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Kleine Anfrage Zum Rx-Versandhandel
BMG weiß nichts über Inspektionen bei EU-Versendern
Nach wie vor ist das BMG dem Auskunftsersuchen des OLG München zur Rechtfertigung der Rx-Preisbindung nicht nachgekommen – obwohl es sich dazu durchaus verpflichtet sieht. Es macht sich auch keine Sorgen um die Überwachung niederländischer Versandapotheken. Und zu etwaigen Kontaktaufnahmen von Vertretern der EU-Versandapotheken in der Ära Spahn hat es wenig Erkenntnisse – die Antworten des BMG auf die detaillierte Kleine Anfrage der Linksfraktion rund um den Rx-Versandhandel fallen wieder einmal mager aus. Immerhin glaubt man im BMG an das geplante sozialrechtliche Rx-Boni-Verbot – das letzte Wort habe aber auch hier der EuGH.
Die Linksfraktion hat dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) kürzlich einen umfangreichen Fragenkatalog rund um „Ursachen und Folgen der Stärkung des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln“ vorgelegt. Unterfüttert mit zahlreichen Quellen zeigte die Kleine Anfrage bereits in der Vorbemerkung zahlreiche virulente Punkte auf, um die sich sodann 29 Fragen rankten. Zum Beispiel: Hat sich das BMG mittlerweile zum Auskunftsersuchen des Oberlandesgerichts (OLG) München geäußert, inwieweit die Rx-Preisbindung zur Sicherstellung einer hochwertigen Arzneimittelversorgung beiträgt? Wie steht es um die Überwachung der sogenannten Grenzapotheken, wie etwa DocMorris eine ist? Wer ist dafür zuständig und was weiß das BMG dazu? In welchem Umfang gab es nach dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 Kontakte von EU-Versandapotheken-Vertretern mit der Bundesregierung? Spielt die geplante PTA-Reform, mit der mehr Aufgaben an PTA ohne Aufsicht des Apothekers übertragen werden sollen, nicht gerade Versandapotheken in die Hände? Und warum hält das Ministerium ein Rx-Boni-Verbot im Sozialrecht für europarechtskonform?
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Das BMG hätte die Möglichkeit gehabt zu vielen spannenden Fragen Stellung zu beziehen. Doch die Antwort fällt zumeist dünn aus. Schon die sonst übliche Vorbemerkung der Bundesregierung ist diesmal weggefallen – es wird vielmehr direkt auf die Fragen eingegangen. Was das Münchener Auskunftsersuchen aus dem Februar 2018 betrifft, so erklärt das Ministerium nun immerhin, dass man mit dem Gericht in Kontakt stehe und es auf das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Apothekenreform hingewiesen habe. Im Übrigen bleibt es bei einer bereits Anfang Juli erklärten Aussage zum Thema: Die Bundesregierung befindet sich zum weiteren Vorgehen noch im Abstimmungsprozess. Klar ist dem BMG allerdings, dass es nicht untätig bleiben kann. Es räumt ein, dass Behörden wie das BMG grundsätzlich im Wege der Amtshilfe verpflichtet sind, einem gerichtlichen Auskunftsersuchen nachzukommen.
Kontaktversuche werden nicht erfasst
Bei der Frage nach den Kontakten und Kontaktversuchen seitens ausländischer Versender verweist die Antwort darauf, dass Regierungsvertreter von vielen Interessenvertretern kontaktiert werden. Es gebe Gespräche im Rahmen von Besuchen, Reisen oder Arbeitsessen, aber auch Telefonate. „Eine Verpflichtung zur Erfassung entsprechender Daten, auch für Kontaktversuche, besteht nicht und ließe sich angesichts der hohen Zahl an Gesprächen und Gesprächsanfragen auch nicht nachträglich zusammenstellen“. Dennoch führt das BMG vier Kontakte auf, die von DocMorris oder dem Verband der EU-Versandapotheken (EAMSP) ausgingen. Drei davon aus den Jahren 2016 und 2017 betrafen noch Ex-Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sowie die frühere SPD-Wirtschaftsministern Brigitte Zypries, die DocMorris vor zwei Jahren sogar besuchte. Zum amtierenden Minister Jens Spahn ist lediglich eine Gesprächsanfrage des EAMSP aufgeführt. In diesem Gespräch solle es auch um die Streichung des § 78 Abs. 1 Satz 4 Arzneimittelgesetz gegangen sei. Doch diese Angaben, so räumt das BMG ein, sind „möglicherweise nicht vollständig“.
Wer prüft die niederländischen Versandapotheken?
Nachgehakt hatte die Linksfraktion zudem in Sachen Überwachung: Wer ist für die großen niederländischen Versender zuständig? Die niederländischen Behörden? Oder können bei den sogenannten Grenzapotheken auch die deutschen Behörden tätig werden? Die Niederländer sehen hierfür offenbar eine Möglichkeit. Für das BMG ist die Sache aber klar: „Die Niederlande regeln und vollziehen die Überwachung der Apotheken in ihrem Hoheitsgebiet in eigener Zuständigkeit. Deutsche Behörden können durch niederländisches Recht grundsätzlich nicht zu Überwachungsmaßnahmen in den Niederlanden verpflichtet werden“. Ob die Bundesregierung von niederländischen Inspektionen wusste? Darüber liegen ihr „keine konkreten Erkenntnisse“ vor. Aber: „Die Bundesregierung steht diesbezüglich mit den niederländischen Behörden im Kontakt“. In einem Schreiben vom 28. Februar 2019 habe eine Vertreterin der niederländischen „Inspectie Gezondheidszorg en Jeugd“ mitgeteilt, dass „grundsätzlich alle niederländischen Apotheken“ überwacht würden. „Keine detaillierten Kenntnisse“ hat das BMG übrigens auch darüber, ob überprüft wird, dass die Vorgaben der sogenannten Länderliste eingehalten werden – konkret, ob niederländische Versandapotheken tatsächlich auch eine Präsenzapotheke unterhalten, wie es diese Liste fordert.
Weiterhin wollten die Linken genauer wissen, was die Bundesregierung über die schwierigen Bemühungen weiß, festgesetzte Bußgelder gegen EU-Versandapotheken einzutreiben. Doch auch dazu liegen dem BMG „keine Erkenntnisse“ vor. Für die Zukunft sieht das Ministerium das Problem allerdings behoben – wenn sein Apotheken-Stärkungsgesetz wie geplant kommt. Denn dort sind Vertragsstrafen vorgesehen, wenn Apotheken, für die der Rahmenvertrag gilt und die Arzneimittel als Sachleistung an GKV-Versicherte abgeben, nicht die Rx-Festpreise einhalten. Um die Durchsetzung der Zahlung zu erleichtern, kann die Berechtigung zur weiteren Versorgung von GKV-Versicherten bis zur vollständigen Begleichung der Vertragsstrafe ausgesetzt werden.
Neues Rx-Boni-Verbot soll auch das GKV-System schützen
Etwas ausführlicher legt das BMG dar, warum es sein geplantes sozialrechtliches Rx-Boni-Verbot für „EU-fester“ hält als die arzneimittelrechtliche Preisbindung. Zu letzterer hatte der EuGH entschieden, dass diese nicht mit dem Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt werden könne, da sie nicht geeignet sei, die angestrebten Ziele (flächendeckende Versorgung) zu erreichen. „Die Begründung für die Notwendigkeit des neuen Rabattverbots, das auf das System der gesetzlichen Krankenversicherungen beschränkt ist, ist jedoch eine andere, zu der der EuGH naturgemäß noch nicht Stellung genommen hat“, so das BMG in seiner Antwort. So diene das neue Verbot nicht nur einer flächendeckenden Apothekenversorgung, sondern es gewährleiste vor allem die Umsetzung des Sachleistungsprinzips und des Solidaritätsprinzips im Rahmen des GKV-Systems. „Es dient damit der Intaktheit des Gesundheitswesens insgesamt“.
Zudem weist das BMG darauf hin, dass die Ausgestaltung des Rechts der GKV als wesentlicher Teil der Organisation des nationalen Gesundheitssystems grundsätzlich der Verantwortung der Mitgliedstaaten unterliegt. Dennoch verblieben europarechtliche Risiken, räumt das BMG ein. Deshalb werde die Bundesregierung den Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken der EU-Kommission vorlegen und deren Stellungnahme berücksichtigen. Am Ende bleibe aber abzuwarten, wie der EuGH entscheiden werde.
Keine Einschätzung möglich, keine vorliegenden Erkenntnisse
Weitere Antworten des BMG fallen vager aus. Zur Frage, welche Auswirkungen etwa die geplanten erweiterten Kompetenzen für PTA auf den Versand haben könnten, heißt es etwa, dass die Verantwortung, das Apothekenpersonal entsprechend seiner Qualifikation, Ausbildung und Kenntnisse ordnungsgemäß einzusetzen, bei der Apothekenleitung liege. Eine Einschätzung der Auswirkungen erweiterter Kompetenzen für PTA auf den Personaleinsatz in Versandapotheken könne die Bundesregierung daher nicht abgeben.
Die Linke hatte auch wissen wollen, welche Rückschlüsse das
BMG aus den Äußerungen des Zur-Rose-Chefs Walter Oberhänsli zieht, mit dem
E-Rezept könnten EU-Versender einen Rx-Marktanteil von 10 Prozent erlangen.
Dazu heißt es nur: „Die Bundesregierung nimmt zu Meinungsäußerungen von
Firmenvertretern keine Stellung“. Ob es eine Verschiebung von Marktanteilen
durch das E-Rezept geben wird, lasse sich „wegen der Vielzahl der hier zu
beachtenden Faktoren“ nicht abschließend einschätzen. Doch das BMG verweist
erneut auf seine Gesetzespläne, mit denen die freie Apothekenwahl der Patienten
auch nach Einführung des E-Rezeptes erhalten bleibe.
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Nicht zuletzt hatte die Linke auch nachgehakt, was die Preisgabe der Rx-Preisbindung für die Buchpreisbindung im grenzüberschreitenden Handel bedeuten würde. Auch hier ist die Antwort knapp: „Ein Zusammenhang zur Buchpreisbindung besteht nicht. Die Bundesregierung hält das Buchpreisbindungsgesetz für vereinbar mit dem Unionsrecht“.
Die Linken-Abgeordnete Sylvia Gabelmann hätte sich auch mehr von der Antwort erhofft. Einige Aussagen sind für sie auch schlicht nicht nachvollziehbar. Die geplante schnelle Einführung des E-Rezepts etwa hält sie für grob fahrlässig, wenn es nicht einmal eine belastbare Einschätzung zu den Auswirkungen gebe. Ernüchternd ist für sie auch, dass sich offensichtlich niemand für die Überwachung der Grenzapotheken zuständig fühlt: „Die Niederländer verweisen auf Deutschland, die Länderbehörden verweisen auf den Bund, und der Bund wiederum auf die Länder bzw. Niederländer. Und so fühlt sich am Ende niemand für die Prüfung der Versandapotheken zuständig“.
Hier finden Sie die komplette Kleine Anfrage mit Antwort.
4 Kommentare
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von Thomas Beck am 25.07.2019 um 18:18 Uhr
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BMG weiß nichts......
von Stefan Meinhardt am 25.07.2019 um 16:44 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Kleine Anfrage ... k(l)eine Antwort ... von BlamabelMittlererGüte ...
von Christian Timme am 25.07.2019 um 14:05 Uhr
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Noch Fragen?
von Reinhard Rokitta am 25.07.2019 um 13:27 Uhr
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