Europäische Impfwoche

Woran man bei Keuchhusten denken sollte

Stuttgart - 27.04.2018, 10:00 Uhr

Keuchhusten betrifft nicht nur Kinder. Auch Erwachsene sollten sich um einen ausreichenden Impfschutz gegen Pertussis kümmern. (Foto: Mediteraneo / Stock.adobe.com)

Keuchhusten betrifft nicht nur Kinder. Auch Erwachsene sollten sich um einen ausreichenden Impfschutz gegen Pertussis kümmern. (Foto: Mediteraneo / Stock.adobe.com)


Keuchhusten ist „längst keine Kinderkrankheit mehr“ titelte die Ärzte Zeitung am Donnerstag vergangener Woche. Und schon im Februar 2017 berichtete DAZ.online über eine Keuchhusten-Welle in Deutschland. Warum wird Keuchhusten, trotz hoher Impfquoten bei jüngeren Kindern, wieder häufiger? Und wie sollte man sich verhalten, wenn im persönlichen Umfeld ein Pertussis-Ausbruch auftritt? 

In der ersten Aprilwoche 2018 titelte die Augsburger Allgemeine: „Schon 970 Keuchhusten-Fälle – Ministerin rät zur Impfung“. Bereits im Januar 2018 hatte das Ärzteblatt über eine verdoppelte Zahl der Keuchhustenfälle in Mecklenburg-Vorpommern berichtet – 2016 mit 2017 im Vergleich. So wurden 2016 dort 570 Fälle gemeldet. Und im November 2017 hatte ebenso das Ärzteblatt darüber berichtet, das bundesweit wieder mehr Keuchhustenfälle auftreten. So sei die Zahl der Erkrankungen um fast ein Viertel auf circa 14.000 gestiegen. Besonders Sachsen und Sachsen-Anhalt sollten betroffen sein. 

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Noch in den 1970er Jahren sollen Epidemiologen eine Eradikation des Pertussis-Erregers für möglich gehalten haben. Dies soll mit ein Grund gewesen sein, warum Mitte der 1990er Jahre von der Ganzkeimvakzine auf die besser verträglichen azellulären Impfstoffe gewechselt wurde: Angesichts der fehlenden Keuchhustenerkrankungen sollen die stärkeren Nebenwirkungen nicht mehr zumutbar gewesen sein. 

Bereits 2013 hatte die Deutsche Apotheker Zeitung über „unsichere“ Impfungen berichtet. Im Artikel beschrieben Professor Dr. Theo Dingermann und Dr. Ilse Zündorf, dass bereits in den 1920er Jahren die Ganzkeimvakzine gegen Pertussis zur Verfügung stand. Weil es damit aber sehr häufig zu starken Nebenwirkungen kam, zum Teil mit Beteiligung des ZNS, wurde an einer azellulären Vakzine gearbeitet.

Bis 1974 galt in der BRD noch eine generelle Empfehlung für die Ganzkeimvakzine. Bis 1991 wurde diese ausgesetzt – nur noch Kinder mit einem individuell hohen Erkrankungsrisiko wurden geimpft. Weil 1961 die Meldepflicht für Keuchhusten eingestellt worden war, konnte ein folgender Erkrankungsanstieg nicht dokumentiert werden. Ab 1991 empfahl die STIKO die Pertussis-Impfung wieder, jedoch verbesserte sich die Impfbereitschat der Bevölkerung erst ab 1995, als die verträglichen azellulären Impfstoffe zugelassen wurden.   

Wie bei Mumps besteht für Pertussis erst seit dem Frühjahr 2013 wieder eine bundesweite Meldepflicht. In den östlichen Bundesländern musste Pertussis nach Landesverordnung schon zuvor gemeldet werden. 

Im Jahr 2014 lag die Pertussis-Impfquote der Schulanfänger bei circa 95 Prozent. Trotz solcher hohen Impfquoten bei jüngeren Kindern werden im Abstand von vier bis sechs Jahren immer wieder zyklische Anstiege von Pertussis-Erkrankungen beobachtet – auch in anderen westlichen Ländern.  

Anzahl der Keuchhustenfälle pro Meldejahr. Quelle: Robert Koch-Institut: SurvStat@RKI 2.0, https://survstat.rki.de, Abfragedatum: 25.04.2018

In den Jahren 2006 bis 2008 wurde in den östlichen Bundesländern eine Erkrankungswelle beobachtet. Die maximale Gesamtinzidenz betrug 40 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Die höchste Inzidenz lag damals bei den 5- bis 14-Jährigen: 147 pro 100.000 Einwohner.

Das führte dazu, dass die STIKO 2006 eine weitere Impfung im Vorschulalter empfahl. Bis 2010 ging die Inzidenz auf 19 Erkrankte pro 100.000 Einwohner zurück. In den Jahren 2011 bis 2012 stieg sie jedoch erneut auf 42 Erkrankte pro 100.000 Einwohner. In dieser Erkrankungswelle waren nicht mehr die 5- bis 14-Jährigen sondern vor allem die 10- bis 19-Jährigen betroffen (Inzidenz: 135 Erkrankte pro 100.000 Einwohner).



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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