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Thierry Breton
EU-Kommissar sieht offenbar keine Probleme bei DocMorris-Überwachung
Die EU-Kommission sieht offenbar keine Probleme mit der Überwachung des EU-Versenders DocMorris. Der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange hatte die EU-Kommission gefragt, von wem der niederländische Konzern überwacht wird. Die Antwort des neuen Binnenmarktkommissars Thierry Breton auf Langes Fragen liegt nun vor. Breton weicht den Fragen zur Überwachung und zum Geschäftsmodell größtenteils aus, merkt aber an, dass DocMorris in den Niederlanden als Online-Apotheke registriert ist. Was die Wettbewerbsverzerrung gegenüber den deutschen Vor-Ort-Apotheken betrifft, verweist der Kommissar auf das EuGH-Urteil.
Aus mehreren Gründen schauen die Apotheker derzeit gespannt nach Brüssel: Einerseits wird in den kommenden Tagen ein erstes Signal der neu besetzten EU-Kommission zum Apotheken-Stärkungsgesetz erwartet, mit dem die Bundesregierung (zumindest für den GKV-Bereich) die Gleichpreisigkeit wieder einführen will. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will das Vorhaben erst ins parlamentarische Verfahren geben, wenn er ein erstes Feedback dazu aus Brüssel hat. Aber es gibt noch einen weiteren Grund, warum der neue EU-Kommissar für den Binnenmarkt, der Franzose Thierry Breton, derzeit für großes Interesse im deutschen Apothekenmarkt sorgt: Denn seit Wochen wartet man hierzulande auf seine Antwort auf eine schriftliche Anfrage des SPD-Europaparlamentariers Bernd Lange.
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Die Anfrage hatte es in sich: Lange thematisierte darin die Wettbewerbsverzerrungen gegenüber deutschen Vor-Ort-Apotheken. In seinen drei Fragen ging er zunächst auf die mit deutschen Absender-Adressen beklebten DocMorris-Pakete ein. Zur Erinnerung: DAZ.online hatte kürzlich aufgedeckt, dass das Landgericht Berlin den EU-Versender zu einem Ordnungsgeld verpflichtet hatte, weil die Niederländer ihre wirkliche Adresse in den Niederlanden nicht ausreichend genug kenntlich gemacht hatten. Zweitens wollte Lange wissen, wie die EU-Kommission den Wettbewerbsnachteil bewertet, der für deutsche Apotheken besteht und was dagegen unternommen werden könnte.
Breton: DocMorris ist als Online-Apotheke zugelassen
Schließlich stellte Lange die brenzlige Frage: „Hat die Kommission Kenntnis davon, dass DocMorris von den niederländischen Behörden überwacht wird?“ Über die Überwachung der EU-Versender wird seit Jahren diskutiert. Denn in den Niederlanden gelten für sogenannten Grenzapotheken Ausnahmen: Wenn sie belegen können, dass sie von den Ländern überwacht werden, in die sie liefern, gelten Erleichterungen für DocMorris und Co. DAZ.online hatte aber kürzlich darüber berichtet, dass die deutschen Arzneimittel-Überwachungsbehörden in die Kontrolle von DocMorris und Co. nicht involviert sind.
Der neue EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton weicht den Fragen größtenteils aus. In seiner Antwort*, die inzwischen auf der Internetseite des EU-Parlaments veröffentlicht wurde, geht er auf die Problematik mit den deutschen Absender-Adressen gar nicht ein. Was die Überwachung von DocMorris betrifft, verweist Breton auf die Zulassung von DocMorris als Online-Apotheke in den Niederlanden. Der Konzern sei im Verzeichnis registrierter Versandhändler aufgeführt. In der Tat ist es so, dass DocMorris auf der Internetseite des niederländischen Gesundheitsministeriums als Online-Apotheke in der höchsten Kategorie „UR“ registriert ist. Nur Versandhändler in dieser Kategorie dürfen Rx-Arzneimittel versenden.
Allerdings: Über die Überwachung und Kontrolle des EU-Versenders sagt dieses Verzeichnis – zumindest öffentlich – nichts aus. Unklar ist beispielsweise, ob mit der Registrierung in diesem Online-Händler-Verzeichnis auch regelmäßige Kontrollen einhergehen. Eine Anfrage dazu bei der niederländischen Überwachungsbehörde von DAZ.online ist derzeit noch unbeantwortet. Auch EU-Kommissar Breton geht auf diese Fragen nicht ein. Er weist lediglich darauf hin, dass es die Angelegenheit der Mitgliedstaaten ist, bei Zuwiderhandlungen mögliche Sanktionen zu verhängen.
Breton verweist auf EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung
Wörtlich erklärt der EU-Kommissar:
Nach den genannten EU-Rechtsvorschriften müssen Onlineapotheken eine Genehmigung für die Abgabe von Arzneimitteln im Fernabsatz einholen und den einzelstaatlichen Behörden am Ort ihrer Niederlassung ihre Absicht, Arzneimittel online zum Verkauf anzubieten, mitteilen. Onlineapotheken dürfen nur solche Arzneimittel verkaufen, die im Bestimmungsmitgliedstaat zugelassen sind und dort online erworben werden dürfen. Manche Mitgliedstaaten erlauben lediglich den Onlineverkauf von rezeptfreien Arzneimitteln, während andere (unter anderem Deutschland) auch den Onlineverkauf von rezeptpflichtigen Arzneimitteln erlauben. Das Verzeichnis registrierter Onlinehändler von Arzneimitteln in den Niederlanden ist öffentlich zugänglich. Zum Zeitpunkt dieses Schreibens ist DocMorris dort aufgeführt. Die Mitgliedstaaten sind für die Durchsetzung der Richtlinie 2001/83/EG verantwortlich. Sie müssen auch sicherstellen, dass nur zugelassene Marktteilnehmer Arzneimittel in der EU zum Verkauf anbieten. Außerdem obliegt es den Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass wirksame und abschreckende Sanktionen gegen solche Händler verhängt werden, die die oben genannten Anforderungen nicht erfüllen.“
Breton: EU-Versender haben nur eine Möglichkeit, Zugang zum deutschen Markt zu erhalten
Was die Wettbewerbsverzerrung betrifft, verweist Breton auf eine Passage im EuGH-Urteil, die viele deutsche Apotheker verärgert hatte. Der EuGH hatte sein Urteil im Oktober 2016 unter anderem damit begründet, dass der Versandhandel für EU-Versender das einzige Mittel sei, um einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt zu erhalten. Da sie nicht durch Personal vor Ort individuell beraten und eine Notfallversorgung mit Arzneimitteln sicherstellen könnten, sei der Preiswettbewerb für sie ein wichtigerer Wettbewerbsfaktor als für „traditionelle“ Apotheken. Auch Breton bemüht dieses Argument: „Zu potenziellen Wettbewerbsverzerrungen hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits erklärt, dass der Onlineverkauf für Apotheken, die nicht im deutschen Hoheitsgebiet ansässig sind, die einzige Möglichkeit des Zugangs zum deutschen Markt darstellt.“
Treffen am 31. Januar in Berlin geplant
Auch wenn Breton in seinem Antwortschreiben noch vieles offen lässt, ist es ein erster Fingerzeig darauf, wie sein Kommissariat das von der Bundesregierung geplante Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz bewerten könnte. Nach Informationen von DAZ.online könnte Breton noch in dieser Woche Auskunft darüber geben, wie er das von Bundesgesundheitsminister Spahn anvisierte Rx-Boni-Verbot für den GKV-Bereich bewertet. Denn für den kommenden Freitag, den 31. Januar, hat sich der Franzose in Berlin angekündigt. Auch ein Treffen mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) steht in seinem Terminkalender.
Breton ist erst seit wenigen Wochen EU-Kommissar für den Binnenmarkt. Zuerst hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula van der Leyen die Französin Sylvie Goulard nominiert, das war jedoch heftig kritisiert worden. Doch auch Bretons Nominierung war aufgrund seiner Vergangenheit nicht unumstritten: Denn Breton war bis wenige Tage vor seiner Nominierung als EU-Kommissar Chef des IT-Konzerns Atos, der Medienberichten zufolge millionenschwere Verträge mit EU-Institutionen hat. Zuvor hatte Breton übrigens auch die Geschäfte bei France Télécom geleitet und war zwischen 2005 und 2007 auch Wirtschaftsminister in Frankreich.
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Hinweis der Redaktion: Die Antwort vom EU-Kommissar ist inzwischen auf der Seite des EU-Parlaments veröffentlicht. Hier finden Sie das Dokument.
11 Kommentare
ATOS und Breton
von Hinterfragt am 28.01.2020 um 21:19 Uhr
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Überwachung durch Deutsche Behörden
von Andreas Grünebaum am 28.01.2020 um 21:04 Uhr
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Anfrage Herr Lange, SPD
von Roland Mückschel am 28.01.2020 um 16:47 Uhr
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von Dr.Diefenbach am 28.01.2020 um 14:07 Uhr
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von Anita Peter am 28.01.2020 um 14:19 Uhr
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von Thomas Beck am 28.01.2020 um 16:44 Uhr
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von Bernd Jas am 28.01.2020 um 22:18 Uhr
Überwachung
von Bernd Küsgens am 28.01.2020 um 12:39 Uhr
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Von wem wird nun überwacht?
von Beobachter am 28.01.2020 um 12:09 Uhr
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.
von Anita Peter am 28.01.2020 um 12:01 Uhr
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EU Verdruß
von ratatosk am 28.01.2020 um 11:57 Uhr
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