Stellungnahme zum GSAV

ABDA: E-Rezept ja, Fernverordnungen nein

Berlin - 19.12.2018, 07:00 Uhr

Digitale Rezepte ja, aber bitte nicht aus Online-Praxen aus dem Ausland: Die ABDA protestiert dagegen, dass Apotheken künftig generell Rezepte beliefern sollen, die aus einem nicht-direkten Arztkontakt resultieren. (Foto: Imago)

Digitale Rezepte ja, aber bitte nicht aus Online-Praxen aus dem Ausland: Die ABDA protestiert dagegen, dass Apotheken künftig generell Rezepte beliefern sollen, die aus einem nicht-direkten Arztkontakt resultieren. (Foto: Imago)


Am gestrigen Montag fand im Bundesgesundheitsministerium eine Verbändeanhörung zum Entwurf für das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) statt. Damit will das BMG unter anderem die Importförderklausel ändern, die Vergütung von Zyto-Apothekern fixieren und die Einführung des E-Rezeptes beschleunigen. Die ABDA begrüßt zwar das grundsätzliche Anliegen des Gesetzgebers, die Sicherheit in der Arzneimittelversorgung zu erhöhen. Doch sie übt auch Kritik und hat zudem einige Vorschläge, was sonst noch in dem Gesetz untergebracht werden könnte.

Mit dem Entwurf zum GSAV legte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kürzlich seinen ersten Entwurf über ein Gesetz für den Arzneimittelmarkt vor. In erster Linie geht es in dem Vorhaben darum, auf die jüngsten Arzneimittelskandale zu reagieren. Einige der Neuregelungen sind auch für Apotheker relevant. Zum Beispiel sollen Kassen, Apotheker und Ärzte innerhalb von sieben Monaten wichtige vertragliche Regelungen beschließen, damit das E-Rezept eingeführt werden kann.

Außerdem will das BMG das sogenannte Fernverordnungsverbot wieder aufheben. Erst 2016 hatte der Bundestag beschlossen, dass Apotheker Arzneimittel nicht mehr abgeben dürfen, wenn sie offensichtlich aus einem nicht-direkten Arzt-Patienten-Kontakt resultieren. Damit wollte man dem Geschäftsmodell der Londoner Arzt-Praxis DrEd einen Strich durch die Rechnung machen. Weiterhin will Minister Spahn mit dem GSAV erreichen, dass Biosimilars künftig auf Apotheken-Ebene ausgetauscht werden dürfen.

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ABDA: Online-Arztpraxen im Ausland verordnen nicht gut

In ihrer schriftlichen Stellungnahme zu dem Entwurf protestiert die ABDA gegen die vorgesehene ersatzlose Streichung des sogenannten „DrEd-Verbots“. Dies könne die Patientensicherheit gefährden. Hintergrund für die geplante Aufhebung des erst 2016 normierten Verbots ist der Wunsch, auch im Rahmen von Fernbehandlungen Rezepte ausstellen zu können. Die ABDA weist allerdings darauf hin, dass die vom Deutschen Ärztetag beschlossene Änderung der Musterberufsordnung die ausschließliche Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien im Sinne des Patientenschutzes nur im Einzelfall erlaube. Dem müsse auch bei der Abgaberegelung Rechnung getragen werden.

Die Standesvertretung moniert in ihrer Stellungnahme, dass es Anbietern der grenzüberschreitenden Fernbehandlung, wie etwa DrEd, die sich oft auf die Verordnung von Kontrazeptiva oder Lifestyle-Mittel konzentrieren, an Parametern für ein Mindestmaß an Anforderungen für die Ausstellung ärztlicher Verschreibungen fehle. Damit könnte das mit der Verschreibungspflicht verfolgte Ziel einer angemessenen Beurteilung der Notwendigkeit einer Verschreibung unterlaufen werden.

ABDA will das E-Rezept zügig einführen

Gegen die zügige Einführung des E-Rezeptes spricht aus Sicht der ABDA hingegen nichts: Sie wird von der Standesvertretung grundsätzlich begrüßt. Zunächst müssten allerdings die beteiligten Leistungserbringerorganisationen gemeinsam Eckpunkte hierfür schaffen. In einem ersten Schritt sollten die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, Deutscher Apothekerverband und GKV-Spitzenverband die Rahmenbedingungen festlegen, in denen es um Inhalt, Struktur und Vorgaben zur Erstellung des Verordnungsdatensatzes geht, soweit die Interessen aller Beteiligten betroffen sind. Dass eine solche dreiseitige Herangehensweise funktioniere, habe man bei der Grundsatzvereinbarung zum Medikationsplan gesehen. Ferner regt die ABDA Regelungen an, die die Verwendung von E-Verschreibungen auch bei der Versorgung von privatversicherten Patienten und Selbstzahlern rechtssicher ermöglichen.

Aus Apothekersicht könnte sich durch das GSAV beim Thema E-Rezept allerdings noch ein weiteres Problem ergeben: Denn den Ärzten, Kassen und Apothekern wurden für die Umstellungen für das E-Rezept sieben Monate Zeit gegeben. Diese neuen Vereinbarungen dürften also erst im Jahr 2020 in Kraft treten. In Baden-Württemberg arbeiten die Apotheker (Kammer und Verband) derzeit allerdings an einem Testprojekt mit dem E-Rezept, das schon 2019 starten soll.

ABDA will die Importförderklausel komplett streichen

Im vorgesehenen Wegfall der 15-Euro-Grenze in der Importförderklausel sieht die ABDA „einen ersten Schritt in die richtige Richtung“. Er reiche aber noch nicht weit genug. „Wir fordern die komplette Abschaffung der Importförderklausel (§ 129 Abs. 1 Nr. 2 SGB V), da ihr wirtschaftlicher Nutzen fraglich ist“, heißt es in der Stellungnahme. Die auf dieser Grundlage zu vereinbarende Importquote entfalte keine sinnvolle Steuerungswirkung zur Abgabe preisgünstiger Arzneimittel.

Kritisch sieht die ABDA auch, dass Biosimilars künftig den gleichen Austauschregeln unterliegen sollen wie Generika. Apotheken sollen also zur Abgabe eines preisgünstigen Biosimilars verpflichtet sein, wenn der Arzt kein Aut-idem-Kreuz gesetzt hat. „Dies hat kritische Auswirkungen in mehreren Bereichen“. So sei bei der Anwendung der „austauschbaren Darreichungsformen“ zu bedenken, dass es sich bei Biologicals mehrheitlich um parenteral anzuwendende Arzneimittel handelt. Bei diesen sei von einer erhöhten Sensibilität der Anwender auszugehen, für die schon kleine Änderungen in der Art der Applikation zu massiver Verunsicherung bis hin zur Non-Compliance führen könnten.

Biosimilars: ABDA hält die Austauschbarkeit in der Apotheke für möglich

Grundsätzlich hält die ABDA die Austauschbarkeit von Biosimilars nach Festlegung durch den G-BA in den Apotheken jedoch für durchführbar. Es dürfe dabei aber nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich im Vergleich zu klassischen Arzneimitteln um eine junge Wirkstoffgruppe handele und es nur eine überschaubare Zahl von Studien zum Austausch von Biosimilars gebe. Kritik an der Regelung zum Biosimilar-Austausch gab es übrigens auch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie dem Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker.

ABDA zu Zyto-Preisen: 110 Euro reichen nicht

Die geplante Anhebung des Arbeitspreises für die Herstellung parenteraler Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln der Onkologie begrüßt die Standesvertretung wiederum grundsätzlich. Doch auch hier gibt es einige Bedenken. So sei der nun vorgesehene Zuschlag von 110 Euro pro applikationsfertiger Einheit für die Apotheken „nicht auskömmlich“, erklärt sie unter Verweis auf ein Gutachten des Verbandes der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA). Demnach sei ein einheitlicher Arbeitspreis von 129 Euro pro applikationsfertiger Einheit nötig, um die flächendeckende Versorgung mit Sterilzubereitungen zu sichern.

Dieser Arbeitspreis sei überdies für die Herstellung aller parenteralen Lösungen festzusetzen, da der apparative und personelle Aufwand unabhängig davon sei, ob Lösungen mit Zytostatika, monoklonalen Antikörpern, Folinaten oder Schmerz- oder Ernährungslösungen hergestellt würden. Die Kritik an den Regelungen zu Zytozubereitungen geht allerdings noch weiter. Unter anderem hält die ABDA zur Abdeckung von Risiken bei diesen teuren Arzneimitteln weiterhin einen Aufschlag von mindestens 3 Prozent auf den Einkaufspreis für notwendig.

Weiterhin begrüßt die ABDA die geplante Einschränkung der Genehmigungspflicht bei der Versorgung GKV-Versicherter mit Medizinal-Cannabis. Allerdings müsste die konkrete Formulierung eindeutiger formuliert sein. Zudem regt die ABDA zur Vermeidung rechtlicher Auseinandersetzung an, in § 31 SGB V klarzustellen, dass Apotheken bei der Versorgung der Versicherten mit den fraglichen Cannabis-Arzneimitteln das Vorliegen einer Genehmigung nicht prüfen müssen.

Nicht zuletzt nutzt die ABDA die Stellungnahme auch, um weiteren Regelungsbedarf anzumelden. Grundlage dafür sind zum Teil Beschlüsse des vergangenen Deutschen Apothekertags. So hatte die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker den Gesetzgeber aufgefordert, Konstrukte zu untersagen, die eine flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln über den vollversorgenden Großhandel gefährden – dies geschieht nun über die GSAV-Stellungnahme. Zudem fordert die ABDA, durch gesetzliche Klarstellungen das Rezeptur- und Defekturprivileg der Apotheken zu stärken. Hintergrund sind Gerichtsentscheidungen, die in diesem Bereich zu erheblicher Unsicherheit geführt haben – dabei ging es unter anderem um die Frage, was ein „wesentlicher Herstellungsschritt“ ist.

Der Referentenentwurf wird nun voraussichtlich vom BMG überarbeitet und anschließend ins Kabinett und dann ins parlamentarische Verfahren eingebracht. Derzeit ist geplant, dass es in weiten Teilen im Sommer 2019 in Kraft tritt.

Hier finden Sie die ABDA-Stellungnahme zum GSAV-Entwurf im Volltext.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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