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Apothekenvergütung
Das sind die wichtigsten Statistiken im Honorar-Gutachten
Eine drastische Absenkung des Fixums, mehr Geld für Notdienste, Rezepturen und die BtM-Abgabe sowie Umstellungen beim Großhandelshonorar. Eigentlich will das im Auftrag des Wirtschaftsministeriums erstellte Gutachten den ganzen Apothekenmarkt umkrempeln. Aber mit welchen Zahlen, Statistiken und Tabellen begründet die Agentur ihre Forderungen? DAZ.online hat die Schlüssel-Statistiken zusammengetragen und erklärt.
Die Frage nach der Umstellung des Apothekenhonorars wird seit Jahren diskutiert. Während die Apotheker auf eine Dynamisierung drängen, also auf regelmäßige, an festen Kriterien ausgerichtete Anpassungen, wollen die Kassen das Honorar am liebsten kürzen. Streit gibt es aber auch schon alleine wegen der Datenquellen, auf Basis derer eine Honorar-Anpassung stattfinden könnte. Die Kassen weigern sich, die Zahlen der Apotheker anzuerkennen. Für die vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) beauftragten Gutachter war es daher auch wichtig, die für die jeweiligen Honorar- und Leistungsbereiche verlässlichsten Datenquellen ausfindig zu machen.
In der folgenden Abbildung haben die Gutachter daher die Angaben der unterschiedlichen Quellen nebeneinander gestellt. Im Text dazu erklärt die Agentur, welche Datenquellen „die Leistungen der Apotheken am vollständigsten abbilden und wie sie gleichzeitig durch die weiteren Datenquellen validiert werden“. Im Fall von Rx- und OTC-Absätzen sind das die Zahlen der ABDA, im Freiwahlbereich haben sich die Agentur-Mitarbeiter auf die Angaben von Insight Health bezogen.
Es folgt eine der wichtigsten, vielleicht die wichtigste Tabelle des Gutachtens, in der die Gutachter vorrechnen, wie sie zu der drastischen Senkung des Fixhonorars auf 5,80 Euro kommen. Sehr eindrücklich ist auch, welchen Minuten-Wert die Agentur für die Beratungszeit von Rx-Medikamenten eingeplant hat: rund 7 Minuten. Die Agentur erklärt die Tabelle so:
„Die für die Beratung anfallenden Kosten werden residual berechnet, umfassen also alle Kosten, die bisher nicht durch die Herstellung von Rezepturen und parenteralen Lösungen, Nacht- und Notdienst, BtM-Abgabe sowie Warenwirtschaft inkl. Finanzierung des Warenlagers, des Herstellerrabattes und der Abrechnung der Rx-Rezepte gedeckt wurden. Hier sind z. B. Managementaufgaben oder Schulungen denkbar, die in dem absoluten Festzuschlag pauschal enthalten sind – immer in Bezug auf den Anteil der Rx- Packungen an allen Packungen.“
Tabelle1: Parameter der Vergütung Rx-FAM und Gesamtsystematik-Vergütung.
Jahr | 2018 | 2017 | 2016 | 2015 | 2014 | 2013 |
---|---|---|---|---|---|---|
Kostendeckung Rx-FAM / Rezepturen und Stoffe sowie Warenwirtschaft parenterale Lösungen insgesamt | 4.788 | 4.551 | 4.365 | 4.146 | 3.842 | 3.746 |
Kostenanteil
Warenwirtschaft Rx-FAM / Rezepturen / Stoffe / parenterale Lösungen insgesamt |
1.444 | 1.398 | 1.360 | 1.318 | 1.262 | 1.236 |
Kostenanteil Beratung Rx- FAM/Rezepturen (inkl. bisher nicht erfasste Leistungen Rx) | 3.344 | 3.153 | 3.005 | 2.828 | 2.580 | 2.510 |
GKV-Rabatt (1,77 € abzgl. Mwst.) GKV | 921 | 921 | 921 | 892 | 917 | 873 |
Kosten absoluter Festzuschlag Rx- FAM/Rezepturen/Stoffe | 4.265 | 4.074 | 3.926 | 3.720 | 3.497 | 3.383 |
Absoluter Festzuschlag Rx- FAM/Standardrezeptur/Stoffe | 5,80 € | 5,54 € | 5,33 € | 5,12 € | 4,86 € | 4,71 € |
Minuten Beratung pro Packung | 6,9 | 6,7 | 6,7 | 6,6 | 6,6 | 6,5 |
Absoluter Festzuschlag GKV | 4,31 € | 4,05 € | 3,85 € | 3,63 € | 3,37 € | 3,22 € |
Minuten Beratung pro Packung GKV | 5,1 | 4,9 | 4,8 | 4,7 | 4,6 | 4,5 |
Mehr Geld für Notdienste und BtM-Abgabe
Doch neben der Absenkung des Fixhonorars empfehlen die Gutachter noch viele weitere Änderungen an der Arzneimittelpreisverordnung. Eine von ihnen ist die Erhöhung der Notdienstpauschale, denn aus Sicht der Agentur 2HM sind die Nacht- und Notdienste der Apotheker derzeit nicht kostendeckend. Laut Agentur werden die Apotheker im kommenden Jahr etwa 200 Millionen Euro Kosten für den Notdienst aufbringen müssen. Aber weder über die Einnahmen aus der Notdienstgebühr (insgesamt etwa 8 Millionen Euro pro Jahr) noch aus den Einnahmen aus der Notdienstpauschale (etwa 117 Millionen Euro) können diese Kosten gedeckt werden. Die Gutachter empfehlen dabei die Erhöhung der Pauschale um 10 Cent auf dann 26 Cent pro Packung. Tabelle 1 zeigt die zugrunde liegende Rechnung.
Tabelle 2: Gemeinkosten nach Nacht- und Notdiensttariflohn; Gesamtkosten inkl. Personal.Werte in kursiv: Fortschreibung. (VZÄ=Vollzeitäquivalente) Berechnung durch 2hm & Associates GmbH.
Jahr | 2018 | 2017 | 2016 | 2015 | 2014 | 2013 | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
1
Minute Gemeinkosten pro VZÄ |
0,31 € | 0,29 € | 0,28 € | 0,27 € | 0,25 € | 0,24 € | |
Öffnungsminuten Notdienst gesamt (in Mio. €) | 375,2 | 378,6 | 379,9 | 382,0 | 388,0 | 392,3 | |
Gemeinkosten Nacht- und Notdienstzeiten (in Mio. €) |
114,7 | 110,4 | 105,1 | 103,3 | 96,8 | 94,6 | |
Verwaltungskosten NNF (in Mio. €) | 2 | 2 | 2 | 1,6 | 2,2 | ||
Entwicklung * | -1,0% | -1,0% | 24,6% | -26,5% | |||
Zu deckende Gemeinkosten insgesamt (in Mio. €) | 116,7 | 112,4 | 107,2 | 104,9 | 99,0 | 94,7 | |
Zu deckende Kosten Personal- und Gemeinkosten insgesamt (in Mio. €) | 200,4 | 190,9 | 181,3 | 169,1 | 164,4 | 160,1 |
Und auch bei der Abgabe von Betäubungsmitteln sehen die BMWi-Gutachter Nachholbedarf. Insbesondere weil nur Apotheker solche Rezepte bearbeiten dürfen, müssten hier rund 120 Millionen Euro pro Jahr mehr ins System fließen, erklärt die Agentur – also viermal so viel wie aktuell, dann wäre das System kostendeckend an dieser Stelle. 2HM schlägt daher vor, die Pauschale für dokumentationspflichtige Rezepte auf 14,30 Euro zu erhöhen. Derzeit erhalten Apotheker 2,91 Euro für solche Arzneimittel.
Tabelle 2: Berechnung einer kostendeckenden Vergütung der BtM-Abgabe: Anzahlen, Zeitaufwand, Kosten pro BtM und hochgerechnet auf die Gesamtanzahl der BtM. Aufwand 50% Inhaber/-in; 50% Approbierte. Berechnung rückwirkend und fortschreibend für den Zeitraum 2013 bis 2018. Berechnung durch 2hm & Associates GmbH.
Jahr | 2018 | 2017 | 2016 | 2015 | 2014 | 2013 | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Leistungsparameter
Abgabe von Arzneimitteln mit erhöhtem Dokumentationsaufwand |
|||||||
Aufwand
in Minuten für die BtM-Abgabe BtM (Personal + Gemeinkosten) |
13,5 | 13,5 | 13,5 | 13,5 | 13,5 | 13,5 | |
Anzahl
BtM-Abgaben (ABDA) (in Mio. Verordnungen.) |
11,0 | 10,7 | 10,5 | 10,2 | 9,8 | 9,7 | |
Anzahl
BtM-Abgaben (GKV) (in Mio. Verordnungen.) |
12,4 | 12,3 | 12,1 | 11,8 | 11,8 | 11,5 | |
Anzahl
BtM-Abgaben (Phagro) (in Mio. Verordnungen.) |
13,3 | 13,0 | 12,8 | 12,6 | 12,4 | 12,0 | |
Entwicklung* | 1,7% | 2,2% | 1,5% | 1,5% | 3,6% | ||
Anzahl T-Rezepte (Lenalidomid, Pomalidomid, Thalidomid) (ABDA) | 73.512 | 62.063 | 52.751 | 44.210 | 37.348 | 32.402 | |
Entwicklung* | 18,4% | 17,7% | 19,3% | 18,4% | 15,3% | ||
Gesamtanzahl dokumentationspflichtige Arzneimittel (in Mio. Verordnungen) | 13,3 | 13,1 | 12,8 | 12,6 | 12,4 | 12,0 | |
Entwicklung* | 3,0% | 2,5% | 2,5% | 3,8% | 1,3% | ||
Kostendeckender
absoluter BtM-Zuschlag BtM (Personal + Gemeinkosten) |
14,30 € | 13,90 € | 13,60 € | 13,10 € | 12,60 € | 12,20 € | |
Vergütungsparameter
Abgabe von Arzneimitteln mit erhöhtem Dokumentationsaufwand |
|||||||
Aktuelle Vergütung (rückwirkend angewendet) (in Mio. €) | 38,8 | 38,2 | 37,3 | 36,7 | 36,2 | 34,9 | |
Differenz
Kostendeckung (in Mio. €) |
-151,8 | -143,7 | -137,0 | -128,6 | -120,0 | -111,8 | |
Kostendeckende Abgabe BtM (in Mio. €) | 190,6 | 181,9 | 174,3 | 165,3 | 156,2 | 146,7 | |
* Basis Fortschreibung: Gleitender Durchschnitt 3 Jahre |
Alle Änderungen im Überblick
Doch damit nicht genug. Neben der Absenkung des Fixums und den Zuschlägen bei Notdiensten und der BtM-Abgabe fordert die Agentur 2HM die Abänderung mehrerer anderer Positionen in der Arzneimittelpreisverordnung. Damit die Kostendeckung erreicht werden kann, sollen die in Abbildung 2 dargestellten Änderungen umgesetzt werden, so die Empfehlung.
Rechnet man alle Abzüge und Aufschläge zusammen, sollen die Apotheken laut Gutachten insgesamt weniger verdienen. Die Kassen würden somit Geld einsparen. Die Agentur selbst spricht von „Einsparungen bei den Kostenträgern sowie Vergütungsrückgängen bei den Apotheken“. Wie in den Medien bereits dargestellt, kommen die Gutachter auf eine Summe von 1,1 Milliarden Euro, die pro Jahr zu viel gezahlt werde an die Pharmazeuten. In der folgenden Tabelle 3 sind alle Mehrausgaben und Einsparungen zusammengefasst.
Tabelle 3: Gesamtsystematik Vergütung: Auswirkung einer kostendeckenden Vergütung auf die Ausgaben der Kostenträger. Berechnung durch 2hm & Associates GmbH.
Kostenwirkung GKV / PKV / Beihilfe / Selbstzahler 2018 |
Kosten- deckende AMPreisV | aktuelle AMPreisV | Ersparnis Kostenträger bei Kosten-deckung | Ersparnis pro Leistung (Packung/ Notdienst) |
---|---|---|---|---|
Relativer Festzuschlag Rx- FAM / Standardrezeptur (in Mio. €) | 1.444 | 884 | -560 | 1,82 € |
Absoluter
Festzuschlag Rx- FAM / Standardrezeptur (in Mio. €) |
3.344 | 5.241 | 1.896 | |
Kostendeckung Notdienst (in Mio. €) | 200 | 117 | -83 | -202,95 € |
Kostendeckung BtM (in Mio. €) | 191 | 39 | -152 | -11,38 € |
Kostendeckung Rezepturen (vereinfacht, nur Arbeitspreise) (in Mio. €) | 259 | 50 | -210 | -24,63 € |
Kostendeckende Zubereitung Parenterale Lösungen (in Mio. €) | 177 | 410 | 233 | 48,46 € |
insgesamt Vergütung AMPreisV (in Mio. €) | 5.615 | 6.741 | 1.125 | |
insgesamt Vergütung AMPreisV ohne Parenterale (in Mio. €) | 5.438 | 6.330 | 892 |
Was aber bedeuten diese Einsparungen oder aus Kassensicht
Minderausgaben für den Betrieb einer Apotheke? Um wie viel wird sich das
Ergebnis einer Apotheke im Schnitt verringern? DAZ-Autor Thomas Müller-Bohn
hatte bereits ausführlich vorgerechnet, dass die Gutachter Verluste von 45.000
Euro pro Apotheke hinnehmen würden. (Tabelle 4) Die Agentur selbst erklärt das so:
„Es wird unterschieden zwischen Apotheken mit und ohne Zubereitung von parenteralen Lösungen. Durch die Vergütungsänderung zeigt sich pro Apotheke eine Einnahmenreduktion von ca. 45.000 Euro. Welche Ergebniswirkung sich tatsächlich ergibt, hängt insbesondere davon ab, ob die Apotheken die Preise für OTC und Freiwahl dahingehend erhöhen, dass sie ebenfalls kostendeckend angeboten werden bzw. mindestens so erhöht werden, dass die Einnahmereduktion bei Rx ausgeglichen wird. Durch die Erhöhungen bei Rezepturen und insbesondere auch der Notdienstvergütung profitieren überdurchschnittlich ländliche Apotheken von der Vergütungsumstellung. Zytostatika-Apotheken realisieren bei kostendeckender Vergütung ca. 777.000 Euro weniger Erlöse durch die Zubereitung von parenteralen Lösungen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Erlöslage sind die Apotheken jedoch nicht gefährdet, den kalkulatorischen Unternehmerlohn nicht zu realisieren.“
Tabelle 4: Gesamtsystematik Vergütung: Auswirkung einer kostendeckenden Vergütung auf die Einnahmen der Apotheken. Ausgleichsberechnung für Non-Rx zur Wiederherstellung des aktuellen Rohertrags. Berechnung durch 2HM & Associates GmbH.
Einnahmewirkung Apotheken 2018 | kostendeckende AMPreisV |
Aktuelle AMPreisV | Reduktion Einnahmen |
---|---|---|---|
Ergebniswirkung pro Apotheke ohne Zubereitung parenteraler Lösungen | |||
Apothekenanzahl 2018 | 19.610 | 19.610 | |
Rohertrag Rx pro Apotheke | 277.319 € | 322.802 € | 45.484 € |
Ausgleichsrechnung OTC/Freiwahl pro Apotheke | |||
Kosten pro Apotheke Gesamtsortiment | 568.626 € | 568.626 € | |
für Ausgleich notwendiger Rohertrag sonstiges Sortiment | 291.307 € | 245.823 € | |
für Ausgleich notwendiger Rohertrag pro anderer Packung | 5,24 € | 4,42 € | |
Aktueller durchschnittlicher Rabatt auf OTC/Freiwahl (Quelle: Insight Health 2017); mögliche Reduktion | 0,03 € | 0,85 € | |
Ergebniswirkung pro Apotheke mit Zubereitung parenteraler Lösungen | |||
Apothekenanzahl 2018 | 300 | 300 | |
Rohertrag parenterale Zubereitungen | 591.033 € | 1.368.089 € | 777.055 € |
4 Kommentare
Gutachten 2hm
von Gerhard Zück am 13.12.2017 um 23:26 Uhr
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Immerhin 5 Minuten für die Beratung
von Rita Längert am 13.12.2017 um 18:37 Uhr
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.
von Anita Peter am 13.12.2017 um 17:07 Uhr
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Frage
von Dr.Diefenbach am 13.12.2017 um 16:53 Uhr
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