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Mondpreise, Nutzenbewertung, Vertraulichkeit, Antibiotika und Lieferengpässe. Es waren insbesondere diese Themen, die das Bundesgesundheitsministerium und Vertreter von Wirtschafts- und Forschungsministerium, pharmazeutischer Industrie, Wissenschaft und Forschung sowie der Gewerkschaft IG BCE in den vergangenen anderthalb Jahren besprochen haben. Die Apotheker sind nicht direkt betroffen. Einige Änderungen könnten Sie im Alltag in der Apotheke aber doch zu spüren bekommen. Eine Übersicht.
Wohl das wichtigste Thema des Pharmadialogs: Während die Krankenkassen sich seit Monaten über rasant steigende Preise für neue Originalpräparate beschweren, versuchte die Pharmaindustrie sich das erste „preisfreie“ Jahr zu bewahren. Zur Erklärung: Seit 2011 dürfen Pharmaunternehmen den Preis eines Medikamentes nur noch im ersten Jahr frei festlegen, danach gilt ein Erstattungsbetrag, der auf Basis des Zusatznutzens des Arzneimittels ausgehandelt wird.
Beobachter hatten in den vergangenen Wochen eine Verkürzung diesen ersten Jahres erwartet, sozusagen als Zugeständnis für die Pharmaindustrie. Doch es kam anders: Das BMG setzt sich für eine Umsatzschwelle ein. Wie DAZ.online bereits berichtet hat, soll der freie Preis bis zu dieser Schwelle abgerechnet werden dürfen. Danach gilt der Erstattungsbetrag. Wenn der zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht, gilt er rückwirkend.
Im Gegenzug will das BMG der Pharmaindustrie in Sachen Vertraulichkeit entgegenkommen: Die Erstattungsbeträge, beziehungsweise die ausgehandelten Rabatte neuer Arzneimittel, sollen künftig vertraulich behandelt werden. Nur noch „Institutionen des deutschen Gesundheitswesens“ sollen darauf zugreifen dürfen, etwa wenn sie die Preise zur Erfüllung gesetzlicher Aufgaben benötigen.
Rabattverträge
Zwischen Vergabe und Umsetzung eines Rabattvertrages sollen künftig sechs Monate liegen (DAZ.online, 8.4. 2016). Generika-Hersteller sollen sich so besser auf die Umsetzung vorbereiten können. Auf verbindliche Mehrfachausschreibungen will das BMG verzichten. Allerdings wollen sich sowohl das BMG als auch die Pharmaindustrie bei den Krankenkassen dafür stark machen, dass nicht mehr exklusiv ausgeschrieben wird.
Antibiotika
Weil die Zahl der neuen Antibiotika stagniert und gleichzeitig die Zahl und das Ausmaß der Resistenzen steigt, will das Bundesforschungsministerium neuartige Therapieansätze besonders fördern.
Diskutiert haben das BMG und die Hersteller auch über einen Fonds, in den alle Pharmaunternehmen einzahlen, um Hersteller zu unterstützen, die an Antibiotika forschen. Dabei herausgekommen ist die Formulierung, dass die Pharmaindustrie diese Option „prüfen“ werde.
Interessant ist auch, dass der G-BA bei der Erstellung von Festbetragsgruppen künftig die Resistenz-Situation des jeweiligen Antibiotikums berücksichtigen soll. Um Hersteller mit wichtigen Antibiotika zu unterstützen, soll der G-BA das jeweilige Präparat sogar von einer Eingruppierung in eine Festbetragsgruppe freistellen können.
Und: In Kooperation mit anderen Ländern, der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird das BMG eine Liste der wichtigsten bakteriellen Infektionen, deren Behandlung sowie bekannter Resistenten erstellen. Die Forschung nach neuen Antibiotika soll so zielgerichteter stattfinden.
Arzneimittelfälschungen
Das Projekt „securPharm“, an dem auch die Apotheker beteiligt sind, soll ausgebaut werden. Die ohnehin von der EU geforderte Echtheitsprüfung von Arzneimitteln soll so leichter ermöglicht werden. Inwiefern die Pharmaindustrie „securPharm“ ausbauen soll, war bislang nicht zu erfahren. Derzeit wird das Sicherheitsverfahren getestet, rund 400 Apotheken beteiligen sich.
Lieferengpässe
Künftig soll es eine Liste mit besonders versorgungsrelevanten, engpassgefährdeten Arzneimitteln geben. Außerdem ist ein „Jour Fixe“ unter der Beteiligung der Bundesoberbehörden und Fachkreise geplant, bei dem regelmäßig die Versorgungslage beobachtet wird.
Kinderarzneimittel
Ähnlich wie bei Orphan Drugs soll es auch für Kinderarzneimittel künftig Erleichterungen in der frühen Nutzenbewertung geben. Ziel ist es, die Zahl der für Kinder zugelassenen Arzneimittel zu erhöhen. Denn die Entwicklung eines Arzneimittels, das speziell für Kinder zugelassen ist, ist teuer: Die Zahl der Abnehmer ist vergleichsweise klein - ähnlich wie bei Arzneimitteln für Menschen mit seltenen Erkrankungen. Experten schätzen den Anteil am Markt auf gerade einmal drei Prozent - das lohnt sich für Pharmakonzerne nicht. Die nötigen Studien sind zudem aufwendiger in der Umsetzung.
Die EU-Kommission hat eigentlich bereits 2006 verschiedene Maßnahmen verabschiedet, um Pharmakonzerne dazu zu bringen, mehr geeignete Kinderarzneimittel zu entwickeln (Richtlinie 1901/2006). So wird etwa der Patentschutz für neue, innovative Arzneimittel mit zusätzlicher Kinderzulassung um ein halbes Jahr verlängert, was für Hersteller einen Gewinn im durchaus sechsstelligen Bereich bedeuten kann. Doch noch haben diese Anreize wenig Wirkung gezeigt, wie auf einem Symposium des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte im vergangenen Juli deutlich wurde. Im Pharmadialog wurden auch hier Punkte verabredet, die die Situation zukünftig verbessern sollen.
Klinische Studien
Die Genehmigungsverfahren bei klinischen Prüfungen, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung eingesetzt werden, sollen verkürzt werden. Für die Pharmaindustrie soll es so unbürokratischer und einfacher werden, solche Arzneimittel zuzulassen.
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