NDMA in Ranitidin

USA: Andere Antazida wohl frei von Nitrosaminen

Stuttgart - 25.10.2019, 16:30 Uhr

Es sollen zwar nur die Ergebnisse vorläufiger Tests sein, doch bislang konnte die US-amerikanische Arzneimittelbehörde in anderen Antazida neben Ranitidin keine Nitrosamin-Verunreinigung finden. (Foto: Slavko Sereda / stock.adobe.com)

Es sollen zwar nur die Ergebnisse vorläufiger Tests sein, doch bislang konnte die US-amerikanische Arzneimittelbehörde in anderen Antazida neben Ranitidin keine Nitrosamin-Verunreinigung finden. (Foto: Slavko Sereda / stock.adobe.com)


Nitrosamine im Antazidum Ranitidin – weltweit prüfen die Arzneimittelbehörden gerade diesen neuen Fall potenzieller Arzneimittel-Verunreinigungen. Sowohl in Kanada, den USA als auch in Deutschland gab es in den letzten zwei Wochen weitere Rückrufe. Nun scheint die US-amerikanische Arzneimittelbehörde für andere Antazida neben Ranitidin zunächst Entwarnung geben zu können. In Europa gibt es währenddessen nur noch zwei Wirkstoffhersteller für Ranitidin mit gültigem Zertifikat, das die Qualität des Wirkstoffs soweit bestätigt, dass eine Prüfung nach Arzneibuch ausreichend ist.

Seit dem Sommer 2018 und den damals bekannt gewordenen Nitrosamin-Verunreinigungen in Valsartan, hat sich die Welt der Pharmazie verändert. Derzeit müssen in Europa alle Marktzulassungsinhaber für Humanarzneimittel, die chemisch synthetisierte Wirkstoffe enthalten, ihre Arzneimittel seit dem 26.09.2019 „vorsorglich“ auf das mögliche Vorhandensein von Nitrosaminen prüfen. Die europäische Arzneimitelbehörde prüft außerdem noch, ob in Zukunft auch für nicht chemisch synthetisierte Arzneimittel entsprechende Leitlinien erstellt werden. 

Aktuell findet auch eine europäische Konferenz (23.- 25 Oktober) zum Thema Wirkstoffherstellung in Prag statt. Eine Presseteilnahme war auf Anfrage leider nicht möglich – auch die seit dem Sommer 2018 viel diskutierten Nitrosamin-Verunreinigungen sollten dort Thema sein.

USA: Weitere Prüfmethode und weitere Rückrufe

Der letzte konkrete und intensiv untersuchte Nitrosamin-Fall dreht sich rund um das Antazidum Ranitidin. Die Prüfung durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA kann auf deren Internetauftritt mitverfolgt werden. Dort findet sich nicht nur der Zeitplan für das Verfahren – laut dem zum Dezember 2019 eine Empfehlung durch den Humanarzneimittelausschuss der EMA erwartet wird (CHMP) –, sondern auch eine Liste der Fragen, die die Unternehmen bis zum gestrigen Donnerstag beantworten sollten.

Die neueste Meldung zum Fall Ranitidin stammt nun aber von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA vom vergangenen Mittwoch: Erstens macht die FDA auf eine weitere Testmethode für NDMA in Ranitidin aufmerksam, die wohl praktikabler sein soll, als die vor Kurzem veröffentlichte. (Zur Erinnerung: Die Testmethode der Online-Apotheke Valisure mit angeschlossenem Labor, war von der FDA nicht akzeptiert worden, weil sich dort durch die hohen Temperaturen während der Analyse NDMA bildet.) Zweitens wird auf weitere freiwillige Rückrufe durch die Unternehmen Dr. Reddy’s Laboratories Ltd (OTCs vertrieben durch Walgreens, Walmart, CVS, Target, Kroger) und Sanofi (Zantac®) hingewiesen.

Drittens sollen vorläufige Tests der FDA nun ergeben haben, dass neben Ranitidin keine weiteren Antazida mit NDMA verunreinigt sind. Wie zuvor schreibt die FDA, dass Patienten, die Ranitidin verschrieben bekommen und die Einnahme beenden wollen, mit ihrem Arzt sprechen sollten. Wer Ranitidin als OTC-Arzneimittel einnimmt, solle auf andere Präparate in der entsprechenden Indikation umsteigen.

FDA findet kein NDMA in Famotidin, Cimetidin, Esomeprazol, Lansoprazol und Omeprazol  

Die US-Online-Apotheke Valisure, die die Arzneimittelbehörden auf NDMA in Ranitidin aufmerksam machte, ging von Anfang an davon aus, dass die Instabilität von Ranitidin einzigartig zu sein scheint: Laut Valisure gibt es viele alternative Antazida zu Ranitidin, die eingesetzt werden können – und auch von Valisure auf NDMA getestet wurden: In Cimetidin, Famotidin, Omeprazol, Esomeprazol, Lansoprazol, Pantoprazol, Rabeprazol und Dexlansoprazol wurde kein NDMA durch Valisure gefunden.

Vorläufige Tests der FDA sollen nun auch ergeben haben, dass Famotidin (Pepcid®), Cimetidin (Tagamet®), Esomeprazol (Nexium®), Lansoprazol (Prevacid®) und Omeprazol (Prilosec®) zum aktuellen Zeitpunkt kein NDMA enthalten.

Mehr zum Thema

Nitrosamin-Spuren in Fertigarzneimitteln

Hexal: Weiterer Ranitidin-Rückruf

In Deutschland verriet Anfang Oktober ein Blick auf die bisherige Rückrufliste der AMK und ein Blick in die Lauer-Taxe, dass (noch) nicht alle Ranitidin-Präparate zurückgerufen worden sind. Zumindest die Ranitidin-Präparate in der rezeptfreien Dosierung mit 75 mg scheinen aber alle gänzlich nicht mehr im Handel zu sein. Bislang gar nicht vom Rückruf betroffen scheinen die Aliud Pharma GmbH, die Axcount Generika GmbH und die Stadapharm GmbH zu sein (Aliud gehört zur Stada Gruppe, Axcount zum Bristol Laboratories Ltd. Konzern).

EU: Nur noch zwei Wirkstoffhersteller mit gültigem CEP 

Gelangt NDMA nun also über den Hersteller ins Ranitidin oder führt die grundsätzliche Instabilität des Wirkstoffs in allen Präparaten – unabhängig vom Hersteller – zu Verunreinigungen? Diese Frage bleibt noch immer unbeantwortet. Allerdings: Während das BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) am 17. September noch davon sprach, dass nur die Arzneimittel in der Europäischen Union zurückgerufen werden, „die den von dem Wirkstoffhersteller Saraca Laboratories Limited hergestellten Wirkstoff Ranitidin enthalten“, zeichnete sich bereits ab, „dass auch der Wirkstoff weiterer Wirkstoffhersteller von der Verunreinigung betroffen sein könnte.“

Und tatsächlich: Ein Blick in die CEP-Datenbank (Certificate of Suitability of Monographs of the European Pharmacopoeia) des EDQM (Europäisches Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln) zeigt, dass mittlerweile nur noch zwei Wirkstoffhersteller über CEPs für Ranitidin verfügen. Zur Erinnerung: Ein CEP belegt, dass eine Monographie des Europäischen Arzneibuchs geeignet ist, die Qualität eines Wirkstoffs angemessen zu prüfen. 

Am 11. Oktober wurde das CEP von Union Quimico Farmaceutica, S.A. in Spanien ausgesetzt, ebenso von Dr. Reddy's Laboratorie Limited und SMS Pharmaceuticals  Limited in Indien. Am 7. Oktober wurde außerdem das CEP durch den chinesischen Wirkstoffhersteller CSPC Zhongnuo Pharmaceutical Shijiazhuang Co., Ltd. selbst zurückgezogen. 

Damit bleiben zwei indische Wirkstoffhersteller mit gültigem CEP für Ranitidin in der EU übrig: Solara Active Pharma Sciences Limited und Orchev Pharma Pvt. Ltd.. Letzteres Unternehmen betitelt sich selbst als „leading manufacturer of Ranitidine Hydrochloride“.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.