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Nitrosamine in Arzneimitteln
Täglich oder wöchentlich? Neue NDMA-Grenzwerte berücksichtigen Anwendungsdauer
Seit im Juni 2018 die erste NDMA-Verunreinigung in Valsartan festgestellt wurde, sind weitere kontaminierte Wirkstoffe – unter anderem Losartan, Pioglitazon, Ranitidin, Metformin – aufgetaucht. Die Zulassungsinhaber müssen nun alle chemisch-synthetischen Wirkstoffe (Rx und OTC) auf potenzielle Verunreinigungen prüfen. Was toleriert werden kann, hängt davon ab, ob der Patient ein mit Nitrosaminen verunreinigtes Arzneimittel nur kurzfristig oder lebenslang einnimmt. Jetzt hat die EMA Grenzwerte veröffentlicht, die erstmals auch die Anwendungsdauer des kontaminierten Arzneimittels berücksichtigen.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) meldet Neues zur „Bewertung des Risiko möglicher Nitrosaminverunreinigungen in Humanarzneimitteln mit chemisch synthetischen Wirkstoffen“. Seit Juni dieses Jahres müssen die Zulassungsinhaber aller chemisch-synthetischer Wirkstoffe diese, und zwar unabhängig ob Original oder Generikum, Rx und OTC, auf potenzielle Nitrosaminkontaminationen prüfen. Für die Bewertung hat die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA den Unternehmen sechs Monate Zeit zugestanden, weswegen zunächst die Wirkstoffe geprüft werden sollen, bei denen eine Verunreinigung am wahrscheinlichsten ist. Zur Priorisierung der Untersuchungen sollen Aspekte wie die tägliche Maximaldosis, Behandlungsdauer, Indikation und Zahl der behandelten Patienten beachtet werden.
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Swissmedic/BfArM
Folgen weitere Metformin-Rückrufe?
Dem vorausgegangen waren seit Juni 2018 Funde verschiedener Nitrosamine in Arzneimitteln – Valsartan, Losartan beispielsweise aus der Gruppe der Antihypertonika, es folgten Pioglitazon und Ranitidin, jüngstes Beispiel ist Metformin. Auf europäischer Ebene hat bislang nur die Schweiz, Streuli Pharma, einige Chargen des als Antidiabetikum eingesetzten Biguanids aufgrund von Nitrosaminen zurückgerufen.
Drei Jahre für Tests
Vorgesehen ist, innerhalb der sechs Monate bewertete Wirkstoffe bei entsprechenden Ergebnissen so schnell wie möglich analytisch auf Nitrosamine zu testen, insgesamt gibt die EMA den Herstellern drei Jahre Zeit für alle nötigen Tests und um entsprechende Änderungen der Herstellungsgenehmigung umzusetzen. Welche Grenzwerte toleriert werden, war im September noch unbekannt. Nun ist man weiter.
Wie das BfArM online am 20.12.2019 mitteilte, sei das im September von CMDh und EMA veröffentlichte Q&A-Dokument nun im Dezember „erneut aktualisiert und ergänzt“ worden. „Wichtigste Ergänzung im Dokument sind die Grenzwerte für Nitrosamine bei lebenslanger und kürzer als lebenslanger Anwendung der Arzneimittel“, so die Behörde.
Grenzwerte auch für andere Arzneistoffe als Sartane
Dem EMA-Dokument zufolge werden die langfristigen Grenzwerte für Nitrosamine in Nicht-Sartanpräparaten noch geprüft. Für Sartane hingegen fanden die Grenzwerte für NDMA (Nitrosodimethylamin) und NDEA (N-Nitrosodiethylamin) bereits im Juli 2019 Einzug in die neuen Sartan-Monographien im Europäischen Arzneibuch. Am 20. August hat die europäische Arzneimittelagentur EMA dann auch vorübergehende Grenzwerte für NMBA (Nitroso-N-methyl-4-Aminobuttersäure), DIPNA (N-Nitrosodiisopropylamin) und EIPNA (N-Nitrosoethylisopropylamin) veröffentlicht.
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Grenzwerte für Nitrosamine in Arzneimitteln
Für alle neuen Fälle des Nachweises von Nitrosamin in einem Arzneimittel sollte der Zulassungsinhaber solange die vorläufigen Grenzwerte (ILs, Interim Limits) anwenden, die für eine lebenslange Behandlung berechnet werden und auf einer Tageshöchstdosis des Arzneimittels beruhen. Für NDMA und NDEA wurden diese vorläufigen Grenzwerte (ILs) bereits im Rahmen des Risikobewertungsverfahrens nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG definiert. Für NMBA, NDBA, DIPNA und EIPNA wurden außerdem zusätzliche von der Safety Working Party (SWP) vorläufige Grenzwerte berechnet und vom CHMP und CMDh vereinbart.
Nitrosamin | Vorläufiger Grenzwert (Interim Limit, IL) |
NDMA, NMBA | 96 ng/day |
NDEA, NDBA, DIPNA, EIPNA | 26.5 ng/day |
Grenzwert überschritten?
Wenn diese vorläufigen Grenzwerte nicht überschritten werden, sollen dennoch die zuständigen Behörden über die Höhe der Verunreinigung informiert werden.
Werden die vorläufigen Grenzwerte überschritten, und zwar bei Arzneimitteln, die Patienten nur über eine begrenzte Zeit oder intermittierend (beispielsweise einmal wöchentlich) anwenden, dürfen höhere tägliche Belastungen, sogenannte angepasste vorläufige Grenzwerte oder Zwischengrenzwerte, angewendet werden.
Von einem Tag bis lebenslang: die Nitrosamin-Grenzwerte
Doch wie berechnet man diese? Hier kann nach Ansicht der EMA der in der ICH M7-Richtlinie als „Less Than Lifetime (LTL)-Ansatz“ beschriebene Ansatz zur Berechnung angepasster Zwischengrenzwerte für Verunreinigungen in Arzneimitteln, herangezogen werden.
Nitrosamin-Grenzwerte
Anwendungsdauer | 1 Tag bis 1 Monat | 1 Monat bis 1 Jahr | 1 Jahr bis 10 Jahre | 10 Jahre bis lebenslang |
Tägliche Aufnahme | 80 x IL | 13 x IL | 6,7 x IL | IL |
Nimmt der Patient das Arzneimittel zwischen einem Tag und einem Jahr ein, könne der Zwischengrenzwert das 80-fache des ILs betragen. Bei Einnahmedauer von einem Monat bis einem Jahr, gelte der 13-fache vorläufige Grenzwert. Einnahmedauern zwischen einem Jahr und zehn Jahren lassen mit dem 6,7-fachen IL berechnen, und bei längerer als zehn Jahre dauernder Einnahme gelten die „normalen“ ILs.
Für alle Applikationswege
Hierbei wird zwischen den unterschiedlichen Applikationswegen nicht unterschieden. „Der Risikoansatz ist auf alle Verabreichungswege anwendbar, und es werden keine Korrekturen an den vorläufigen Grenzwerten vorgenommen“, so die EMA. Das gelte solange bis Daten eine andere Vorgehensweise rechtfertigten.
Nichts Neues zu Metformin
Zu Metformin äußert sich das BfArM nicht weiter. Doch gibt sich die Behörde optimistisch hinsichtlich mit Nitrosaminen kontaminierter Arzneimittel: „Es ist nicht zu erwarten, dass sich bei der Herstellung der überwiegenden Mehrheit der Wirkstoffe außerhalb der Klasse der Sartane Nitrosamine bilden“. Auch wenn inzwischen bekannt sei, „dass sich diese Verunreinigungen unter bestimmten Bedingungen während der Produktion und bei der Verwendung bestimmter Lösungsmittel, Reagenzien und anderer Rohstoffe bilden beziehungsweise übertragen werden können“. Insgesamt stuft das BfArM das Risiko als „gering“ ein.
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