Europa, deine Apotheken – Schweiz

Über den buntesten Apothekenmarkt Europas

Stuttgart - 08.06.2017, 07:00 Uhr

In der Schweiz gibt es einen bunten Mix aus Kettenapotheken, Apothekenkooperationen, unabhängigen Apothekern und gleichzeitig strenge Versandregeln sowie selbstdispensierende Ärzte. (Foto: picture alliance / KEYSTONE)

In der Schweiz gibt es einen bunten Mix aus Kettenapotheken, Apothekenkooperationen, unabhängigen Apothekern und gleichzeitig strenge Versandregeln sowie selbstdispensierende Ärzte. (Foto: picture alliance / KEYSTONE)


Apothekenpflicht wird zerstückelt

Die Apothekenpflicht hängt in der Schweiz an behördlich festgelegten Arzneimittelkategorien. Dabei gilt: Die Rx-Kategorien A und B sind grundsätzlich nur in der Apotheke erhältlich. Die Abgabe der Kategorien C, D und E wird derzeit gerade neu geregelt und steht vor einer erheblichen Liberalisierung. Denn die Arzneimittelbehörde wurde vom Gesetzgeber beauftragt, die Liste C, zu der OTC-Medikamente gehören, die derzeit nur nach einer apothekerlichen Beratung abgegeben werden dürfen, aus der Apothekenpflicht zu entlassen. Die Liste C enthält derzeit etwa 650 Präparate, die nach der Freigabe auch in Drogerien angeboten werden könnten. Nur einige wenige Arzneimittel aus dieser Liste sollen als „kritisch“ eingestuft werden und in der Apotheke verbleiben. Derzeit gehören etwa zwei Drittel zu den rezeptpflichtigen Kategorien A und B. 

Abgabestatus zugelassener Arzneimittel

Status
Bedingung für die Abgabe
A
einmalig auf ärztliche oder tierärzt­liche Verschreibung
B
auf ärztliche oder tierärztliche Verschreibung
C
nach Fachberatung durch Medizinalperson (Apotheken) (rezeptfrei)
D
ohne Rezept nach Fachberatung (Apotheken und Drogerien) (rezeptfrei)
E
ohne Rezept ohne Fachberatung (rezeptfrei, in allen Geschäften)

Nicht alle Arzneimittel, die in der Schweiz zugelassen sind, werden von den Krankenversicherern vergütet, sondern nur die auf der „Spezialitätenliste“ (SL) des Bundesamts für Gesundheit (BAG) aufgeführten. Aktuell umfasst die SL insgesamt rund 2900 Präparate in etwa 9600 Darreichungsformen bzw. Packungsgrößen. Über 92 Prozent davon sind rezeptpflichtig (Kategorie A und B), die restlichen rund 7 Prozent rezeptfrei erhältlich (Kategorie C, D und E). Diese werden nur dann erstattet, wenn eine ärztliche Verschreibung vorliegt.

Für die Arzneimittelabgabe erhalten die Schweizer Apotheker eine prozentual, degressiv gestaltete Apothekenmarge. Dabei gilt: Je teurer das jeweilige Präparat ist, desto niedriger ist der Prozentsatz der Marge. Bei Arzneimitteln, die bis 800 Schweizer Franken kosten, erhalten die Pharmazeuten beispielsweise einen 12-prozentigen Aufschlag. Bei einer Preishöhe von 2570 Franken ist die Marge gedeckelt: Der Apotheker erhält dann einen Fixzuschlag von 240 Franken. 

Apothekenmargen in der Schweiz

Preis-klassen
Fabrikabgabepreis in CHF, (ca. Euro)
+ Preis-bezogener Zuschlag
+ Zuschlag je Pkng. in CHF, (ca. Euro)
1
0,05 – 4,99
(0,04 – 4,54)
12%
4,00
(3,64)
2
5,00 – 10,99
(4,55 – 9,99)
12%
8,00
(7,27)
3
11,00 – 14,99
(10,00 – 13,63)
12%
12,00
(10,90)
4
15,00 – 879,99
(13,64 – 800,00)
12%
16,00
(14,55)
5
880,00 – 2569,99
(800 – 2336,50)
 7%
60,00
(54,55)
6
ab 2570,00
(2336,53)
 0%
240,00
(218,20)

Generikasubstitution

Im internationalen Vergleich weist die Schweiz einen relativ niedrigen Generika-Marktanteil auf: Ende 2013 lag er bei gut 14 Prozent. 2014 waren über 41 Prozent aller Präparate auf der Spezialitätenliste Generika. Nach einem Auslandpreisvergleich des Verbandes der Krankenversicherer santésuisse (2008 bis 2013) kosten Generika im europäischen Ausland durchschnittlich rund 46 Prozent weniger als in der Schweiz.

Die Preisbildung für erstattungsfähige Generika richtet sich nach dem Preis des patentabgelaufenen Originals. Das Generikum muss dabei günstiger sein und zudem einen Mindestpreisabstand einhalten. Seit Juni 2015 gelten diesbezüglich anhängig vom Marktvolumen des Originalprodukts fünf Stufen von 10 bis 60 Prozent. Apotheker dürfen den Patienten mit deren Einverständnis anstelle eines teureren Originalproduktes ein geeignetes Generikum abgeben, es sei denn, der Arzt schließt dies aus.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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