Bundesverband deutscher Versandapotheken BVDVA

Höchstpreisverordnung statt AMPreisV

Stuttgart - 21.10.2016, 07:00 Uhr

Auch wenn man es hier nicht sieht: Der BVDVA-Vorsitzende Christian Buse ärgert sich mächtig, dass deutsche Versandapotheken nicht das Gleiche dürfen wie ihre niederländische Konkurrenz. (Foto: BVDVA)

Auch wenn man es hier nicht sieht: Der BVDVA-Vorsitzende Christian Buse ärgert sich mächtig, dass deutsche Versandapotheken nicht das Gleiche dürfen wie ihre niederländische Konkurrenz. (Foto: BVDVA)


Mit harscher Kritik an der ABDA reagiert der Verband der Versandapotheken auf das EuGH-Urteil. Ein generelles Rx-Versandverbot hält der BVDVA-Vorsitzende Buse jedoch für völlig unrealistisch – und fordert nun gegenüber DAZ.online eine Höchstpreisverordnung, um die „nicht hinnehmbare Wettbewerbsverzerrung“ zu beenden.

Christian Buse, der Vorsitzende des Bundesverbands der deutschen Versandapotheken BVDVA, ist mit dem Urteil des EuGH, Rx-Boni für Versender aus dem Ausland zuzulassen, nicht glücklich. Ebenso unglücklich ist er damit, dass die deutsche Apothekerschaft nicht aktiv eine Neugestaltung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) in Angriff nimmt. „Es ist für mich ein großes Versäumnis, dass man auf der AMPreisV in ihrer heutigen Form beharrt“, so Buse gegenüber DAZ.online. „Sie ist doch de facto außer Kraft gesetzt.“ Daran ändere auch nichts, dass dieselben Juristen, die alle Zeichen ignoriert haben, dass der EuGH so entscheiden könnte, wie er nun entschieden hat, jetzt  behaupten, die Entscheidung habe keine Bedeutung für die deutschen Apotheken. „Die Apotheker denken offenbar, das werde schon wieder irgendwie. Aber das ist nicht heilbar“, so Buse.

Die durch das Urteil entstandene Wettbewerbsverzerrung für Versand- wie Offizinapotheken hält Buse für nicht hinnehmbar. Der Vorteil der ausländischen Versender sei von so grundsätzlicher Bedeutung, „das stehen wir auf Dauer nicht durch.“ Als Konsequenz fordert er eine Höchstpreisverordnung, wie sie bereits 2006 im Gespräch war. Mit dem „Horrorszenario, dass in der Erkältungssaison der Patient plötzlich für ein Antibiotikum das Doppelte bezahlt“, mache sich die Standesführung unglaubwürdig, das würden schon die Krankenkassen nicht zulassen. Der konkrete Vorschlag: „Aus den aktuellen Festpreisen müssen Höchstpreise werden“, auf die die Apotheke einen Erstattungsanspruch hat. „Dann kann jede Apotheke selbst entscheiden, ob sie von diesem Preis nach unten abweicht in Form eines Bonus oder nicht“.

Die Kritik, dass eine dadurch entfachte Preisspirale nach unten die flächendeckende Versorgung gefährden könnte, wenn kleinere Apotheken aufgeben müssen, lässt Buse nicht gelten. „Das höchste europäische Gericht hat festgestellt, dass das nicht belegt ist.“ Die Vertreter der Wettbewerbszentrale und der Bundesregierung in dem Verfahren hätten sich ja noch nicht einmal die Mühe gemacht, Belege dafür vorzulegen. „Also ist doch die naheliegende Schlussfolgerung: Es gibt diesen Zusammenhang nicht. Wenn es ihn gäbe, warum sollte man es dann nicht belegen?“

Unverständnis für Verteidigungsstrategie der AmprV

Hart geht Buse mit der Strategie der ABDA ins Gericht. Dass man so lange geglaubt hat, das Verfahren werde schon gut ausgehen, bezeichnet er als „die größte Fehleinschätzung in unserem Bereich in den letzten Jahren“. Spätestens mit den Schlussanträgen des Generalanwalts sei das klar gewesen. „Man hätte doch belegen müssen, dass das Wohl und Wehe der flächendeckenden Versorgung an der Arzneimittelpreisverordnung hängt. Jetzt muss doch jeder informierte Politiker und Bürger sagen: Das ist anscheinend nicht so.“

Auch die jetzt vorgebrachten Lösungsvorschläge der ABDA überzeugen Buse nicht: „Man hechelt dem Gedanken an ein Rx-Versandverbot hinterher, der doch absolut unrealistisch ist.“ Der EuGH sehe schon in der Preisbindung eine Beschränkung des freien Warenverkehrs. Wenn nun der Gesetzgeber den Rx-Versand verbiete, komme es nicht nur zu Verfassungsklagen in Deutschland – „das ist doch klar, dass wir das auf keinen Fall akzeptieren würden“ –, sondern die ausländischen Versender würden auf schnellstem Weg wieder vor den EuGH ziehen. Für Buse ist es völlig abwegig, „dass der EuGH dann innerhalb von 12 oder auch 24 Monaten sagt: Ja, Freigabe der Preise schon, aber wir verbieten den Versand grundsätzlich“. Da interessiere dann auch das Urteil von 2003 nicht mehr.


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7 Kommentare

Apotheken verstaatlichen!

von Konrad Mörser am 21.10.2016 um 13:22 Uhr

Wenn die BRD sich nicht über das EU-(Un-)Recht stellen will, dann muss die Lösung heißen: Verstaatlichung aller Apotheken, oder am besten gleich Einführung von Polikliniken.

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Kritik

von Frank ebert am 21.10.2016 um 10:04 Uhr

Herr Buse redet ja viel Blödsinn, aber das die Strategie falsch und blauäugig war ist unstreitig. Ich habe auch viel Einstecken müssen für meine Beiträge, leider hatte ich Recht. Es geht nicht in der heutigen Zeit um funktonierde Struckturen, Werte und Daseinsvorsorge, sondern nur um Geld, Geld und nochmals Geld. Na ja, wenn kein Kunde mehr kommt, haben die Apotheken wenigstens mehr Zeit sich auf die digitale Betriebsprüfung vorzubereiten. Ps: Hoch lebe das Leitbild 2030 !

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Ländliche Gegenden

von Benjamin Müller am 21.10.2016 um 10:02 Uhr

Widerspricht die Forderung nach einer Höchstpreisverordnung nicht auch wiederum dem unsäglichen Urteil?
Dort war doch etwas von Anreizen zu lesen, die die Niederlassung von Apothekern in strukturschwachen Gegenden befördern könnte, da dort höhere Preise verlangt werden könnten (nur fürs Protokoll: ich gehe davon aus, dass dies keiner möchte, der sich auch nur annähernd als Heilberufler sieht und Arzneimittel als Waren besonderer Art betrachtet).
Aber wie bitte soll die flächendeckende Versorgung bei einer Höchstpreisverordnung aufrechterhalten werden, wenn die Preise nicht beliebig nach oben angepasst werden können, um die nicht geringen Kosten zur Aufrechterhaltung des Apothekenbetriebs bei Erfüllung aller gesetzlichen Anforderungen decken zu können?
Ich bin gespannt ...

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Zu dumm?

von Michael Weigand am 21.10.2016 um 9:36 Uhr

Ist Herr Buse eigentlich zu dumm, um die Urteilsbegründung zu lesen. Da wird doch genau beschrieben, dass ja durch Wegfall der Preisbindung in abgeschiedenen Gegenden Apotheken auch höhere Preise verlangen dürften, um wirtschaftlich bestehen zu können. Eine Höchstpreisverordnung ist doch für ausländische Versender genauso wenig bindend wie die festen Preise. Ob man dann die Preisbindung bestehen lässt oder eine Höchspreisverordnung einführt. In beiden Fällen wären inländische Apotheken diskriminiert gegenüber ausländischen Versendern....
Nicht falsch verstehen. Ich bringe höhere Preise hier nur als theoretische Diskussion ins Spiel.
Der Kannibalismus der deutschen Versender ist bezeichnend für deren wirtschaftliches Denken.
Wenn der Gesetzgeber etwas ändern will, was ich nicht hoffe, dann könnte er nach diesem Urteil nur die Preisbindung komplett aufheben. Eine Höchstpreisverordnung ist genauso wenig europakonform für Versender wie die Preisbindung....

Ich hoffe auf die Weitsicht der Politik und stelle ganz gefühlskalt die Frage: Will der Bürger die wohnortnahe Versorgung nach heutigen Standards oder ist das kurzfristig gesparte Geld wichtiger. Das ist im Endeffekt das gleiche wie bei Biofleisch oder Gammelfleisch...keiner will Gammelfleisch, aber jeder kauft es (auch manche Apotheker)

p.s. und Herr Buse: am Ende holt sich die Krankenkasse eh alles. Man sollte sich nur die Inkontinenzversorgung anschauen. Das ist das langfristige Ziel der Krankenkasse auch bei Arzneimitteln....und am Ende gibts die Medis von der Krankenkasse direkt.....

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AW: Zu dumm

von Benjamin Müller am 21.10.2016 um 10:37 Uhr

Da haben sich unsere Beiträge überschnitten - Argumente gegen diese Forderung zu fiinden, war bei der mündlichen Begründung auch nicht schwer.
Ich kann Ihrem Beitrag natürlich nur uneingeschränkt zustimmen...

Gleiches Recht für alle?

von Barbara Buschow am 21.10.2016 um 7:50 Uhr

Ach Herr Buse, wenn die Vor-Ort-Apotheken mit den gleichen abgespeckten Qualitätsstandards bezüglich Personal, Beratung, Auslieferung und Gemeinwohlpflichten arbeiten dürften und wollten und deshalb genau so "billig" sein könnten, wer bräuchte denn dann noch eine Versandapotheke?
Ihr Geschäftsmodell funktioniert doch nur auf Grund der ungleich langen "Spiesse", das wissen Sie genauso gut wie ich.
Diese scheinheilige Argumentation ihrerseits finde ich gelinde gesagt zum würgen

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Höchstpreisverordnung?

von Konrad Mühmel am 21.10.2016 um 7:29 Uhr

Sehr geehrter Herr Buse,

eine Höchstpreisverordnung rettet uns auch nicht. Keiner von uns, egal ob große Versandapotheke, Familienverbund oder Einzelapotheke auf dem Land, übersteht einen Preiskampf mit ausländischen Versandapotheke die freie Einkaufskonditionen und Großkapital im Rücken haben!

Ich gebe Ihnen recht, dass wir diese Situation verwenden sollten ausgiebig über die zukünftige Honorargestsltung zu reden.
Aber jetzt erwarten über 90 % der Apotheken in Deutschland die Solidarität Ihres Verbandes.
Jetzt müssen unsere Strukturen erst einmal gesichert und erst im Anschluss verbessert werden. Beides auf einmal dauert zu lange.

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