Beratungs-Quickie

Bei Verstopfung gleich zum Facharzt?

Stuttgart - 30.11.2017, 17:30 Uhr

Zwischen dem ersten und fünften Lebensjahr leiden fünf Prozent aller Kinder an chronischer Obstipation. (Foto: EvgeniiAnd / stock.adobe.com)

Zwischen dem ersten und fünften Lebensjahr leiden fünf Prozent aller Kinder an chronischer Obstipation. (Foto: EvgeniiAnd / stock.adobe.com)


Der DAZ.online-Beratungs-Quickie gibt Tipps für den Apothekenalltag. Das Thema dieser Woche soll den Kleinsten helfen, wenn es aufgrund von Verstopfungen auf dem Töpfchen nicht klappt. Denn die Gesellschaft für Pädiatrie, Gastroenterologie und Ernährung e.V. weist aktuell darauf hin: „Toilettenstress für Kind und Eltern muss vermieden werden.“ 

Nicht abwarten, sondern schnell zum Spezialisten – so lautet eine aktuelle Empfehlung der Gesellschaft für Pädiatrie, Gastroenterologie und Ernährung (GPGE), wenn Kinder „verstopft“ sind. Zwischen dem ersten und fünften Lebensjahr sollen fünf Prozent aller Kinder an chronischer Obstipation leiden. Oft werde das Problem von den Eltern unterschätzt. 

Trinken und Bewegung reichen nicht

Aus Unkenntnis würden die Eltern zu spät zum Facharzt kommen und nur auf mehr Bewegung und Trinken setzen. Eine chronische Verstopfung müsse aber im Kindesalter schnell erkannt werden, um eine Chronifizierung im Erwachsenenalter zu verhindern. Deshalb sollten Eltern schon bei ersten Anzeichen von Bauchschmerzen und Krämpfen einen Facharzt für Magen-Darm-Erkrankungen aufsuchen. Man spricht von einer chronischen Obstipation, wenn die Symptome länger als zwei Monate anhalten. Die genaue Definition der funktionellen Obstipation findet man in den Diagnosekriterien nach „Rome III“.

Vielschichtige Symptomatik – nicht immer eindeutig

  • Obwohl das Kind mehrmals pro Woche lange und unter Schmerzen auf der Toilette sitzt, kann es selten bis gar nicht den Darm entleeren.
  • Der Stuhl ist hart und groß.
  • Das Kind hat Bauchweh und Blähungen.
  • Appetitlosigkeit und Abgeschlagenheit können auftreten.
  • Wegen der Schmerzen unterdrückt das Kind den Stuhldrang, hält sich eventuell den After und bewegt sich in Anspannung.

Auch wenn die Fachgesellschaft dazu rät, den Arzt schnell aufzusuchen – man kann die Eltern beruhigen: Bei 95 Prozent aller Kinder liegt keine organische Erkrankung vor. Tatsächlich können Kinder Verschiedenes „schlecht verdauen“, beispielsweise eine überstandene Magen-Darm-Infektion oder Stresssituationen. Zudem kann eine genetische Prädisposition vorliegen. Trotzdem ist die chronische Obstipation behandlungsbedürftig.

Paradoxe Diarrhö

Bei unwillkürlichem Stuhlabgang denkt man zunächst an Diarrhö. Diese kann jedoch paradox durch die Obstipation ausgelöst werden. Man spricht dann von einer Überlauf-Enkopresis.

Die „Ausscheidungssprechstunde“

Beim Arzt wird es für das Kind zwar ein wenig unangenehm, aber organische Ursachen werden so ausgeschlossen: Sehr vorsichtig tastet der Arzt den After ab. Anschließend erhält das Kind orales Macrogol, das zur vollständigen Entleerung des Darmes führt. Das Kind wird erleichtert sein, weil der Stuhlgang endlich nicht mehr schmerzt. Bei schwierigen Fällen rät die Fachgesellschaft zu einer „Ausscheidungssprechstunde“, in der ein multiprofessionelles Team für Besserung sorgt.

Werden Ballaststoffe überschätzt? 

Die GPGE empfiehlt eine normale Mischkost und ausreichende körperliche Bewegung. Wie die Ballaststoffe, werde auch die Trinkmenge überschätzt. Wenn die Obstipation früh beginnt, sollte durch einen Diätversuch eine Kuhmilchallergie ausgeschlossen werden. Außerdem sollten Eltern den Ernährungsplan kritisch auf Banane, Kakao und Fast-Food prüfen.

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Im Oktober 2014 berichtete die  Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) von teilweise letal verlaufenen Fällen von schwerer Hyperphosphatämie und  Elektrolytveränderungen: Trotz Anwendungsbeschränkung waren immer wieder phosphathaltige Klistiere bei kleinen Kindern eingesetzt worden.
Zur ersten Wahl bei kindlicher Obstipation gehören Macrogol-Präparate zum Trinken. So steht es auch in der gemeinsamen Leitlinie der europäischen und nordamerikanischen Fachgesellschaften ESPGHAN (European Society for Pedia­tric Gastroenterology, Hepatology, and Nutrition) und NASPGHAN (North American Society for Pediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition). Sollte Macrogol nicht verfügbar sein, empfehlen die Leitlinien Lactulose. Eine zusätzliche Anwendung von Klistieren, bei chronischer Macrogol-Anwendung, wird nicht empfohlen.

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Behandlung kann Monate dauern

Gerade bei chronischer Verstopfung sollte die Macrogol-Einnahme über mehrere Wochen erfolgen. Zusätzliches konsequentes „Stuhltraining“ in ruhiger Umgebung hilft, die Probleme langfristig zu beheben: Eltern sollten ihr Kind nach jeder Mahlzeit auf die Toilette setzen. Belohnt werden darf auch – aber nicht mit Keksen und Schokolade. 

Handelsübliche Präparate für Kinder (Auswahl, nicht vollständig)
Macrogol ohne ElektrolyteMedizinprodukt ab 6 Monaten: Kinderlax® elektrolytfrei, Arzneimittel ab 6 Monaten: Laxbene® junior  
Macrogol mit ElektrolyteArzneimittel ab 2 Jahren: Kinderlax®, Juniorlax®, Movicol® Junior (rezeptpflichtig), Macrogol AL (rezeptpflichtig)
LactuloseArzneimittel mit Dosierungsanweisung für Neugeborene: Lactulose Aiwa®

Die Behandlung ist für Eltern und Kind eine Herausforderung, weil es Monate dauern kann, bis die Verdauung sich normalisiert. Gerade dann muss Stress bewusst vermieden werden.

               

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Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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