Eurapon, Apo-Rot und Medpex

So kauft Zur Rose trotz Fremdbesitzverbot deutsche Versender 

Stuttgart - 08.11.2018, 07:00 Uhr

Zur Rose darf in Deutschland keine Apotheken betreiben, trotzdem mischt das Unternehmen kräftig mit im Markt. (m / Foto: Zur Rose)

Zur Rose darf in Deutschland keine Apotheken betreiben, trotzdem mischt das Unternehmen kräftig mit im Markt. (m / Foto: Zur Rose)


Eurapon aus Bremen, Apo-Rot aus Hamburg, Medpex aus Ludwigshafen – der DocMorris-Mutterkonzern, die Schweizer Zur Rose Group, ist auf Einkaufstour bei deutschen Versandapotheken. Wie das geht, wo doch Kapitalgesellschaften in Deutschland gar keine Apotheken besitzen dürfen? DAZ.online hat sich die Konstrukte einmal angesehen.

„Apo-Rot: Jetzt aus den Niederlanden von der Apo-rot B.V. in gewohnter Qualität“ – dies ist seit Kurzem im Webshop der Versandapotheke Apo-Rot zu lesen. Auch das EU-Sicherheitslogo ist mittlerweile wieder da – das niederländische. Es war in der Übergangszeit ein paar Tage nicht sichtbar. Wie bei der Übernahme bereits angekündigt, wird der Versand von Apo-Rot nun von Heerlen aus betrieben. Auch im Impressum ist das für jedermann ersichtlich: Geschäftssitz der Apo-Rot B.V. ist das niederländische Heerlen. Dort sind auch die ebenfalls zur Schweizer Zur Rose Group gehörigen Versandapotheken Vitalsana und DocMorris ansässig. Der Umzug des Versandhandels war notwendig, weil die Zur Rose Group als Kapitalgesellschaft von Deutschland aus keine Apotheke betreiben darf, dem steht das Fremdbesitzverbot im Wege. Die Hamburger Apotheke am Rothenbaum, die bisher hinter der Versandapotheke Apo-Rot stand, wird von ihrer Inhaberin Birgit Dumke weiterbetrieben – allerdings laut dem Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), das das deutsche Register für Versandapotheken führt, ohne Webshop. Der Google-my-Business Eintrag führt einen beim Klick auf „Website“ auf den Shop von Apo-Rot (7. November 2018, 16:00).

Das Modell Eurapon

Vor dem Hintergrund des Fremdbesitzverbots mag es auf den ersten Blick befremdlich scheinen, dass sich laut Impressum die Versandapotheke Eurapon immer noch im Besitz des Apothekers Kubilay Talu befindet. Hatte nicht Zur Rose Ende letzten Jahres per „Medienmitteilung“ mitgeteilt, dass die Übernahme von Eurapon erfolgreich abgeschlossen sei? So schreibt Zur Rose wörtlich: „Die Zur Rose-Gruppe hat die Übernahme von Eurapon und Vitalsana nach erfolgter Genehmigung durch die Wettbewerbsbehörden erfolgreich vollzogen.“ Bei genauerem Hinschauen wird klar: Zur Rose hat nicht die Versandapotheke selbst übernommen, sondern ein Dienstleistungsunternehmen namens Eurapon Pharmahandel GmbH mit Sitz in Bremen. Der Betreiber der Versandapotheke Eurapon mit Sitz in Bremen, der Apotheker Kubilay Talu, sei eine Kooperation mit Zur-Rose-Tochter DocMorris eingegangen und plane mit DocMorris über die Eurapon Pharmahandel GmbH künftig eng zusammenzuarbeiten, so Zur Rose. So solle DocMorris einen wesentlichen Teil der Logistik sowie die Arzneimittelbelieferung für das Versandgeschäft von Eurapon übernehmen. Später sei geplant, das Versandgeschäft aus den Niederlanden heraus zu betreiben, heißt es.

Wie ist Zur Rose bei Medpex involviert?

Und wie sieht es beim Einstieg von Zur Rose bei Medpex aus? Die Versandapotheke hat ihren Sitz in Ludwigshafen, kann also auch nicht ohne Weiteres von Zur Rose betrieben werden. In der Pressemeldung heißt es relativ kryptisch „Medpex, die drittgrößte Onlineapotheke Deutschlands, bündele ihre Aktivitäten mit der Schweizer Zur Rose Group AG“. Weiter wird Ulrich Spindler, stellvertretend für die Medpex-Gründer, zitiert: „Mit der Zur Rose-Gruppe haben wir einen neuen, starken Partner an unserer Seite, mit dem wir unseren Erfolgskurs fortsetzen wollen. Durch die internationale Präsenz erhalten wir schnelleren Zugang zum europäischen Markt. Außerdem profitieren wir von zusätzlichen Größenvorteilen zum Beispiel im Einkauf und von weiterer Expertise in der europäischen Regulatorik.“ Außerdem erfährt man, dass die Gründer und Management-Mitglieder von Medpex auch Aktionäre der Zur Rose Group AG werden. Aber wie genau Zur Rose bei Medpex involviert sein wird, bleibt offen. Medpex wiederholt auf Anfrage die Formulierung aus der Pressemitteilung – starker Partner, Größenvorteile etc. – und bittet um Verständnis, dass man zu Fragen, die die Zur Rose Group betreffen, keine Angabe machen könne und verweist an die Pressestelle der Schweizer. 

Zur Rose übernimmt zu Medpex gehörigen Großhändler Wholesale GmbH

Dort gibt es auf Nachfrage folgende Auskunft: „Die Zur Rose-Gruppe übernimmt mit der Wholesale GmbH die Belieferung der Medpex-Apotheke als Großhändler. Wholesale GmbH wird weiterhin auch die Logistik sowie verschiedene Dienstleistungen für den Versandhandel von Medpex erbringen. Die Apotheke wird unter Inhaberin Christiane Bülow-Bichler in Ludwigshafen weitergeführt.“ Die Medpex Wholesale GmbH ist ein pharmazeutischer Großhändler, der ebenfalls in Ludwigshafen seinen Sitz hat. Er gehört neben weiteren Firmen, zum Beispiel dem IT-Unternehmen Comventure GmbH, das auch die IT der Versandapotheke betreut, und der in den Niederlanden beheimateten Apotheke Esando B.V. zu Medpex. 

Versandapotheke Zur Rose, Zur Rose Pharma und und Zur Rose Group

Neu ist diese Art von Konstrukt nicht. Bereits seit 2004 arbeiten die in Halle an der Saale (Sachsen-Anhalt) ansässige inhabergeführte Versandapotheke Zur Rose und die zur Schweizer Zur Rose Group gehörende Firma Zur Rose Pharma GmbH zusammen. Die Zur Rose Pharma GmbH wickelt für den Apotheker Ulrich Nachtsheim die Logistik und die administrativen Aufgaben seines Versandhandels ab. Und entgegen anderslautender Ankündigungen aus dem vergangenen Jahr – Mitte 2018 sollte der Versand aus Sachsen-Anhalt eingestellt und die Kunden von den Niederlanden aus weiterversorgt werden – geht es nun doch weiter mit der Zusammenarbeit der Zur-Rose-Versandapotheke und der Zur Rose Pharma GmbH. Nachtsheim und die Zur Rose Pharma seien übereingekommen, die im November 2017 kommunizierte Nachfolgelösung für die Bedienung seiner Versandkunden zeitlich zu verschieben, heißt es aus der Zur-Rose-Zentrale in der Schweiz. Herrn Nachtsheim sei es wichtig gewesen, bei seinem Rückzug aus dem Versandgeschäft seinen Kunden eine adäquate Lösung für die künftige Belieferung anbieten zu können. Diese sei aufgrund der andauernden Konsolidierung und des starken OTC-Wachstums im deutschen Versandhandelsmarkt in der präferierten Form im Moment noch nicht möglich, erklärt eine Sprecherin des DocMorris-Mutterkonzerns. 

Zur Rose ist „nur“ Dienstleister

Somit ähnelt das Modell Medpex dem Konstrukt bei der Hallenser Versandapotheke Zur Rose und der Bremer Eurapon: Ein Apotheker / eine Apothekerin ist Inhaber der Versandapotheke und Zur Rose bzw. DocMorris fungieren als Dienstleister. Bei der Versandapotheke Vitalsana, die 2017 von der Zur Rose Group übernommen wurde, waren solche Klimmzüge nicht notwendig, Standort von Vitalsana ist und war immer Heerlen.

Die jeweiligen Apothekerkammern haben sich bislang auf Nachfrage von DAZ.online nicht geäußert, was sie von diesen Konstrukten halten. Die Zusammenarbeit in Halle war aber schon Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen, eben weil Kritiker der Meinung seien, es handle sich um eine Umgehung des Fremdbesitzverbots. Der Fall ging bis vors Bundesverwaltungsgericht. Das ließ die Kooperation und Nachtsheims Versanderlaubnis letztlich unangetastet. Allerdings beschäftigte sich das Bundesverwaltungsgericht gar nicht mit dem Geschäftskonzept als solchem. Vielmehr war dem gegen die Versanderlaubnis klagenden Apotheker die Klagebefugnis abgesprochen worden.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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