Beratungs-Quickie

Behandlung des Herpes zoster

München - 02.03.2017, 13:15 Uhr

Herpes zoster ist das Rezidiv der Windpocken. In der Apotheke besteht Beratungsbedarf, (Foto: nengredeye / Fotolia)

Herpes zoster ist das Rezidiv der Windpocken. In der Apotheke besteht Beratungsbedarf, (Foto: nengredeye / Fotolia)


Welche Informationen sind bei einem Beratungsgespräch in der Apotheke für den Patienten wichtig? Welche hilfreichen Tipps kann der Apotheker zu Arzneimitteln und Therapien geben? Diesmal geht es um eine Verordnung über ein Virustatikum und ein Schmerzmittel für einen älteren Herrn mit Gürtelrose. 

Formalien-Check

Ein mürrisch blickender älterer Herr legt das Rezept am Tag der Ausstellung in der Apotheke vor. Der Kunde berichtet, dass er an starken Schmerzen leidet. Er habe sich diesen Hautausschlag gar nicht erklären können. Jetzt mache er sich große Sorgen seine Familienangehörigen anzustecken.

Verordnet sind eine N2-Packung Acic® in der Wirkstärke 800 mg sowie eine N1-Packung Tramadolor® 100 mg ID. Das Rezept ist vollständig und eindeutig.

Der Arzt erlaubt für beide Positionen den Aut-idem-Austausch. Rabattverträge sind daher zu beachten. Zur möglichst frühzeitigen Behandlung des Herpes zoster und zur Sicherung des Therapieerfolges sind schnell verfügbare (an Lager befindliche) Präparate gegenüber zu bestellenden Rabattartikeln zu bevorzugen. Bei Bedarf sollte deshalb eine Akutversorgung geltend gemacht werden. Die Apotheke bedruckt in diesem Fall die Verordnung mit der Sonder-PZN 02567024 und dem Faktor 5 und ergänzt einen handschriftlichen Vermerk „Dringender Fall, sofortiger Therapiebeginn erforderlich“ mit Datum und Unterschrift. Seit 1. Juni 2016 besteht keine Retaxgefahr, wenn entweder das Sonderkennzeichen oder der handschriftliche Vermerk auf dem Rezept fehlt (Neureglung § 3 Rahmenvertrag).

Aciclovir ist in der Wirkstärke 800 mg nur als N1-Normgröße im Handel. Die Packungsgröße enthält 35 Tabletten und deckt die Behandlungsdauer bei Gürtelrose ab. Bei Position zwei steht die Abkürzung „ID“ für Retardtabletten mit einer Initial- und Depotwirkung. Bei Substitution ist auf ein Präparat mit gleichem Freisetzungsverhalten zu achten.

Der Kunde ist gebührenpflichtig. Ab Ausstellungsdatum ist die Verordnung einen Monat gültig

Beratungs-Basics

Aciclovir wirkt virustatisch auf Viren der Herpes-Familie, insbesondere auf das Herpes simplex Virus Typ 1 und 2 (Erreger des Herpes im Gesichts-, Lippen- und Genitalbereich) und das Varizella-zoster-Virus (Erreger der Windpocken und der Gürtelrose). In der verordneten Wirkstärke von 800 mg und in Kombination mit einem Analgetikum wird Aciclovir zur Behandlung des Herpes zoster (Gürtelrose) eingesetzt. Die Gürtelrose ist das Rezidiv der Varizellen, der Windpocken, die meist im Kindesalter auftreten. Bei geschwächter Immunabwehr (krankheitsbedingt oder durch höheres Lebensalter) können die Viren durch Reaktivierung einen sehr schmerzhaften, meist gürtelförmigen Hautausschlag verursachen. Da Komplikationen wie chronische Zosterschmerzen möglich sind, sollte die antivirale Behandlung unmittelbar, spätestens innerhalb von zwei bis drei Tagen, nach dem Auftreten der ersten Hauterscheinungen beginnen. Die Dosierung beträgt fünf mal täglich eine Tablette über fünf bis sieben Tage. Der Patient kann seine Nachtruhe einhalten, da die Tabletten tagsüber in einem Abstand von vier Stunden verabreicht werden. Die Tabletten sind möglichst nach einer Mahlzeit mit einem großen Glas Wasser einzunehmen. Der Kunde sollte insgesamt auf eine angemessene Flüssigkeitszufuhr achten, da Aciclovir renal eliminiert wird. Ist die Nierenfunktion eingeschränkt, ist eine geringere Aciclovir-Dosis zur Behandlung in Betracht zu ziehen. Unter der Behandlung treten häufig Schwindel, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit und Magen-Darm-Beschwerden auf. Außerdem kann es zu Hautausschlägen, einschließlich Photosensibilitätsreaktionen, kommen.

Das Opioidanalgetikum Tramadol wirkt analgetisch, sedierend, tranquilisierend und antitussiv und wird zur Behandlung mittelschwerer bis schwerer Schmerzen eingesetzt. Die verordneten Retardtabletten sind eine Kombination aus einem schnellwirksamen und retardierten Anteil Tramadol. Die Dosierung beträgt üblicherweise zweimal täglich eine Retardtablette (morgens und abends). Zwischen der Einnahme von zwei Tabletten müssen mindestens acht Stunden liegen. Die Retardtabletten sind im Ganzen mit ausreichend Flüssigkeit, unabhängig von den Mahlzeiten, zu schlucken. Eine regelmäßige Einnahme ist wichtig, um eine Post-Zoster-Neuralgie zu verhindern.

Bei Leber- und Niereninsuffizienz ist die Elimination von Tramadol verzögert und eine Verlängerung des Dosierungsintervalls in Betracht zu ziehen. Sehr häufig treten nach der Einnahme Schwindel und Übelkeit auf. Häufig kommt es zu Kopfschmerzen, Benommenheit und Schwitzen. Auch Mundtrockenheit ist möglich.

Tramadol hat aufgrund seines Wirkmechanismus und der Biotransformation über CYP3A4 und CYP2D6 ein hohes Potenzial für Arzneimittel-Wechselwirkungen. Deswegen muss die Einnahme anderer Arzneimittel unbedingt abgefragt werden. In diesem Fall gibt es aber keine Probleme.

Tramadol sollte auf keinen Fall länger als unbedingt notwendig zur Schmerzbehandlung angewendet werden. Ähnlich wie andere starke Opioide besitzt der Wirkstoff ein Missbrauchspotenzial und kann zu einer psychischen Abhängigkeit führen.

Auch noch wichtig

Im Straßenverkehr und beim Umgang mit Maschinen ist Vorsicht geboten, da Tramadol zu einer eingeschränkten Reaktionsfähigkeit und Aciclovir zu Schwindel führen kann.

Auf alkoholhaltige Pharmaka (Tropfen) und sedierende Wirkstoffe, wie Dextromethorphan und Antihistaminika, ist während der Behandlung besser zu verzichten. Es könnte zu einer Verstärkung der sedierenden Wirkung von Tramadol kommen. Aus diesem Grund sollte der Kunde während der Therapie auch keine alkoholhaltigen Getränke konsumieren.

Darf´s ein bisschen mehr sein?

  • Zubereitungen zum Auftragen auf die befallenen Körperstellen, wie Anaesthesulf® Lotio oder Zinkoxid-Schüttelmixtur, können die Symptome einer Gürtelrose lindern.
  • Für den Impfstoff Zostavax® für Personen ab 50 Jahren zur Prävention von Herpes zoster und postherpetischer Neuralgie (PHN) besteht keine STIKO-Impfempfehlung.

 Der Apotheker kann den Mann beruhigen: Gürtelrose ist weit weniger ansteckend als die Windpocken. Eine Ansteckungsgefahr besteht nur durch Schmierinfektion, also den direkten Kontakt mit dem virushaltigen Bläscheninhalt oder den Krusten, und für Menschen, die bislang nicht mit Varizellen infiziert waren. Es gilt deshalb eine Berührung und vor allem Kratzen zu vermeiden. Außerdem ist eine gründliche Händehygiene, ggf. mit einem geeignetem Desinfektionsmittel wie Sterillium® Virugard, wichtig. Was die Kleidung betrifft, so wird das Virus beim Waschen der Wäsche abgetötet.



Manuela Kühn, Apothekerin
redaktion@daz.online


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