- DAZ.online
- News
- Politik
- Grüne wollen höheres ...
Antrag zur Apothekenversorgung
Grüne wollen höheres Packungshonorar für kleine Apotheken
Die Grünen-Bundestagsfraktion hat andere Vorstellung von Reformen im Apothekenmarkt als der Bundesgesundheitsminister. Sie hat nun einen Antrag vorgelegt, mit dem sie fordert, die Höhe der packungsabhängigen Vergütung an den Umsatz der abgebenden Apotheke zu koppeln. Kleine Apotheken sollen also mehr pro Rx-Packung erhalten als große (Versand-)Apotheken. Weiterhin sollen deutschen Apotheken Rx-Boni in Höhe der Zuzahlung erlaubt und die Regelungen zum Mehrbesitz gelockert werden.
„Als Experten der Arzneimittelversorgung können Apothekerinnen und Apotheker ein Plus an medizinischer Behandlungsqualität, bessere Arzneimittelsicherheit und weniger Fehlmedikationen schaffen. Sie sind häufig erste Anlaufstellen im Krankheitsfall und gewährleisten die Arzneimittelversorgung am Tag und in der Nacht. Sinnvoll vernetzt mit Ärztinnen und Ärzten sowie weiteren Gesundheitsberufen, ist diese pharmazeutische Kompetenz vor Ort – egal, ob in Stadt-, Land- oder Randlagen, egal, ob mit oder ohne Versandhandel – unverzichtbar“.
Dies stellt die Bundestagsfraktion der Grünen in ihrem Antrag zur „Sicherung einer patientennahen und bedarfsgerechten Arzneimittelversorgung durch Apotheken“ gleich zu Beginn fest. Doch die bedarfsgerechte Apothekenversorgung sei in Zukunft keinesfalls garantiert – dies zeigten verschiedene Gutachten. Konkret nennt die Fraktion das Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums zur Arzneimittelpreisverordnung von 2017 sowie das der Noweda in Kooperation mit dem Deutschen Apotheker Verlag aus dem gleichen Jahr. Beide sehen 7.600 oder mehr Apotheken in ihrer Existenz gefährdet. Um für künftige Herausforderungen gerüstet zu sein, seien die Vergütung und die Rahmenbedingungen der Apotheker schnellstmöglich zu reformieren, heißt es im Grünen-Antrag.
Mehr zum Thema
Boni-Verbot, Impfen, Honorar, Dauerverordnungen
Das ist Spahns Apothekenreform im Überblick
May/Bauer/Dettling-Expertise jetzt als Buch
Gutachten: Gute Gründe fürs Rx-Versandverbot
Inspiration durch Basis-Apotheker
Und wie das geschehen soll, dafür haben Sie einige Ideen, die die Regierung in einen Gesetzentwurf einfließen lassen soll. Beim ersten Punkt von insgesamt sieben haben sie sich von den Basis-Apothekern um Gunnar Müller inspirieren lassen: Die Höhe der packungsabhängigen Vergütung für die Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels soll an den Umsatz der abgebenden Apotheke koppelt werden, „um so einer der Versorgung nicht zuträglichen Konzentration auf wenige große (Versand-)Apotheken entgegenzuwirken“. Die Grünen-Arzneimittelexpertin Kordula Schulz-Asche erläutert: „Es leuchtet überhaupt nicht ein, warum Krankenkassen großen wie kleinen Apotheken und Apothekenunternehmen gleich hohe Vergütungen für ihre Leistungen zahlen, wenn deren Kostenstrukturen doch ganz unterschiedlich sind“. Große Apothekenunternehmen, etwa Versandapotheken, hätten beispielsweise viel geringere Lagerkosten pro Arzneimittelpackung. Auf diese Unterschiede wollen die Grünen mit einem neuen Vergütungsmechanismus eingehen. Im Antrag heißt es, schon eine Reduzierung der packungsabhängigen Vergütung von einem Euro für die umsatzstärksten 10 Prozent der Apotheken könnte ein Umverteilungspotenzial zugunsten kleinerer Apotheken im dreistelligen Millionenbereich bedeuten. Rund 60 Prozent der Apotheken, die einen durchschnittlichen Umsatz von derzeit bis zu 2,31 Millionen Euro haben, würden bei einer solchen Umstellung nicht belastet, so die Grünen weiter. Im Gegenteil: Sie könnten sogar begünstigt werden.
Rx-Boni für alle und gelockerter Mehrbesitz ohne Ketten
Dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016 zur Rx-Preisbindung wollen die Grünen damit begegnen, dass die „Benachteiligung inländischer Apotheken“ aufgehoben wird. Sie sollen also auch Rx-Boni geben dürfen. Allerdings nur im begrenzten Rahmen, nach Vorstellung der Fraktion bis zur Höhe der Patientenzuzahlung. „Somit würde vermieden, dass Patienten für die Einreichung von Rezepten Geld als Gegenleistung erhalten“. Eine weitere Antwort auf das EuGH-Urteil sollte aus Grünen-Sicht eine grundlegende Reform der Besteuerung sein. Diese müsse sicherstellen, dass Unternehmen im Zeitalter einer sich digitalisierenden Wirtschaft dort einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung der Infrastruktur und des Gemeinwohls leisten, wo sie wirtschaftlich aktiv sind.
Mehr zum Thema
ABDA, Hausärzte, CDU, Linke, FDP, BAH
Das sind die Reaktionen auf Spahns Apothekenreform-Entwurf
DAZ-Interview mit Kordula Schulz-Asche (Grüne)
„Ich möchte keine Apothekenketten“
Honorar für heilberufliche Kompetenz, vor allem fürs Medikationsmanagement
Die weiteren Ideen der Grünen: Die heilberuflichen Kompetenzen der Apotheker sollen gezielter honoriert werden, indem insbesondere das Medikationsmanagement – nach dem Vorbild von ARMIN – aufgewertet wird. Zudem soll den besonderen Versorgungsbedürfnissen strukturschwacher und sozial benachteiligter Regionen dadurch Rechnung getragen werden, dass „flexiblere Versorgungsangebote“ ermöglicht werden. Es soll geprüft werden, von welchen der zahlreichen formalen Bedingungen für Apotheken abgewichen werden könne, um in dünn besiedelten Regionen den Betrieb zu erleichtern. Einfacher werden soll es auch im Hinblick auf die Besitzverhältnisse und das Bedürfnis jüngerer Pharmazeuten angestellt und flexibel arbeiten zu können. Daher sollten die Vorgaben zur erlaubten Anzahl von Filialapotheken gelockert und der Betrieb von Apotheken auch von mehreren Pharmazeuten gemeinschaftlich erleichtert werden. Diese Lockerung dürfe aber nur unter bestimmten Bedingungen möglich sein, „um eine Ketten-Bildung zu vermeiden“, wie die Grünen betonen.
Botendienst ausgebaut und gezielt honoriert
Außerdem soll der Botendienst ausgebaut und gezielt honoriert werden, sodass für immobile Patientinnen und Patienten bei Bedarf eine Versorgung mit Arzneimitteln inklusive Beratung bis an die Haustür gewährleistet wird. Und auch für mehr Qualität im Botendienst und Versandhandel soll gesorgt werden. Unter anderem, indem insbesondere ab Temperaturen von 25° Celsius eine durchgehende Kühlung der Arzneimittel verbindlich vorgeschrieben wird.
Mehr zum Thema
Apotheken-Stärkungsgesetz
205 Millionen Euro mehr für Apotheken
Arzneimittel per Bote und aus Abholfächern
Abgabe ohne persönlichen Kontakt – geht das?
Schulz-Asche: Referentenentwurf von Jens Spahn löst kein Problem, sondern verursacht nur Mehrkosten
Schulz-Asche glaubt mit diesen Vorschlägen weit mehr für die Apotheken erreichen zu können: „Der Referentenentwurf von Jens Spahn löst dagegen kein einziges Problem. Er sieht Mehrausgaben von jährlich knapp 200 Millionen Euro für die Versichertengemeinschaft vor, die aber weiter nur per Gießkannensystem verteilt werden sollen. Damit erhalten die ohnehin schon wirtschaftlich stabilen Apotheken den größten Anteil der Ausgaben und den Kleinen ist weiterhin nicht geholfen. Das zeigt, dass es hier intelligentere Lösungen braucht, als einfach nur wieder das Portemonnaie anderer zu öffnen."
8 Kommentare
Boni
von Alexander Zeitler am 17.04.2019 um 1:24 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Rabatte bitte
von Stefan Haydn am 16.04.2019 um 19:59 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Haben die Grünen auch BWL'er
von Heiko Zimny am 16.04.2019 um 19:21 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Boni
von Conny am 16.04.2019 um 14:15 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
RX-Boni
von Kleiner Apotheker am 16.04.2019 um 13:37 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
..
von Jan Kusterer am 16.04.2019 um 12:18 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
.
von Anita Peter am 16.04.2019 um 12:06 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.