDA-Haus, wo uns vermittelt wird, dass alles prima ist und nebenbei mehr Geld gefordert wird.“ Grundsätzlich halte er diese Forderung für richtig. Aber: „Diese Forderung in einer Krisensituation zu äußern, schadet unserem gesamten Berufsstand. Dazu hatten die Verantwortlichen in Berlin in den letzten Jahren ausreichend Gelegenheit, was aber nicht wirklich gemacht worden ist, da man sich nur auf pharmazeutische Dienstleistungen fokussiert hat“, so der Kammerpräsident.

Mit Blick auf die Drucksituation und die Einschränkungen im Großhandel empfiehlt Dobbert, dass die Apotheker ihre Bestellungen auf zwei große Bestellungen umstellen, anstatt vier kleine aufzugeben. Er folgt auch den Beispielen aus Hessen und Berlin und stellt den Apothekern frei, aus personaltechnischen Gründen nur zu den Kernöffnungszeiten zu öffnen. Und weiter: „Sollte darüber hinaus z. B. wegen der zeitlich eingeschränkten Notbetreuung weiterer Reduzierungsbedarf bestehen, beantragen Sie begründet eine Befreiung aus besonderem Grund nach § 23 Absatz 2 ApBetrO. Erklären Sie das Ihren Patienten gegenüber. Sie werden dies verstehen, denn die Apotheke ist ja weiterhin für die Versorgung da. Vergessen Sie bitte auch nicht, Ihre Mitarbeiter entsprechend zu schützen – es gibt genügend Möglichkeiten.“

Schließlich macht der Kammerpräsident seinen Mitgliedern Mut:


Verfallen Sie nicht in Panik, dazu besteht kein Anlass. Wir sind ein pharmazeutisch gebildeter Berufsstand und können jetzt beweisen, wie qualifiziert wir unsere Patientinnen und Patienten betreuen und versorgen – auch in Krisensituationen.“

Kammerpräsident Jens Dobbert




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

In der Praxis sieht das anders aus

von Hummelmann am 23.03.2020 um 10:40 Uhr

Lieber Herr Dobbert,
wenn es Ihnen innerhalb von zwei Stunden das fünfte Mal passiert, dass ein Artikel eben noch lieferbar war, als der Kunde an der Kasse stand und wir das Rezept bedruckt haben und jetzt (noch nicht mal einen halben Arbeitstag später) dieser Artikel bei drei Großhändlern vergriffen ist, dann drücken Sie bei der nächsten Verfügbarkeitsabfrage auch auf "sofort bestellen".

Falls Ihnen diese Situation nicht geläufig ist, haben Sie entweder einen anderen Großhändler oder außerhalb von Bayern gelten andere Bedingungen oder Sie waren schon längere Zeit nicht mehr vorne in der Offizin am Rezeptdrucker tätig.

Nix für ungut. Aber wir tun wirklich ALLES um unsere Kunden mit den benötigten Arzneimitteln zu versorgen.

Wenn dem Großhandel die Mitarbeiter beim Bestücken der Automaten ausgehen, soll er sich daran erinnern, dass im Moment viele Studenten sehr dankbar wären, wenn sie helfen dürften. Die Uni ist geschlossen, die jungen Menschen sind hoch motiviert und verfügen über eine rasche Auffassungsgabe. Sehr viele wissen oft nicht, wie sie die Miete für ihre Studentenbude aufbringen sollen, nachdem die Meisten nebenher auf Honorarbasis in Gaststätten, im Einzelhandel oder in Vereinen arbeiten und nun wegen der Schließungen kein Geld verdienen können.

Bevor Sie also den Apotheker-Kollegen erklären, wie unser Job funktioniert, sollten Sie lieber ein paar Denkanstöße zur Krisenbewältigung im Pharmagroßhandel geben. Volle Wannen bedeuten dort ja auch voller Verdienst ohne Hauszustellung und ohne lange Erklärungen und Beratungsgespräche. Am fehlenden Geld kann es also nicht liegen.

Von meinen Kollegen würde mich dagegen interessieren:
Ich beobachte, dass die beiden Genossenschaften unter den Pharmagroßhändlern besser und länger lieferfähig sind, als die Aktiengesellschaften. Sollte das woanders ebenso auffallen, so wäre ich für einen entprechenden Aufruf dankbar, dass in Zeiten der Versorgungskrise Arzneimittel-Verschiebungen ins Ausland zum Zweck der Gewinnoptimierung nicht angebracht sind.

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