Krisentreffen der Zyto-Apotheken

Zyto-Apotheker sammeln Daten-Munition für Hilfstaxen-Streit

Berlin - 15.06.2018, 09:45 Uhr

Wie hoch sind die Einkaufspreise der Zyto-herstellenden Apotheken wirklich? (Foto: benicoma / stock.adobe.com)

Wie hoch sind die Einkaufspreise der Zyto-herstellenden Apotheken wirklich? (Foto: benicoma / stock.adobe.com)


Am 13. Juni trafen sich mehr als 100 Mitglieder des Verbandes Zytostatika herstellender Apothekerinnen und Apotheker sowie Gäste zu einer außerordentlichen und branchenoffenen Mitgliederversammlung. Grund für das Krisentreffen war die Anfang des Jahres per Schiedsspruch festgelegte neue Anlage 3 der Hilfstaxe, die vielen Zyto-Apothekern existenzielle Sorgen bereitet. Die Betroffenen sind sich einig: Die Anlage 3 der Hilfstaxe muss gekündigt werden.

Die Umsetzung der neuen Anlage 3 der Hilfstaxe bereitet den betroffenen Zyto-Apotheken derzeit massive Probleme. Im Januar hatte die Schiedsstelle um Dr. Rainer Hess die Abrechnungspreise für parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie neu festgelegt. Dies wurde nötig, weil der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband sich nicht auf dem Verhandlungswege auf diese einigen konnten. Nun gibt es also neue Preise in Form neuer Rabattsätze und rückwirkend zum 1. November 2017. Abschläge sollen die Apotheken auch auf patentgeschützte Arzneimittel gewähren – vor allem dies bereitet den Zyto-Apothekern Probleme.  

Der DAV und der VZA haben mit diesem Ergebnis des Schiedsverfahrens massive Schwierigkeiten. „Die daraus resultierenden finanziellen Risiken sind nicht abschätzbar“, erklärte DAV-Chef Fritz Becker schon unmittelbar nach Schiedsspruch. Und die Kernforderungen des VZA lauten: Zu einer weiterentwickelten Hilfstaxe gehören eine auskömmliche Dienstleistungspauschale und ein ausreichender Substanzpreis.

Erörterung vor dem Landessozialgericht

Der DAV schlug daher mit Unterstützung des VZA den Rechtsweg gegen die Schiedsstelle ein – per Eilantrag und Klage. Eine Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg steht bislang aus. Am heutigen Freitag steht allerdings ein nicht öffentlicher Erörterungstermin an.

Da die Situation für die Zyto-Apotheker derzeit so kritisch ist, hatte der VZA für den 13. Juni zu einem Krisentreffen nach Frankfurt geladen – und zwar alle Apotheker, die sich mit der Zytostatika-Herstellung befassen, nicht nur VZA-Mitglieder. Rund 100 Pharmazeuten kamen. VZA- Präsident Dr. Klaus Peterseim erläuterte ihnen nochmals die Entstehung der jetzigen Krise und die gegenwärtigen Aktivitäten. Er verwies darauf, dass der GKV-Spitzenverband weder dem DAV noch der Schiedsstelle Einblick in Art und Umfang der von ihm angestellten Ermittlung der Substanzpreise gewährt habe. Dennoch habe er dies zur Grundlage seiner Forderungen gemacht und sich damit weitgehend durchgesetzt – auch die Schiedsstelle habe diesen Ansatz übernommen. Peterseim in einer Pressemitteilung des VZA: „Dies steht in diametralem Widerspruch zu der immer wieder von den Kassen erhobenen Forderung nach Transparenz.“

Wie hoch sind die Preise wirklich?

Indessen hat der DAV eine Datenabfrage bei Mitgliedsapotheken veranlasst, die zurzeit ausgewertet wird. Der DAV will so valide Erkenntnisse über die tatsächliche Situation beim Substanzeinkauf bekommen. Der VZA wagt das Ergebnis zu prognostizieren: Vermutlich werden die im Schiedsspruch angenommenen Abschläge sind von den Apotheken in vielen Fällen nicht zu erzielen sein. Mindestens Wirkstoffkündigungen durch den DAV seien deshalb unerlässlich. Dies gilt aus VZA-Sicht aber auch weiter für die gesamte Anlage 3 der Hilfstaxe. „Wir sehen einer Kündigung zuversichtlich und mit guter Aussicht auf Erfolg entgegen und wollen den DAV entsprechend munitionieren“, so Peterseim. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG erstellt deshalb im Auftrag des VZA zusätzlich eine Analyse der Abgabepreise der Hersteller, um die Intransparenz auf diesem Gebiet auszuleuchten.

Es müsse in Politik und Fachöffentlichkeit deutlich gemacht werden, dass das flächendeckende Versorgungssystem auf dem Spiel stehe, betonte Peterseim. Die derzeitige Praxis bereite den Apotheken bei der Herstellung von Zytostatika zum Teil herbe Verluste. „Es muss dringend weiterer Schaden von den Apotheken abgewendet werden“, sagte Peterseim. „Keinem Patienten hilft es, wenn wir draufzahlen und ruiniert werden. Ein einmal geschlossenes Sterillabor einer Apotheke wird nie wieder geöffnet werden.“

ARGE PareZu: Pharmacy first!

Auch Vertreter der von bayerischen Apothekern gegründeten „Arbeitsgemeinschaft parenterale Zubereitungen“ (ARGE PareZu) waren zum Treffen nach Frankfurt gekommen. Sie vertraten dort Ihren Standpunkt, dass bei allen Überlegungen zur Neugestaltung der Hilfstaxe Anlage 3 von den pharmazeutischen Notwendigkeiten einer qualitativ hochwertigen Versorgung auszugehen ist. Nur die wohnortnahe Versorgung könne möglichst kurze Zeitintervalle zwischen Herstellung und Anwendung der zubereiteten Infusionen und möglichst kurze Transportwege zu den zu versorgenden Praxen und Patienten sicherstellen, betonte die ARGE im Anschluss an das Krisentreffen. Nur so könne die volle Wirksamkeit der hochmodernen Wirkstoffe gewährleistet und damit letztlich der finanzielle Aufwand der Solidargemeinschaft für die schwerkranken Patienten gerechtfertigt werden.

Heftig kritisiert die ARGE, dass der GKV-Spitzenverband vor dem Landessozialgericht vorgetragen haben soll, die Hilfstaxe als Mittel der „Marktbereinigung“ nutzen zu wollen. „Diese Haltung steht nicht nur im Gegensatz zum Willen des Gesetzgebers, sondern widerspricht auch dem Auftrag der GKV selbst. Nicht Zentralisierung, sondern eine dezentrale, wohnortnahe Versorgung entspricht dem Patienteninteresse“, so die ARGE PareZu in einer Pressemitteilung.

Auch die ARGE ist überzeugt, dass ein auskömmlicher Arbeitspreis die Grundlage jeder vernünftigen Hilfstaxe. Um ihn bestimmen zu können, führt sie derzeit selbst eine Vollkostenanalyse durch und unterstützt zudem ausdrücklich das vom VZA beauftragte Gutachten. Beide Studien seien als Verhandlungsgrundlage von elementarer Bedeutung und alle zubereitenden Apotheken sollten sich daher beteiligen.

Die ARGE mahnt allerdings, dass der Arbeitspreis nicht durch die einseitige Festsetzung unrealistisch niedriger Einkaufspreise konterkariert werden dürfe. Deshalb müssten die GKV-Berechnungen der Abschläge auf den Lauer-Einkaufspreis durch eine unabhängige Clearingstelle überprüft oder alternativ nachweislich nicht erzielbare Rabatte auch nicht gewährt werden müssen. Zudem sollte eine Handlingspauschale in Höhe von 3 bis 5 Prozent, wie sie auch vom Honorargutachten im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums gefordert wird, eine Selbstverständlichkeit sein, um Lager- und Verlustrisiken auszugleichen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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