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Myokarditis durch Influenza
Wie gefährlich ist die aktuelle Grippe fürs Herz?
Deutschland kämpft derzeit mit der schwersten Influenzawelle seit Jahren. Die Grippe greift um sich – und so auch die Angst in der Bevölkerung vor dem Virus und gravierenden Folgeerkrankungen. Grund für das ZDF heute-journal, sich in der vergangenen Woche der saisonalen Influenza anzunehmen, unter anderem auch den Myokarditiden durch Grippe. Ist der aktuell zirkulierende Yamagata-B-Stamm tatsächlich kardiotoxischer als seine Influenza-A-Kollegen?
Wöchentlich steigen die Fälle an Neuinfektionen mit dem Influenzavirus. Die jüngsten Zahlen des Robert-Koch-Instituts nennen bundesweit 35.284 Neuerkrankungen allein in der 8. Kalenderwoche. Seit Beginn der Grippesaison sind 119.553 Patienten erkrankt und 216 verstorben. Die derzeitige Grippewelle plagt die Bundesrepublik am heftigsten seit Jahren. Hauptverursacher ist ein B-Stamm, Yamagata, der für 75 Prozent aller Grippeerkrankungen verantwortlich zeichnet.
„Dieses Jahr haben wir die außergewöhnliche Situation, dass wir einen Subtyp des Grippevirus haben – einen Influenza B-Typ – der zwei Besonderheiten hat: Er kann neben den Atemwegen auch den Herzmuskel direkt befallen und schwere Herzmuskelentzündungen verursachen“, erklärte Professor Tobias Welte im ZDF heute-journal vergangenen Montag. Welte leitet die Klinik für Pneumologie an der Medizinischen Hochschule Hannover.
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Dass Virusifektionen Myokarditiden verursachen können, ist bekannt. Für etwa die Hälfte aller infektiösen Myokarditiden zeichnen Enteroviren verantwortlich, hier vor allem Coxsackie-Viren. Auch Adenoviren können einer Kardiotoxizität zugrunde liegen – und Influenzaviren. Die Erreger der saisonalen Virusgrippe wurden ebenfalls bereits in Herzmuskelgewebe gefunden.
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Influenzastämmen in Bezug auf ihre Kardiotoxizität? Ist Influenza B tatsächlich gefährlicher
fürs Herz als Influenza A?
DAZ.online hat nochmals nachgehakt – beim heute-journal-Experten
Professor Tobias Welte und bei den Grippespezialisten am Robert-Koch-Institut (RKI). Allerdings: Die beiden Experten-Einschätzungen sind nicht völlig kongruent. In einem Punkt jedoch, da sind sich die Fachleute einig.
Influenza B-assoziierte Myokarditis zeigt „foudroyanten Verlauf“
„Influenza B-Viren befallen die Kardiomyozyten direkt, sie sind wesentlich kardiotoxischer als Influenza A, vor allem bei jungen Menschen“, betont Professor Welte gegenüber DAZ.online und wiederholt sein Statement aus dem heute-journal. Das zeige eine Reihe klinischer und experimenteller Analysen. Welte nennt hier insbesondere die Influenza-B-assoziierte Myokarditis bei Kindern. „Grundsätzlich können viele Viren eine Myokarditis auslösen, klassisch ist die durch Enteroviren verursachte Myokarditis. Die Influenza B-Myokarditis zeichnet sich allerdings durch einen foudroyanten Verlauf mit dem Risiko eines akuten Herzversagens aus – was wir dieses Jahr leider mehrfach gesehen haben“, sagt der Direktor der Klinik für Pneumologie an der Medizinischen Hochschule in Hannover.
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Influenza verschlechtert Plaquestabilität bei Arterioskerose
Die direkte schädigende Wirkung auf die Kardiomyozyten bildet jedoch nicht alle kardialen Risikofaktoren einer Influenzainfektion ab: „Ein zusätzliches Problem stellt die Tatsache dar, dass bei jeder Form von Infektionskrankheiten eine Verschlechterung arteriosklerotischer Erkrankungen zu verzeichnen ist“, erklärt der Pneumologe. Durch die erhöhte Zytokin- und Mediatorenfreisetzung komme es zu einem Aufbrechen der arteriosklerotischen Plaques und damit einhergehend zu einem erhöhten Infarktrisiko. Und weiter: Diese verstärkte Zytokinfreisetzung sei vor allem bei Influenza besonders ausgeprägt, allerdings hier vor allem bei Influenza A(H1N1).
Influenza erhöht Gefahr für Myokardinfarkt
Welte verweist an dieser Stelle auf eine jüngst im New England Journal of Medicine veröffentlichte Arbeit, die zeige, „dass eine schwere Infektion, hier insbesondere Influenza, die Infarktwahrscheinlichkeit über lange Zeit deutlich erhöht“.
Die Wissenschaftler des NEJM untersuchten den Zusammenhang von labordiagnostisch bestätigten Influenza-Infektionen und dem Auftreten von Myokardinfarkten. Sie fanden, dass die Inzidenz einen Myokardinfarkt zu erleiden innerhalb einer Woche nach einer labordiagnostisch bestätigten Influenzainfektion sechsmal höher ist als für Patienten ohne vorherige Influenzainfektion. Am höchsten war die Inzidenzrate für ältere Patienten, für Patienten mit Influenza-B-Infektionen und für Patienten mit einem ersten akuten Myokardinfarkt. Zwar fanden die Wissenschaftler auch eine erhöhte Myokardinfarkt-Inzidenz nach anderen respiratorischen Viruserkrankungen, allerdings war das Risiko bei Influenza-Infektionen am höchsten.
Somit – nicht allein in Bezug auf Pneumonien, sondern auch auf Myokardinfarkt und Myokarditis: Grippe gilt es wohl am besten zu vermeiden. Denn wie man es auch dreht und wendet: kardioprotektiv ist Influenza sicherlich nicht. In diese Richtung, Protektion, zielt auch das Resümee des Pneumologen:
Insgesamt viele Gründe, um eine bestmögliche Influenzaimpfung zu empfehlen.
Mit dieser Propaganda empfängt ihn das Robert-Koch-Institut fraglos mit offenen Armen. Denn auch das
unermüdlich appelierende Mantra der RKI-Impfexperten lautet: „Die Influenzaimpfung ist der
beste Schutz vor einer Influenzaerkrankung“.
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Hinsichtlich der Kardiotoxizität jedoch, machten die Experten des RKI bislang eine andere Beobachtung.
RKI: „Dass B-Yamagata besonders kardiotrop ist, wäre uns neu“
Das Robert-Koch-Institut bringt Influenza-B-Yamagata nicht unbedingt in direkte Verbindung mit Myokarditiden. Laut RKI hat Influenza-B-Yamagata vielmehr den Skelettmuskel als den Herzmuskel im Visier: „Influenza B scheint eher eine Affinität zur Skelettmuskulatur, insbesondere der Wadenmuskulatur, zu haben“, erklärt Susanne Glasmacher, Sprecherin des Robert-Koch-Instituts. Diese Myositiden untersuchte unter anderem Dr. Udo Buchholz, Arzt und Infektionsepidemiologe am RKI, in der Grippesaison 2007/08. Wie in der aktuellen Grippewelle zirkulierten 2007/08 ebenfalls verstärkt Influenza-B-Viren des Subtyps Yamagata. Die B-Viren machten in der damaligen Grippesaison jedoch insgesamt nur 46 Prozent aller Influenzaviren aus, innerhalb der B-Linien dominierte Yamagata jedoch eindeutig mit 99 Prozent. Nochmals zum Vergleich: Die gegenwärtige Grippesaison beherrscht Yamagata zu fast 75 Prozent aller Infektionen. Damit ist er für nahezu alle nachgewiesenen, durch B-Stämme verursachten Fälle verantwortlich.
Influenza B Yamagata verursacht Myositis bei Kindern
Was Bucholz in der damaligen Grippesaison beobachtete, war eine bundesweite Zunahme der benignen akuten Myositis im Kindesalter (BACM, benign acute childhood myositis). Als entzündliche Erkrankung der Skelettmuskulatur wird BACM mit verschiedenen Virusinfektionen in Verbindung gebracht – auch mir Influenza.
Buchholz untersuchte damals 219 Kinder, die an Influenza-assoziierter benigner akuter kindlicher Myositis litten. Die erkrankten Kinder waren durchschnittlich sieben Jahre alt und zu drei Viertel männlich. Im Mittel lagen drei Tage zwischen dem Auftreten von Fieber und der Myositis, die Beschwerden dauerten durchschnittlich vier Tage. Die RKI-ler kamen in dieser Grippesaison 2007/08 zu dem Schluss, dass eine benigne Influenza-assoziierte Myositis im Kindesalter stark mit dem männlichen Geschlecht, dem Alter von sechs bis neun Jahren und dem damals dominierenden Influenza-B-Stamm korreliere.
Influenza A(H1/N1) bekannt für Myokarditis
Wie sieht es mit einer Myokarditis unter Influenza aus? „Für Infektionen mit Influenza A(H1N1)pdm09 ist bekannt, dass es in seltenen Fällen auch zu einer Myokarditis mit tödlichem Verlauf kommen kann. Das wurde in Deutschland auch während der Pandemie berichtet“, sagt Glasmacher und bezieht sich hier auf die Pandemie H1N1 in der Influenzasaison 2009/10, die durch den Subtyps A H1N1 (A/California/7/2009) hervorgerufen wurde und auch als „Schweinegrippe“ bezeichnet wurde.
Das RKI verweist bei der Frage nach Myokartiden auf einen Review zu extrapulmonalen Komplikationen einer Influenza-Erkrankung – hier spielt auch die Myokarditis eine zentrale Rolle. So wurden innerhalb der in dem Review untersuchten Studien bei 0,4 bis 13 Prozent aller hospitalisierten Influenzapatienten erhöhte Herzmarker und EKG-Veränderungen beobachtet. Eine tatsächliche Myokarditis bringen die Wissenschaftler eher mit fulminanten Verläufen einer Grippeinfektion in Zusammenhang, da bei 30 bis 50 Prozent der autopsierten Influenzapatienten sich auch histologisch eine Herzbeteiligung nachweisen ließe.
Influenza-assoziierte Myokarditis teilweise auch ohne Atemwegssymptome
Zudem scheinen Influenza-assoziierte Myokarditiden auch teilweise ohne respiratorische Symptome einherzugehen. Das zeigt eine kleine Studie, allerdings mit einer wirklich überschaubarer Probandenzahl von 15 Patienten. Hier wiesen 60 Prozent der Teilnehmer zwar eine Myokarditis auf, jedoch keine Pneumonie.
Der Review betont, dass Daten zum Zusammenhang einzelner Influenzastämme mit dem Auftreten von Myokartidien begrenzt seien. Die Wissenschaftler werteten 44 Fallberichte aus, wovon 70 Prozent auf Influenza A(H1/N1)pdm09, 11 Prozent auf Influenza B und 4 Prozent auf Influenza A(H3N2) entfielen. In 14 Prozent der Fälle war keine Virustypisierung erfolgt.
Myokarditiden bei Influenza A- und Influenza B-Infektionen
Somit bleibt am Schluss definitiv: Influenzaviren können schwere myokardiale Komplikationen mit sich bringen, sowohl das Risiko für Myokardinfarkte als auch für Myokarditiden erhöhen. Beschrieben sind kardiale Komplikationen für beide Stämme: Influenza A, hier vor allem (H1/N1) und für B. Die B-viralen Myokarditiden scheinen insbesondere durch foudroyante Verläufe aufzufallen.
2 Kommentare
Grippe Influenza B
von Ute Urban am 18.03.2018 um 20:57 Uhr
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Infuenza B
von Müller Dieter am 09.03.2018 um 16:42 Uhr
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