- DAZ.online
- News
- Politik
- Deutsche Versandapotheken...
EuGH-Urteil und Rx-Versandverbot
Deutsche Versandapotheken wollen lobbyieren und klagen
Zuerst erlaubte der EuGH Rx-Boni für ausländische Apotheken, dann kündigte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe eine Gesetzesinitiative für ein Rx-Versandverbot an. Gegen beides wollen Versandapotheker rechtlich vorgehen, wie sie gegenüber DAZ.online erklären.
Mit seinem grundlegenden Urteil kippte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Arzneimittelpreisbindung für ausländische Versandapotheken – und brachte nach Überzeugung der Mehrheit aller Apotheker wie auch aller Bundestagsfraktionen die Arzneimittelversorgung in Gefahr. Auch für deutsche Versandapotheker ist das Ergebnis derzeitig unbefriedigend, denn sie werden aus ihrer Sicht diskriminiert: Anders als DocMorris und Co. dürfen sie keine Rabatte auf Rx-Arzneimittel geben.
„Wir wollen den Klageweg gehen“, erklärte Hartmut Deiwick, kaufmännischer Leiter der Versandapotheke APONEO. Wie genau APONEO vorgehen will, ist derzeit noch nicht klar. Ein möglicher Weg wäre aber, dass APONEO die für deutsche Apotheken verbotenen Boni anbietet, um verklagt zu werden – und so gerichtlich durchzusetzen, dass auch hierzulande Rabatte gewährt werden dürfen. Doch dieser Schritt ist mit Risiken behaftet, denn die Apothekerkammern haben bereits angekündigt, gegen unerlaubte Boni vorzugehen. „Wir überlegen gerade, wie wir andere Möglichkeiten finden können, um nicht alleine dieses Risiko zu tragen“, erklärte Deiwick.
Er sei bereits im Gespräch mit Kollegen, doch ist die Suche nach Unterstützern unter den Konkurrenten offenbar nicht leicht. „Nicht jeder wird da mitmachen, wenn es um das Thema Klageweg oder Verteilung wirtschaftlicher Risiken geht“, sagte Deiwick.
Ein Komplott sei nicht geplant
Anders als in Medienberichten angekündigt, sei aber kein „Komplott“ gegen die Preisbindung in Vorbereitung, wie der Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA) Udo Sonnenberg gegenüber DAZ.online betont. „Ich kann es nicht so bestätigen“, erklärte er. Es habe zwar vergangene Woche ein Treffen mit den Mitgliedern gegeben, in der das weitere Vorgehen abgestimmt wurde. „Aber diese Überschrift mit ‚Komplott gegen Preisbildung‘ ist ein arger Schmarrn“, erklärte er. Ähnlich sieht es auch Deiwick von APONEO. „Es ist kein Komplott geplant“, betonte er. Während die Versandapotheke rechtlich vorgehen wolle, würde der Verband den politischen Weg gehen.
Der BVDVA könnte gute Argumente vortragen, wie Sonnenberg sagte. „Wir nehmen natürlich genauso den Faden auf wie die Vertreter der ABDA das tun“, erklärte er. Der Verband sei auf jeden Fall daran interessiert, konstruktive Vorschläge zu machen. Die Mitglieder seien unglücklich über die aktuelle Situation und es gäbe Befürchtungen, Versandapotheken würden die Arzneimittelversorgung gefährden. „Jeder Versandapotheker ist auch ein Vor-Ort-Apotheker“, betonte Sonnenberg. „Insofern ist es nicht so, dass die Vertreter des Versandhandels Zombies oder Unmenschen sind, wie es teilweise kolportiert wird.“
Doch noch ungünstiger als das EuGH-Urteil wäre für die Mitglieder des BVDVA das von der ABDA wie auch von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe angestrebte Versandverbot für Rx-Arzneimittel. Auch hiergegen würden einige von ihnen vorgehen.
Wäre ein Rx-Versandverbot grundrechtskonform?
Der Leitende Apotheker der Versandapotheke Sanicare und stellvertretende Vorsitzende des BVDVA, Heinrich Meyer, erklärte auf Nachfrage, gegen ein eventuelles Rx-Versandverbot klagen zu wollen, da sich die Versandapotheker in der Ausübung ihrer Berufsfreiheit beschränkt sähen. „Herr Gröhe hat sich ja doch sehr kurzfristig zu einer Reaktion verleiten lassen, das überrascht ein bisschen“, erklärte Meyer gegenüber DAZ.online. Offensichtlich wolle er die Wogen glätten. „Ich weiß nicht, ob das so klug durchdacht ist“, sagte Meyer. „Man sieht ja, dass die beiden Koalitionspartner offensichtlich uneinig sind in diesem Thema“, betonte er. Vonseiten der SPD wurde bereits kurz nach der Ankündigung Gröhes einige Kritik an den Vorschlägen des Gesundheitsministers geäußert.
Meyer ist überzeugt, dass ein Rx-Versandverbot bald von Gerichten gekippt würde. „Es erscheint relativ unwahrscheinlich, dass ein solches Verbot verfassungskonform umsetzbar ist“, erklärte er. Nicht nur die deutsche Verfassung stehe dagegen, möglicherweise seien auch die europäischen Verträge verletzt. Zwar hatte der EuGH 2013 im „ersten DocMorris-Urteil“ erklärt, ein Versandverbot könne europarechtskonform sein. Doch nach Ansicht von Meyer habe sich die Situation seitdem geändert – auch da der Rx-Versand seit Jahren existiere und keine Probleme hiermit sichtbar seien. „Man müsste ja schon belegen, inwiefern ein Rx-Versand einen Schaden verursacht hat“, betonte er. Auch das aktuelle EuGH-Urteil weise in eine andere Richtung.
Er will sich auf politischer Ebene für eine Zwischenlösung einsetzen. Wie auch vom BVDVA-Vorsitzende Christian Buse erklärt, strebt Meyer eine Höchstpreisverordnung an, die ein „geeignetes Mittel“ sei, um mehr Wettbewerb zu ermöglichen ohne völlig ungeordnete Verhältnisse herzustellen. Auch DocMorris-Chef Olaf Heinrich will sich hierfür einsetzen, wie er gegenüber der Rheinischen Post sagte – und hierüber mit dem Bundesgesundheitsminister reden. „Wir stehen jederzeit zur Verfügung, Herrn Minister Gröhe unsere Argumente auch im persönlichen Gespräch vorzutragen“, erklärte er.
2 Kommentare
Mäßigung
von Karl Friedrich Müller am 01.11.2016 um 8:23 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Und wir vor-Ortler ohne Versand
von Christiane Patzelt am 31.10.2016 um 12:40 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.