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Gefahr von Leberschäden durch Schöllkraut
Bayer knickt ein – Iberogast-Packungsbeilage wird geändert
Nun also doch: Nach jahrelangem Weigern will Bayer die Produktinformationen zu Iberogast, wie vom BfArM seit Jahren beschieden, innerhalb der nächsten vier Wochen ändern. Dadurch entgeht der Pharmakonzern einem Sofortvollzug, den das BfArM sonst angeordnet hätte. Anlässlich eines Todesfalles aufgrund von Leberversagen im Zusammenhang mit der Einnahme von Iberogast im Juli 2018 drängte die Behörde zuletzt auf eine schnelle Änderung. Bayer hatte sich jahrelang geweigert, auf die leberschädigende Wirkung seines schöllkrauthaltigen Magenmittels hinzuweisen.
Der Pharmakonzern Bayer hat eingewilligt, die bereits 2008 im Risikobewertungsverfahren vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angeordneten Änderungen der Fach- und Gebrauchsinformation für Iberogast® umzusetzen. Schon 2005 war ein Stufenplanverfahren zu Iberogast® eingeleitet worden, da das in Iberogast® enthaltene Schöllkraut im Verdacht steht, leberschädigende Wirkungen zu haben.
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Das BfArM schloss das Stufenplanverfahren im April 2008 ab, das Ergebnis: Die Zulassung für Arzneimittel mit einer Tagesdosierung von mehr als 2,5 mg Gesamtalkaloide wurde widerrufen. Für Präparate mit einer Tagesdosierung von 2,5 µg bis höchstens 2,5 mg Gesamtalkaloide wurden Änderungen der Produktinformationen angeordnet, darunter eine entsprechende Ergänzung im Abschnitt „Nebenwirkungen“ und absolute Gegenanzeigen bei bestehenden Lebererkrankungen oder solchen in der Vorgeschichte oder gleichzeitiger Anwendung von Arzneimitteln mit leberschädigenden Eigenschaften sowie in der Schwangerschaft.
Bayer sieht positives Nutzen-Risiko-Profil bei Iberogast
Noch im März dieses Jahres verteidigte Bayer sein Produkt: „Für Iberogast® ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis ganz klar positiv. Die Wirksamkeit von Iberogast® ist in zahlreichen Studien nachgewiesen worden, an unterdessen mehr als 50.000 Patienten und mehr als 79 Millionen Patienten haben Iberogast® seit der Markteinführung eingenommen,“ erklärte damals die Leiterin Medizin der Bayer Vital GmbH, Konstanze Diefenbach.
Warum konnte Bayer sich bei Iberogast so lange weigern?
Bayer hat dies jedoch nicht ohne weiteres akzeptiert und gegen das Ergebnis dieses BfArM-Verfahrens geklagt. Eine gerichtliche Entscheidung steht noch aus, was Bayer zum Vorteil wurde. Denn das BMG bestätigte bereits: „Die Entscheidung des BfArM ist derzeit Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung. Deshalb besteht derzeit keine Verpflichtung des pharmazeutischen Unternehmens zur Umsetzung dieser vorn BfArM angeordneten Textänderungen.“ Und bis heute hat sich der Pharmakonzern somit geweigert, die informierenden Texte zu Iberogast® anzupassen. Die Schweiz war hier vehementer: Die dortige Arzneimittelbehörde Swissmedic hat die Anpassung der Arzneimittelinformation verpflichtend vorgeschrieben.
Schulz-Asche: Skandalös, dass Bayer die BfArM-Anordnung missachtet
Nicht zuletzt hatte die Entscheidung von Swissmedic die Grünen-Gesundheitsexpertin Kordula Schulz-Asche motiviert, in der Causa Iberogast® tätig zu werden. Die Grünen-Politikerin machte das Thema in den vergangenen Monaten zum Politikum und zerrte es in den Bundestag. Schulz-Asche hinterfragte in mehreren Anfragen an die Bundesregierung, welche zusätzlichen Erkenntnisse zu Risiken und Meldungen über Verdachtsfälle zu Iberogast® seit dem abgeschlossenen Stufenplanverfahren des BfArM aus dem Jahr 2008 vorliegen. Die Grünen-Politikerin erklärte im März dieses Jahres im Bundestag: „Es ist skandalös, dass eine Arzneimittelbehörde ausdrücklich von der Einnahme eines Arzneimittels abrät und diese wichtigen Informationen den Betroffenen, also vor allem Schwangeren und Kranken, vorenthalten werden“. Das BfArM sage „klipp und klar“, dass Iberogast® von Schwangeren und Stillenden nicht eingenommen werden soll.
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Nachdem die Iberogast-Nebenwirkungen in den vergangenen Wochen wieder aus der öffentlichen Debatte verschwanden, drängte das BfArM zuletzt auf eine Umsetzung seiner Anordnung: Denn während der nun seit Jahren dauernden Weigerung Bayers, die Produktinformationsänderungen anzupassen, mehrten sich zuletzt wieder Meldungen zur unerwünschten Leberwirkung. Das Nutzen-Risiko-Profil des pflanzlichen Komplex-Arzneimittels wurde somit weiter in ein fragwürdiges Licht gerückt.
Am heutigen Mittwoch teilte das BfArM gegenüber DAZ.online mit, dass im Juli 2018
ein Fall bekannt wurde, bei dem es zu einem Leberversagen mit Lebertransplantation kam, der
letztlich tödlich endete. Das war laut Aussage des BfArM
ausschlaggebend, Bayer vermehrt Druck zu machen: Die Behörde hätte Bayer bei einer weiteren Weigerung einen Sofortvollzug angeordnet, teilte das BfArM mit.
Dem will Bayer
wohl lieber aus dem Weg gehen: Wie nun bekannt wurde, ändert Bayer die Gebrauchs- und Fachinformation wie vom BfArM angeordnet. Bis in vier Wochen
will der Pharmakonzern die Maßnahmen umgesetzt haben. Das BfArM behält sich
jedoch weiterhin vor, den Sofortvollzug auszusprechen, sollte Bayer
den eingegangenen Verpflichtungen wider Erwarten nicht nachkommen.
3 Kommentare
Warnhinweis?
von p am 12.09.2018 um 10:16 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Warnhinweis
von Stefan Haydn am 13.09.2018 um 14:40 Uhr
AW: Warnhinweis
von Herrmann am 31.10.2019 um 22:07 Uhr
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