Thema Varizellen

Schmerztherapie bei Herpes zoster

Akuter Zosterschmerz und Post-Zoster-Neuralgie

Von Ozan Eren und Andreas Straube | Die Gürtelrose oder Herpes zoster ist eine der häufigsten Ursachen für einen akuten neuropathischen Schmerz und kann in einigen Fällen auch zu einem chronischen neuropathischen Schmerz führen: zur Post-Zoster-Neuralgie (PZN). Es gibt Hinweise, dass die PZN durch eine frühzeitige Therapie der akuten Schmerzen verhindert werden kann.

Klinik und Therapie

Schon am Anfang einer Zostererkrankung stehen dumpfe, häufig schwer zu lokalisierende Schmerzen im Vordergrund. Es treten auch stechende oder brennende Schmerzen auf und es kann zu einer Berührungsempfindlichkeit kommen. Etwa 10 bis 15 Prozent der Patienten berichten in dieser Phase über ein allgemeines Krankheitsgefühl und Kopfschmerzen. Doch erst mit dem Auftreten der „Gürtelrose“, der typischen gruppierten Bläschen im Versorgungsgebiet (Dermatom) eines Rückenmarknervs oder Gesichtsnervs, lässt sich die sichere Diagnose „Herpes zoster“ stellen. Die Bläschen oder Effloreszenzen brechen nach wenigen Tagen auf, worauf sich eine gelbbräunliche Kruste bildet, die nach ein bis vier Wochen teils unter Narbenbildung abheilt [1–3].

Die Therapie immunkompetenter Herpes-zoster-Patienten gliedert sich in

  • die Hautpflege zur Verhinderung einer bakteriellen Superinfektion (tägliches Baden, Gabe von juckreizlindernden Medikamenten),
  • die systemische antivirale Therapie (mit Aciclovir, Brivudin, Famciclovir oder Valaciclovir) und
  • die Schmerztherapie (s. Kasten).

Analgesie bei Zosterpatienten

Das WHO-Stufenschema zur Behandlung von Patienten mit Tumorschmerzen kann auch bei Zosterpatienten angewandt werden.

1. Stufe: Nicht-Opioidanalgetika, z.B. Diclofenac, Ibuprofen, Paracetamol; als                                Coanalgetika trizyklische Antidepressiva (Amitriptylin), SNRI (Duloxetin, 
              Venlafaxin) und Antikonvulsiva (Gabapentin, Pregabalin)

2. Stufe: zusätzlich schwache Opioidanalgetika (z.B. Tramadol)

3. Stufe: zusätzlich starke Opioidanalgetika (z.B. Oxycodon)

Die Hautpflege und die systemische antivirale Therapie sollen die natürliche Heilung des Herpes zoster beschleunigen [12].

Bei der Schmerztherapie ist der Stellenwert von Steroiden noch unklar. Es konnte gezeigt werden, dass Cortison in Kombination mit der antiviralen Therapie das Abklingen der Effloreszenzen und des Akutschmerzes beschleunigt, aber nicht das Risiko einer PZN reduziert (s.u.) [15].

PZN – Risikofaktoren, Vorbeugung, Therapie

Die meistgefürchtete Komplikation nach Abheilung des Herpes zoster ist die Post-Zoster-Neuralgie (PZN), die von den üblichen Schmerzen während einer Zostererkrankung abzugrenzen ist [4–6]. Eine Allodynie (d.h. dass normalerweise nicht schmerzhafte Berührungsreize oder sogar das Tragen von Bekleidung als schmerzhaft erlebt werden) oder spontane Schmerzen in dem betroffenen Areal treten häufig auf. Erst wenn diese Schmerzen vier Wochen nach dem Abheilen der Effloreszenzen noch weiterbestehen, spricht man von einer PZN. Typisch dabei ist auch, dass in dem betroffenen Dermatom ein sensibles Defizit besteht; zudem kann es durch die Ausbreitung der Entzündung zu motorischen Ausfällen im betroffenen Myotom kommen. Die PZN tritt bei 20 Prozent der Herpes-zoster-Patienten auf, von denen ein Drittel auch nach einem Jahr noch nicht schmerzfrei ist [15].

Das Risiko, nach einem Herpes zoster eine PZN zu entwickeln, ist bei Patienten im fortgeschrittenen Lebensalter und bei Frauen erhöht. Die Wahrscheinlichkeit einer PZN steigt, wenn in der Akutphase des Herpes zoster folgende Symptome auftreten:

  • intensive Schmerzen,
  • Effloreszenzen im Gesicht (insbesondere Zoster oticus und Zoster ophthalmicus) oder am Kreuzbein und Gesäß,
  • lange Präsenz der Effloreszenzen und eine höhere Anzahl (>50) von hämorrhagischen Läsionen der Effloreszenzen [1, 5, 15].

Die Frage, wie man der PZN am besten vorbeugt, ist trotz zahlreicher Untersuchungen noch nicht abschließend geklärt. Immerhin ist belegt, dass eine frühzeitige effektive Schmerztherapie einschließlich Coanalgetika, insbesondere Amitriptylin, von entscheidender Bedeutung für die Prävention der PZN ist [5, 15].

Die Therapie der PZN richtet sich nach der Schmerzsymptomatik, die sich zwischen zwei Extremformen bewegt:

  • verminderte Hautempfindlichkeit (Hypästhesie) bei starkem Untergang von Spinalganglienzellen, Deafferenzierung sowie Verlust epidermaler Innervation,
  • erhöhte Hautempfindlichkeit (Allodynie, Hyperalgesie) bei geringem Verlust von Ganglienzellen und epidermaler Innervation [8, 15].

Während die erstgenannte Form von einer Neuroprotektion durch z.B. Antidepressiva, Antikonvulsiva oder Opioide profitieren soll, scheint bei der letzteren eher die topische Anwendung von Natriumkanalblockern (z.B. Lidocain, z.B. Versatis® 5%) oder Capsaicin (Qutenza® 8%) indiziert zu sein [2, 4, 7, 11, 14, 15]. Weitere Informationen zu den Medikamenten und ihren Dosierungen sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Die mögliche Reaktivierung des VZV kann durch eine Impfung verhindert werden. Für ältere (>50 Jahre) oder gefährdete Patienten (z.B. vor Beginn einer Immunsuppression) wird daher eine Erst- bzw. Auffrischimpfung mit Zostavax® empfohlen, die die Häufigkeit des Herpes zoster (Reduktion 51,3%) bzw. der PZN (Reduktion 66,5%) senkt [6, 10]. 

Literatur

 [1] Fachausschuss Varizellen der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten. Ärztemerkblatt Varizellen/Zoster. 2. Aufl. Marburg 2005

 [2] Argoff CE. Review of Current Guidelines on the Care of Postherpetic Neuralgia. Postgrad Med 2011;123:134-142

 [3] Beutler M, Kappeler T. Herpes zoster – Frühe Therapie verhindert Komplikationen. Pharm Ztg 2005;150:1782-85

 [4] Dworkin RH, et al. Pregabalin for the treatment of postherpetic neuralgia – A randomized, placebo-controlled trial. Neurology 2003;60:1274-1283

 [5] Dworkin RH, et al. Prospects for the prevention of postherpetic neuralgia in herpes zoster patients. Clin J Pain 2000;16:S90-S100

 [6] Fashner J, Bell AL. Herpes Zoster and Postherpetic Neuralgia: Prevention and Management. Am Fam Phys 2011;83:1432-1437

 [7] Fields H. Pain modulation and the action of analgesic medications. Ann Neurol 1994;35:S42-S45

 [8] Fields HL, et al. Postherpetic neuralgia: Irritable nociceptors and deafferentation. Neurobiol Dis 1998;5:209-227

 [9] Meister W, et al. Demography, symptomatology, and course of disease in ambulatory zoster patients. Intervirology 1998;41:272-277

[10] Oxman MN, et al. A Vaccine to Prevent Herpes Zoster and Postherpetic Neuralgia in Older Adults. N Engl J Med 2005;352:2271-2284

[11] Rowbotham MC, Fields HL. Topical lidocaine reduces pain in post-herpetic neuralgia. Pain 1989;38:297-301

[12] Sauerbrei A. Varizellen (Windpocken), Herpes zoster (Gürtelrose). RKI-Ratgeber für Ärzte, Stand: 26.6.2013

[13] Sedehizadeh S, Bowen J. Horner‘s syndrome with an ipsilateral X nerve palsy following presumed shingles. BMJ case reports 2010

[14] Sindrup SH, Jensen TS. Efficacy of pharmacological treatments of neuropathic pain: an update and effect related to mechanism of drug action. Pain 1999;83:389-400

[15] Sommer C. Therapie neuropathischer Schmerzsyndrome. Uni-med Verlag, Bremen 2003

[16] Van Besouw NM, et al. Systemic varicella zoster virus reactive effector memory T-cells impaired in the elderly and in kidney transplant recipients. J Med Virol 2012;84:2018-2025

Autoren

Ozan Eren und Prof. Dr. Andreas Straube

Neurologie der Universität München, Standort Großhadern, 81377 München

E-Mail: andreas.straube@med.uni-muenchen.de

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