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Beratungs-Quickie
Was bei der Migräneprophylaxe wichtig ist
Welche Informationen sind bei einem Beratungsgespräch in der Apotheke für den Patienten wichtig? Im Beratungs-Quickie stellen wir jeden Donnerstag einen konkreten Patientenfall vor. Diesmal geht es um eine Verordnung über ein Antidepressivum und einen Betablocker für eine ältere Frau, die sehr unter ihren häufigen Migräneattacken leidet.
Formalien-Check
Verordnet sind eine N1-Packung „Amitryptilin“ 50 mg sowie eine N2-Packung Concor® 2,5 mg. Die Verordnung ist vollständig, enthält jedoch Ungenauigkeiten. Den Schreibfehler in Amitriptylin und den fehlenden Zusatz „COR“ (in der Wirkstärke 2,5 mg ist nur Concor Cor® verfügbar) kann die Apotheke korrigieren. Für Concor Cor® 2,5 mg ist keine N2-Packung auf dem Markt. Hier ist nur die Abgabe der nächstkleineren Packung mit dreißig Filmtabletten (N1) möglich. Bei Position eins handelt es sich um eine Wirkstoffverordnung, für Position zwei erlaubt der Arzt den aut-idem-Austausch. Daher sind für beide Positionen Rabattverträge zu beachten.
Es ist kein Gebührenstatus-Feld angekreuzt. Die Kundin muss die gesetzliche Zuzahlung leisten, sofern sie keinen gültigen Befreiungsausweis vorlegen kann. Ab Ausstellungsdatum ist die Verordnung einen Monat gültig.
Auf Nachfrage berichtet die Kundin, dass sie die häufigen Migräneschmerzen auch immer so niedergeschlagen machen. Ihr Arzt habe ihr deshalb geraten, Medikamente zur Vorbeugung einzunehmen und nicht nur Migränetabletten im Anfall.
Beratungs-Basics
Laut Leitlinie ergibt sich die Indikation zu einer medikamentösen Prophylaxe der Migräne bei besonderem Leidensdruck und Einschränkung der Lebensqualität. Zusätzliche Kriterien sind u.a. drei und mehr Migräneattacken pro Monat oder Migräneattacken, die regelmäßig länger als 72 Stunden anhalten.
Der Wirkstoff Amitriptylin ist ein trizyklisches Antidepressivum mit schmerzdistanzierender Eigenschaft. Die Leitlinie nennt Amitriptylin zur Migräneprophylaxe nur als Mittel der zweiten Wahl. Jedoch ist der Wirkstoff bevorzugt zur Vorbeugung der Migräne einzusetzen, wenn eine Kombination mit einem Spannungskopfschmerz oder zusätzliche eine Depression (durch die Schmerzen) vorliegt. Die empfohlene Dosierung beträgt 50 bis 150 mg Amitriptylin täglich. Da der Wirkstoff häufig zu Müdigkeit und Schwindel führt, sollte die Kundin das Medikament abends einnehmen. Auch der Betablocker Bisoprolol verursacht häufig Müdigkeit. Außerdem kann es unter der Einnahme zu Hypotonie und Schwindel kommen. Deshalb ist auch für dieses Medikament der abendlichen Einnahme der Vorzug zu geben.
Um das Risiko für Nebenwirkungen kleinzuhalten, sind beide Substanzen einschleichend zu dosieren. Die Kundin soll mit einer Dosierung von jeweils einer halben Tablette beginnen.
Bisoprolol ist für die Migräneprophylaxe nicht zugelassen. Der Einsatz als Mittel der zweiten Wahl in einer täglichen Dosierung von 5 bis 10 mg ist jedoch leitliniengerecht. Eine ärztliche Rücksprache, ob tatsächlich eine initiale Kombinationstherapie als Prophylaxe erwünscht und ob der Off-Label-Use beabsichtigt ist, ist sinnvoll. Laut Leitlinie sind Propranolol und Metoprolol als Mittel der ersten Wahl zur Migräneprophylaxe.
Bevor man die (Un-)wirksamkeit der Prophylaxe beurteilt, sollte die tolerierte Höchstdosis erst zwei Monate lang eingenommen werden. Nach sechs bis zwölf Monaten wird die Prophylaxe auf ihre Notwendigkeit hin überprüft und ggf. ausschleichend abgesetzt.
Die Kundin ist im Beratungsgespräch aufzuklären, dass eine Vorbeugung in der Regel nicht zu einer völligen Attackenfreiheit führt. Eine Migräneprophylaxe wird als wirksam definiert, wenn sich die Migränetage (nicht Attacken) um 30 bis 50 Prozent reduzieren. Deshalb soll sie auch in Zukunft Medikamente für den akuten Migräneanfall bei sich führen.
Des Weiteren ist die Kundin zu informieren, dass alle prophylaktischen Migräne-Medikamente ursprünglich eine andere Indikation haben und die Migränevorbeugung im Beipackzettel unter Umständen nicht aufgeführt ist.
Auch noch wichtig
Nach einer erfolgreichen medikamentösen Migräneprophylaxe (in der Regel über ein halbes Jahr) ist es wahrscheinlich, dass die Frequenz der Migräneattacken nach Absetzen weiterhin niedrig bleibt. Verschlechtert sich die Migräne wieder, kann ein weiterer Behandlungszyklus erfolgen.
Bei der Behandlung mit anderen Arzneimitteln in der Selbstmedikation oder nach ärztlicher Verordnung sind mögliche Wechselwirkungen zu beachten.
Bei der Selbstmedikation einer Migräneattacke mit Schmerzmitteln ist auf eine ausreichende Dosierung zu achten. Die empfohlenen Einzeldosen lauten beispielsweise für ASS 1000 mg und Ibuprofen 400 mg. Die fixe Kombination von ASS, Paracetamol und Coffein (Thomapyrin® Einzeldosis zwei Tabletten) hat eine überlegene Wirksamkeit. Laut Leitlinie ist außerdem die Kombination eines Triptans mit einem langwirkenden NSAR wie Naproxen der jeweiligen Monotherapie überlegen.
Der Dauergebrauch von Analgetika ist wegen der Gefahr des
analgetikainduzierten Kopfschmerzes (und natürlich auch aufgrund von
Nebenwirkungen u.a. im GIT) zu vermeiden. Deshalb kann der Kundin auch im
Hinblick auf die geringere Schmerzmitteleinnahme bei einer Reduktion der
Migräneattacken durch eine erfolgreichen Prophylaxe zu der Prophylaxe-Medikation
geraten werden.
Darf´s ein bisschen mehr sein?
In der Selbstmedikation ist eine Migräneprophylaxe mit Magnesium (zweimal 300 mg täglich) möglich. Die Leitlinie listet hinsichtlich der Prophylaxe der episodischen Migräne außerdem Vitamin B2 und Coenzym Q10 und nennt die diätetischen Lebensmittel Migravent®, Migravent classic® und Migra3®.
Tägliche Eintragungen in einem Kopfschmerzkalender dokumentieren, ob der eingeschlagene Weg zur Migräneprophylaxe erfolgreich ist.
Auslöser für Attacken sind möglichst zu meiden, wie Veränderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus, Stress oder Genussmittel. Alkohol ist in der Lage durch eine Beeinträchtigung der Gefäßweite Kopfschmerzen auslösen.
Ergänzend zu einer medikamentösen Prophylaxe sind nicht medikamentöse Verfahren wie Ausdauersport und/oder eine Verhaltenstherapie wichtig.
Erlernen von Entspannungsmethoden wie Autogenes Training oder Yoga ist sehr zu empfehlen. Zur Stressregulation kann auch eine kurartige Anwendung von pflanzlichen Beruhigungsmitteln (wie Zubereitungen aus Baldrian, Melissenblättern oder Lavendelöl) hilfreich sein.
Die aktuellen Therapieleitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (www.dgn.org) finden Sie hier.
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