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Pandemie Spezial
Corona-Ticker
Neues zu SARS-CoV-2 in Kürze
Neue Sicherheitssignale zu COVID-19-Impfstoffen
Das Pharmakovigilanzkomitee PRAC der europäischen Arzneimittelbehörde EMA überprüft aktuell zwei neue Sicherheitssignale zu COVID-19-Impfstoffen. Zuvor war ein Fall eines multisystemischen Entzündungssyndroms bei einem 17-jährigen Jugendlichen aus Dänemark nach der Impfung mit Comirnaty® bekannt geworden. Da auch aus anderen europäischen Ländern Fälle gemeldet worden waren, untersucht das PRAC nun einen möglichen Zusammenhang mit dem Impfstoff und will dann gegebenenfalls die Produktinformationen anpassen. Bei einem multisystemischen Entzündungssyndrom kommt es zu schweren Entzündungen in sämtlichen Organen. Betroffene klagen über Müdigkeit, hohes Fieber, Durchfall, Erbrechen, Kopfschmerzen, Brustschmerzen und Atembeschwerden. Die Erkrankung tritt äußerst selten auf (vor Pandemiebeginn jährlich etwa zwei bis sechs Fälle pro 100.000 Einwohner bei den Kindern und Jugendlichen bis 20 Jahre) und kann auch Folge einer COVID-19-Erkrankung sein. Außerdem prüft das PRAC das potenzielle Risiko, eine venöse Thromboembolie nach einer Immunisierung mit dem Vektorimpfstoff der Firma Janssen zu erleiden. Bereits in den Zulassungsstudien traten mehr venöse Thrombosen in der Prüfgruppe als in der Placebogruppe auf. Janssen wird in Kürze die Ergebnisse von zwei weiteren großen Studien präsentieren, die in diesem Punkt neu ausgewertet werden sollen. Angehörige der Gesundheitsberufe werden angehalten, alle potenziellen Nebenwirkungen nach einem COVID-19-Impfstoff zu melden [Pressemitteilung PRAC, 3. September 2021].
Zweitimpfung nach TTS
Die meisten zugelassenen Impfstoffe erfordern eine zweimalige Immunisierung, um optimal vor einer SARS-CoV-2-Infektion geschützt zu sein. Was aber, wenn nach der ersten Impfung mit einem adenoviralen Vektorimpfstoff von AstraZeneca oder Janssen ein Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS) aufgetreten ist? Können solche Personen trotzdem mit einem anderen Impfstoff ein zweites Mal immunisiert werden? Mit dieser Frage hat sich eine Arbeitsgruppe beschäftigt und die Ergebnisse im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht. Zur Erinnerung: Bei TTS kommt es zur Antikörperbildung gegen Plättchenfaktor 4, was ähnlich wie bei der Heparin-induzierten Thrombozytopenie zur Aktivierung von Thrombozyten führt. Insgesamt werteten die Wissenschaftler 35 serologisch bestätigte TTS-Fälle (27 Frauen, durchschnittliches Alter: 53 Jahre) aus. Alle Betroffenen hatten etwa fünf bis 18 Tage nach der ersten Dosis eine Thrombozytopenie entwickelt, 30 zusätzlich eine Thrombose. Nach elf Wochen Nachbeobachtung waren bei 23 von 35 Probanden (66%) keine Antikörper gegen den Plättchenfaktor 4 mehr messbar. Mehr als zwölf Wochen später konnten bei 93% keine IgG gegen den Plättchenfaktor 4 mehr gemessen werden. Bei drei Patienten fand eine vollständige Serokonversion statt. Fünf Probanden erhielten zusammen mit einer therapeutischen Antikoagulation zehn bis 18 Wochen nach der ersten Dosis Vektor-Impfstoff eine zweite Dosis der Vakzine von Biontech/Pfizer. Bei keinem der Probanden traten erneut thrombotische Ereignisse auf. Die Forscher schlussfolgern, dass auch Patienten, die ein TTS nach einem Vektor-Impfstoff erlitten haben, vollständig immunisiert werden können, sobald keine Antikörper gegen den Plättchenfaktor 4 mehr nachweisbar sind [Schönborn L et al. NEJM 2021. doi: 10.1056/NEJMc2112760].
Mit Autoantikörpern COVID-19-Verlauf vorhersagen?
Neben der Antikörperbildung gegen Strukturen des Erregers findet bei Infektionen häufig auch die Bildung von Autoantikörpern gegen wirtseigene Antigen-Strukturen statt. Solche Autoantikörper können systemische Entzündungen und Gewebeschäden hervorrufen. Amerikanische Wissenschaftler wollten wissen, ob man anhand von Autoantikörpern den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung vorhersagen kann. Bei der retrospektiven Untersuchung analysierten sie die Daten von 115 hospitalisierten Patienten, die unterschiedlich stark an COVID-19 erkrankt waren. Als Antigen-Target der Autoantikörper wählten die Wissenschaftler ein Erythrozyten-Lysat, Phosphatidylserin und DNA. 24% der Probanden, die mindestens gegen eines der drei Antigene Autoantikörper gebildet hatten, erkrankten im weiteren Verlauf schwer. Knapp ein Drittel (36%) wies Autoantikörper gegen das Erythrozyten-Lysat auf. Auffällig war, dass vor allem der Nachweis von Autoantikörpern gegen Phosphatidylserin und DNA bei Krankenhauseinweisung häufig mit einem späteren schweren Krankheitsverlauf korrelierte (positiver Vorhersagewert 85,7% bzw. 92,8%). Vor allem bei Personen, die Autoantikörper gegen DNA bildeten, traten häufig Gerinnungsstörungen und Zelllyse, insbesondere im Muskelgewebe, auf. Die Forscher schlussfolgern, dass die Anti-DNA- und Anti-Phosphatidylserin-Autoantikörper möglicherweise eine wichtige Rolle bei der Pathogenese von COVID-19 spielen und daher als prädiktive Biomarker für schwere Verläufe genutzt werden könnten [Gomes C et al. Life Science Alliance 2021. doi: 10.26508/lsa.202101180].
Trotz Allergie-Anamnese sicher geimpft
Aus Angst vor einer allergischen Reaktion wollen viele Menschen mit einer Anaphylaxie-Anamnese sich nicht gegen COVID-19 impfen lassen. Dass diese Sorge in den meisten Fällen unbegründet ist, zeigt eine im „JAMA“ veröffentlichte Kohortenstudie mit 8102 Probanden mit bekannter Allergie-Anamnese. Mithilfe eines Algorithmus und eines Fragebogens filterten die Wissenschaftler zunächst 429 (5%) der Probanden heraus, die hoch allergisch sind (70,9% Frauen). Diese wurden anschließend unter ärztlicher Aufsicht zweimalig mit der Vakzine von Biontech/Pfizer immunisiert. Bei 98% der hoch allergischen Personen traten keinerlei allergische Symptome nach der Impfung auf. Sechs (1%) hatten leichte Beschwerden, und lediglich drei Personen (0,7%) erlitten einen anaphylaktischen Schock. Andere Impfreaktionen traten ähnlich häufig wie in der Allgemeinbevölkerung auf; lediglich verzögerter Juckreiz und Hautausschlag traten etwas häufiger bei den Allergikern auf [Shavit R et al. JAMA 2021. doi:10.1001/jamanetworkopen.2021.22255].
Aus zwei mach eins
Der proteinbasierte COVID-19-Impfstoff von Novavax ist noch nicht zugelassen (aktuell in Europa im Rolling-Review-Verfahren), da hat das Unternehmen schon neue Pläne. Vor wenigen Tagen hat Novavax die ersten Probanden für ein Phase-I/II-Studie rekrutiert, in der die Immunogenität und Sicherheit eines Kombinationsimpfstoffes gegen COVID-19 und Influenza an 640 Teilnehmern im Alter zwischen 50 und 70 Jahren untersucht werden sollen. Jeweils an Tag 0 und Tag 56 erhalten die Teilnehmer den Kombinationsimpfstoff. Alle Probanden waren zuvor mit SARS-CoV-2 infiziert oder hatten sich mindestens acht Wochen zuvor mit einem zugelassenen COVID-19-Impfstoff immunisiert. Beide Einzelimpfstoffe hatten zuvor in Phase-III-Studien überzeugende Ergebnisse geliefert. In der COVID-19-Vakzine (NVX-CoV2373) dient ein vom Spike-Protein abgeleitetes rekombinant hergestelltes Eiweißmolekül als Antigen, in der Influenza-Vakzine (NanoFlu™) sind vier rekombinante Influenza-Hämagglutinin-Proteine enthalten. Als Adjuvans nutzt Novavax das auf Saponinbasis hergestellte Matrix-M™. Erste Ergebnisse der Studie werden in der ersten Jahreshälfte 2022 erwartet [Pressemitteilung Novavax, 8. September 2021]. |
Weiterer Beitrag des Pandemie Spezials in DAZ 2021, Nr. 37
- Zwischen Depression und Hoffnung: Die Hälfte der COVID-19-Patienten hat ein Jahr nach Symptombeginn noch Beschwerden
- Erster DNA-basierter Corona-Impfstoff: Notfallzulassung für
DNA-Impfstoff in Indien erteilt - Corona-Impfung ab dem 2. Trimenon: STIKO rät zu Impfung,
am besten bereits vor einer Schwangerschaft
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