Rezeptur- und BtM-Vergütung

Kassenverband schimpft über höheres Apothekenhonorar

Berlin - 27.06.2017, 16:10 Uhr

Kein Verständnis für höheres Apothekenhonorar: Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes ist die Anpassung der Apothekenvergütung in den Bereichen Rezepturen und BtM-Abgabe ein großer Fehler. (Foto: Sket)

Kein Verständnis für höheres Apothekenhonorar: Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes ist die Anpassung der Apothekenvergütung in den Bereichen Rezepturen und BtM-Abgabe ein großer Fehler. (Foto: Sket)


Den Krankenkassen ist die Erhöhung des Apothekenhonorars für Rezepturen und die BtM-Abgabe immer noch ein Dorn im Auge. In seinem Geschäftsbericht für das Jahr 2016 erklärt der GKV-Spitzenverband, dass es für ein höheres Honorar keine Evidenz gebe. Außerdem konterkariere die vom Bundestag beschlossene Vergütungsanpassung das Honorar-Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums.

Der GKV-Spitzenverband hat in dieser Woche seinen Geschäftsbericht für das Jahr 2016 veröffentlicht. Der Kassenverband fasst darin unter anderem die politischen Erfolge und Niederlagen aus Kassensicht zusammen. Das Arzneimittelversorgungs-Stärkungsgesetz (AMVSG), das die Anpassungen am Apothekenhonorar beinhaltet, wurde eigentlich erst in diesem Jahr verabschiedet. Doch weil der Pharmadialog zwischen Pharmaindustrie und Bundesregierung 2016 abgeschlossen wurde, kommentiert der GKV-Verband auch das aus dem Pharmadialog resultierende AMVSG.

Zur Erinnerung: Für die Apotheker brachte das AMVSG zwei wichtige Änderungen am Apothekenhonorar mit sich. Einerseits führte der Gesetzgeber für Rezepturen ein neues Fixhonorar ein, das 8,35 Euro beträgt, von dem allerdings der Kassenabschlag abgezogen werden muss. Außerdem erhöhten sich im Rezepturbereich die Arbeitspreise um jeweils einen Euro. Andererseits hat sich durch das AMVSG die Pauschale für die Abgabe dokumentationspflichtiger Arzneimittel erhöht – von derzeit 26 Cent auf 2,91 Euro. Die Anpassung im BtM-Bereich ist die erste seit 1978, die Rezepturvergütung war seit 2004 nicht mehr angefasst worden. Beide Honoraranpassungen gelten seit dem 13. Mai 2017.

Alle Inhalte des AMVSG im Überblick

Die Krankenkassen hatten schon während des Gesetzgebungsprozesses immer wieder gegen diese Maßnahmen protestiert. Ganz im Gegenteil gebe es noch Wirtschaftlichkeitsreserven im Apothekenhonorar, erklärte der GKV-Spitzenverband damals. Wenn das Honorar angemessen wäre, könnten die Apotheker überhaupt keine Rabatte und Boni gewähren, so das Kassen-Argument. In seinem Geschäftsbericht erneuert der Kassenverband seine Kritik nun. Es gebe keine „belastbaren Belege“, die die Unterfinanzierung dieser Bereiche belegen, argumentiert der Verband. Der GKV-Spitzenverband schätzt die „Mehrbelastung“ für die Krankenkassen auf etwa 115 Millionen Euro. Hauptkritikpunkt der Kassen bleibt, dass aus ihrer Sicht keine Daten vorliegen, die eine Vergütungserhöhung für Apotheker unabdingbar machen. Der Verband weist auf das vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Honorargutachten hin, dass im Frühherbst vorgestellt werden soll.

Wörtlich schreibt der Verband: „Die vorgesehene Vergütungserhöhung konterkariert das Vorhaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, im Rahmen eines Forschungsprojekts den eklatanten Mangel an aussagekräftigen Zahlen zur Kosten- und Einkommenssituation der Apotheken in Deutschland zu beheben.“ Erstmals hätten auf Basis dieses Forschungsvorhabens „evidenzbasierte Entscheidungen“ zum Apothekenhonorar getroffen werden sollen. Der Verband kommt daher zu dem Schluss: „Eine Anpassung einzelner Elemente der Verordnung ohne Evidenz stellt die Sinnhaftigkeit des Forschungsvorhabens insgesamt infrage.“

Pharma-Resümee: Licht und Schatten

Als einen Erfolg bewertet es der Kassenverband allerdings, dass der Gesetzgeber darauf verzichtet hat, die Preise neuer Arzneimittel grundsätzlich vertraulich zu behandeln. Im Gesetzentwurf hatte das Bundesgesundheitsministerium diese Vertraulichkeit noch geplant. Dass die geplante Umsatzschwelle für neue Originalpräparate gestrichen wurde, lehnt der Kassenverband ab. Geplant war eine Schwelle, ab der die Unternehmen für ihre Medikamente nur noch den zwischen Kassen und ihnen ausgehandelten Erstattungsbetrag bekommen hätten.

Was die frühe Nutzenbewertung betrifft, veröffentlicht der GKV-SV in seinem Papier eine Bilanz zu den Erstattungsbeträgen: Demnach konnten sich zwischen dem 1. Januar 2011 und Anfang 2017 Kassen und Hersteller 133 Mal auf einen Erstattungsbetrag einigen. In 44 Fällen habe es gar keinen Zusatznutzen laut Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses gegeben. 45 Mal habe es einen gemischten Befund gegeben – in diesen Fällen hatten nur Teilpopulationen der infrage kommenden Patienten einen wirklichen Mehrwert an dem neuen Präparat. Und in weiteren 44 Fällen lag ein komplett positiver Zusatznutzen vor. Derzeit laufen laut Verband noch 36 Verhandlungen. 14 Mal habe sich ein Hersteller während des Verfahrens dazu entschieden, sein Medikament in Deutschland vom Markt zu nehmen.

In einem weiteren Kapitel stellt der Verband die Einigung zwischen ihm und dem Deutschen Apothekerverband zum Rahmenvertrag in Sachen Retaxationen vor. Der Kassenverband erklärt, dass es zum Schiedsverfahren kam und erläutert sehr kurz, in welchen Fällen der Vergütungsanspruch des Apothekers künftig trotz Rezept-Fehlers besteht. Das Resümee des GKV-Spitzenverbandes zu den Retax-Verhandlungen: „Die rahmenvertraglichen Vorgaben sollen Fehlanreize vermeiden und keinen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für die Krankenkassen erzeugen.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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8 Kommentare

Die Taschen vollmachen? Damit?

von Armin Spychalski am 27.06.2017 um 19:47 Uhr

Lieber Spitzenverband (kommt von Spitzen werfen?)! Falls ihr es noch nicht bemerkt habt, hat sich just zu dieser kleinen Honorarerhöhung eine Tariferhöhung der Angestelltengehälter ergeben, was natürlich reiner Zufall ist. Die Tariferhöhung übersteigt die Honoraranpassung deutlich. Es zeigt sich mal wieder, wir Apotheker leiten das Geld einfach weiter, da bleibt keine Zeit, sich die Taschen vollzustopfen. Ich sag's immer wieder, nicht mal der Dreck unter den Schuhen, wird einem noch gegönnt..

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AW: GKV

von Heiko Barz am 28.06.2017 um 10:53 Uhr

Diese sofort nach Bekanntgabedargestellten Begehrlichkeiten sind doch nur der Anfang.
Bei der unkommentierten Vorstellung, die Apotheker würden durch diese "gewaltigen" Gewinne aus BTM - und Rezepturgebühr in den Millionärsstatus erhoben, werden noch ganz andere bis hin zur unverschämten Erhöhung der F.Schmidtschen Verwaltungsgebühren der ABDA zur Finanzierung des Neuen Schlosses in der Heidestrasse etc.( neuer absolut überflüssiger Chat-room mit Vollzeitmanager ) uns weiter finanziell in Ketten legen.
Wir Apotheker sind zu multiplen Sklaven der Gesundheitspolitik degeneriert, die wie weiland in Rom im Colosseum zur Volksbelustigung den Löwen ( Multikonzernen ) zum Frass vorgeworfen werden.

Weg von den Pauschalen!

von Andreas Gruenebaum am 27.06.2017 um 18:55 Uhr

Es wird Zeit das System zu entschlacken und die im "Honorar" eingepreisten Leistungen herauszunehmen:
Notdienst von 22.00 - 6.00 Uhr des Folgetages ist nach gängiger arbeitsrechtlicher Rechtsprechung aus anderen heilberuflichen Bereichen mit Stundenlohn zuzüglich mindestens eines Zuschlages von 50% zu berechnen. Für einen Nachtdienst wären das für die genannte Zeit für einen Apotheker um die 450 Euro - wohlgemerkt nur für die Nacht. Für Sonn- und Feiertage müsste man sich tariflich einigen. Dies wäre dann der aufzurufende Preis für die Öffnung. Da auch der Unternehmer (hier Apothekeninhaber) ein Anrecht auf eine Entlohnung hat, müssten zumindest die Roherträge (soweit überhaupt zu erwarten), sowie die Probleme mit den nachfolgenden freien Tagen des Personals gemäß Arbeitszeitgesetz zusätzlich mit eingepreist werden. Jeder Handwerker kennt die Zuschläge - sollte nicht zu schwer zu kalkulieren sein.
Bei den Rezepturen ist es ebenfalls einfach: diese werden nach Aufwand berechnet. Das könnte man in einer PTA Schule mit Schülerinnen des Abschlussjahres eruieren können. Ich schätze mal, da kommen wir auf ganz andere Tarife.
Vorschlag zur Güte: unsere "Granden" der Kammer und der ABDA schlagen der Politik als Ausgleich vor, auf die unnötigen Prüfungen der Ausgangsstoffe im "Apothekenlabor" für bereits zertifizierte Ausgangsstoffe zu verzichten. Tut keinem weh (ausser einigen Granden der ABDA) und spart viel Geld ein.

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GKV - schäbig bis ins Mark !

von Ratatosk am 27.06.2017 um 18:47 Uhr

Hochdotierte Apparatschicks schwadronieren über die belastbaren Belege einer Erhöhung nach Jahre und Jahrzehnten ?! Inflation in der Zeit , immer höhere Dokumentationspflichten ?
Welche empirischen Belege gibt es für die fürstlichen Gehälter der Vorstände und der absoluten Notwendigkeit diese zu erhöhen ? Sind ja auch meist schon AT
Welche Notwendigkeit gibt es, daß die GKV die meisten Lobbyisten im Bundestag eingeschleust hat ?

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Das tut gut

von Peter Bauer am 27.06.2017 um 17:35 Uhr

Ohhh tut das der Apothekerseele gut ,wenn sich die Krankenkassen mal zur Abwechslung über die Apotheker ärgern müssen.

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AW: Das tut gut

von Christian Becker am 01.07.2017 um 10:21 Uhr

"wenn sich die Krankenkassen mal zur Abwechslung über die Apotheker ärgern müssen. "

Das müssen sie nicht einmal. Es ist eine rein freiwillige Aufregung der GKV-Vertreter, zu der eigentlich kein Anlass besteht. :P

Krankenkassen als kapitalistische Konzerne

von Heiko Barz am 27.06.2017 um 17:20 Uhr

Diese Attacke der GKV grenzt nun schon an Unverschämtheit.
Vor dem Hintergrund der gerade veröffentlichten Gewinne der KKassen ( alle? ) von fast 700 Mill€ im 1 Quartal 2017 sollten sich die hochdotierten KKassenbossse fragen, wem sie denn diese Gewinne zu verdanken haben.
Hochgerechnet werden schon wieder über 3 Milliarden € am Ende 2017 auflaufen durch die sklavenartige und dramatisch
unterbezahlte Leistung der Apothekerschaft.
Die Rezept - und BTM Gebührenerhöhung hat mit der Apothekerhonorarfrage aber auch gar nichts zu tun.
Es war allerdings vorauszusehen, dass die Minimalstangleichug von BTM und Rezeptur, die auch bei Weitem nicht ausreichend und zukunftsfähig gestaltet wurde, sofort von mehreren Seiten Begehrlichkeiten geweckt hat.
Sollten sich doch diese Damen und Herren Kassenführer mal den Vergleich ihrer unverhältnismäßigen "Bezüge" von 2004 bis heute vor Augen führen, und dann könnten sie die unverschämten Honorarforderungen der Apotheker, die noch nicht einmal wertmäßig vorzustellbar sind, zur Analyse bringen.
Allein bei diesen Vorstellungen muß ich schon wieder zur tinctura stomachica greifen!

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Fake News

von Anita Peter am 27.06.2017 um 17:19 Uhr

Wenn das Honorar angemessen wäre, könnten die Apotheker überhaupt keine Rabatte und Boni gewähren, so das Kassen-Argument

Welche deutsche Apotheke gewährt Rabatte und Bonus auf RX?

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