Jahrbuch Sucht

Experten fordern Strategie gegen Arzneimittel-Abhängigkeit

Berlin - 12.04.2017, 11:41 Uhr

Arzneimittel-Abhängigkeiten sind nach wie vor ein großes Problem in Deutschland, auch in der Apotheke ist das ein schwieriges Thema. (Foto: monropic / Fotolia)

Arzneimittel-Abhängigkeiten sind nach wie vor ein großes Problem in Deutschland, auch in der Apotheke ist das ein schwieriges Thema. (Foto: monropic / Fotolia)


Starker Anstieg bei Ecstasytabletten

Auch andere Abhängigkeiten nimmt sich das Jahrbuch Sucht im Detail vor. Untersuchungen aus dem Jahr 2015 zeigten, dass mehr als jeder vierte Erwachsene mindestens einmal im Leben eine illegale Droge konsumiert hat. „Nach wie vor ist Cannabis in allen Altersgruppen die am weitesten verbreitete illegale Droge und wurde von 7,3 Prozent der Jugendlichen und 6,1 Prozent der Erwachsenen im Zeitraum der letzten 12 Monate konsumiert“, schreibt die DHS. Im Jahr 2015 seien die Fall- und Sicherstellungszahlen für Ecstasytabletten stark angestiegen, während die Sicherstellungsfälle und -mengen für kristallines Methamphetamin (sogenanntes „Crystal“) im zweiten Jahr in Folge rückläufig waren.

Psychoaktive Stoffe (NPS), die vorrangig über das Internet vertrieben werden, nehmen auch 2015 weiter zu. Der Online-Handel mit Rauschgift habe sich als ergänzender Vertriebsweg für Drogen in Deutschland etabliert, erklärt die DHS. Er unterliege einer sehr hohen Dynamik, was eine verlässliche Aussage bezüglich Qualität und Quantität der gehandelten Ware erschwere.

Weniger Zigaretten, mehr Pfeifentabak

Der Verbrauch von Zigaretten und von Feinschnitt nahm laut DHS im Jahr 2016 ab – auf nun 75.016 Millionen Zigaretten, was im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang um 7,7 Prozent bedeutet. Der Feinschnittverbrauch sank um 1,1 %, von 25.470 Tonnen auf 24.188 Tonnen, während der Konsum von Zigarren und Zigarillos um 3,2 Prozent auf 3.049 Millionen Stück angestiegen ist. Außerordentlich stark habe der Konsum von Pfeifentabak zugenommen, heißt es im Jahrbuch Sucht: Der Anstieg von 1.732 Tonnen im Jahr 2015 auf 2.521 Tonnen in 2016 entspricht einer Steigerung von 45,6 Prozent.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Seit Jahren

von Stefan Haydn am 13.04.2017 um 16:12 Uhr

sind die Umsatzbringer mit jährlichen Zuwachsraten im Versandhandel OTC:

Analgetika, Laxantien, Hypnotika/Sedativa und dann Erkältungsmittel

Noch Fragen?

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Konsequenzen der Studie

von Uwe Hüsgen am 13.04.2017 um 10:36 Uhr

Und welche Konsequenzen zieht Herr Prof. Glaeske aus den Studienergebnissen - speziell mit Blick auf den Versandhandel?
Eine Studie von Prof. Schweim ("Riskanter Vertriebsweg"; DAZ-Nr. 49/2015) liefert Argumente.

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Politisch in Kauf genommene Gesundheitsgefährdung

von Sven Oliver Conrad am 12.04.2017 um 13:19 Uhr

Arzneimittel haben eben neben einem Wirkpotential auch ein Schadenspotential. Nur setzt eine restriktive Handhabe eben auch entsprechende Strukturen voraus. Genau deswegen ist der Versandhandel nicht alleine für Rx-Arzneimittel, sondern ebenso für OTC-Arzneimittel zu untersagen. Es sind eben Arzneimittel. Wenn schon Waren, dann eben welche besonderer Art und solcherlei Problematiken bekommt man nicht aus der Ferne in den Griff! Das hat NICHTS mit dem Thema Warenverkehrsfreiheit der EU zu tun! Ende der Debatte, was die Faktenlage angeht, nur wer erklärt das den Profiteuren oder Chef-Ideologen unter den Entscheidern, die sich einer Lösung diesbezüglich verschließen bzw. diesen gemeingefährlichen (!) Schwachsinn installiert haben? Ich entziehe mich keiner Debatte, aber ich lehne ab, zu akzeptieren, daß profitorientierte Konzerne auch nur ansatzweise ihrer Verantwortung gerecht werden wollten oder könnten, die für jeden selbstständigen Heilberufler in Deutschland eine Selbstverständlichkeit ist und deren Missachtung berufsrechtlich geahndet werden kann.

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AW: Politisch in Kauf genommene

von Christian Becker am 15.04.2017 um 7:15 Uhr

Es ist ja einerseits richtig, dass der Versandhandel da eventuell noch weniger Kontrolle ausüben kann als die Apotheke vor Ort. Andererseits muss auch die Apotheke vor Ort Gewinn machen, wird also auch ungern auf Umsätze verzichten - zumal wenn eine Verschreibung vorliegt wie für Benzodiazepine und Z-Substanzen.

Ich habe tatsächlich mal eine Kundin angesprochen, die in schöner Regelmäßigkeit mit Rezepten bei uns ankam und Unmengen Zolpidem geschluckt haben muss. Die hat dann zuerst gewartet, wenn sie wiederkam, bis ich nicht mehr in der Offizin stand und ist zu einer Kollegin gegangen. Als die sie dann aber auch mal darauf angesprochen hat, hat sie ihre Rezepte eingepackt und ist gegangen.
Jetzt wird sie vermutlich jedes mal eine andere Apotheke aufsuchen, damit keiner einzelnen auffällt, wie oft sie kommt.

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