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Pandemie Spezial

Erleichterungen in der Pandemie

Wie sich Apotheken einbringen können

Apotheken schenken vielen Menschen mit den Bürgertests ein Stück Freiheit während der Pandemie. Nun könnte sie das Bundesgesundheitsministerium damit beauftragen, den Nachweis einer Impfung oder einer überstandenen Infektion aus dem analogen in den digitalen Impfpass zu übertragen. Ein Leipziger Start-up-Unternehmen bietet schon jetzt die „Immunkarte“ für und aus der Apotheke vor Ort an – als bezahlte Dienstleistung. | mp 

Als die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung in der Nacht vom 8. zum 9. Mai 2021 in Kraft trat, fielen die Ausgangsbeschränkungen und Kontaktbeschränkungen für vollständig gegen SARS-CoV-2 Geimpfte und Genesene.

Wie Kinder unter 14 Jahren zählen sie seitdem nicht mehr mit, wenn sich nicht Geimpfte je nach Inzidenzlage mit einem oder mehreren Haushalten treffen. Auch sind sie zu behandeln wie negativ getestete Personen. Als getestet gelten laut Verordnung asymptomatische Personen, die einen gültigen Testnachweis vorlegen können oder jünger als sechs Jahre sind. Genesene und Geimpfte können ohne vorherigen Test einkaufen, zum Friseur, zur Fußpflege sowie in Zoos und botanische Gärten gehen. Kommen sie aus einem Corona-Risikogebiet, entfällt die Quarantänepflicht, es sein denn, es handelt sich um ein Gebiet, in dem bestimmte Virusvarianten zirkulieren. Erste Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern heißen Urlauber willkommen, aber nur unter der Voraussetzung, dass sie immungesund sind. Derzeit arbeitet das Bundesgesundheitsministerium (BMG) an einer Verordnung, die das Einreisen von Geimpften und Genesenen regeln soll.

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Rund 15 Prozent sind immun

Viele Apotheken bieten deutschlandweit Bürgertests an und ermöglichen so, dass Menschen mit einem negativen Ergebnis, das weniger als 24 Stunden alt ist, etwa zum Friseur gehen können. Nun könnten sie eine größere Rolle dabei spielen, Geimpften und Genesenen zu helfen, ihre Immunität nachzuweisen. Das betrifft heute schon einen erheblichen Teil der Bundesbevölkerung. Am 10. Mai meldete das Robert Koch-­Institut 9,4 Millionen vollständig Geimpfte und 3,2 Millionen Genesene. Demnach sind rund 15 Prozent der Bevölkerung immun.

Laut § 2 Nr. 3 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung gilt als geimpft, wer asymptomatisch ist und einen analogen oder digitalen Impfnachweis in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache vorlegt. Dafür müssen sie mit der nötigen Zahl der Impfdosen eines der unter www.pei.de/impfstoffe/covid-19 genannten Vakzine geimpft sein. Außerdem müssen seit der letzten Impfung mindestens 14 Tage vergangen sein. Als genesen gelten nach § 2 Nr. 5 asymptomatische Personen, die eine Corona-Infektion überstanden haben. Dies müssen sie mit einem positiven PCR-Labortest nachweisen, der mindestens 28 Tage und höchstens sechs Monate alt ist. In der Regel führen Patienten einen Ausdruck über das Testergebnis vom Hausarzt mit sich, um die überstandene Infektion nachzuweisen.

Gelbe Pässe, grüne Zertifikate

Derzeit erfolgt der Nachweis über die Impfung in Deutschland etwa mit dem gelben Impfpass. Zudem stellt die Website corona.apo-doku.de eine Vorlage für ein Impfzertifikat bereit, das Apotheken ihren Kunden ausstellen können, nachdem sie die Impfnachweise geprüft haben. Doch der Trend geht zum digitalen Impfpass. Wie Gesundheitsminister Jens Spahn am 7. Mai in einer Bundespressekonferenz bestätigte, soll er schon zur zweiten Hälfte des zweiten Quartals – sprich zum Ende dieser Woche – zur Verfügung stehen. Vorbild ist der digitale Impfpass, den der bayerische Landkreis Altötting modellhaft erprobte. Das BMG beauftragte unter anderem das US-amerikanische IT-Unternehmen IBM mit der weiteren Entwicklung des Impfnachweises. Auch eine überstandene Infektion soll in diesem hinterlegt werden können. Der digitale Impfpass wird mit dem „grünen Zertifikat“ kompatibel sein, das derzeit die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) erarbeiten. Die EU will das „grüne Zertifikat“ Ende Juni einführen. Damit soll in vielen Ländern unkompliziertes Reisen möglich werden. Laut Angaben des Bundesgesundheitsministeriums wird es zudem möglich sein, den Immunstatus auf der Corona-Warn-App zu hinterlegen.

Sollen Apotheker übertragen?

Wer aber den Nachweis vom analogen in den digitalen Impfpass übertragen können soll, ist noch nicht geklärt. Dabei stellt sich dem BMG die Frage: Wer kann prüfen, ob etwa der Nachweis im gelben Impfpass gefälscht wurde? Für den Bundesgesundheitsminister sei die sicherste Lösung, wenn nur diejenigen Stellen, die die Impfung selbst durchführten, also Impfzentren und Arztpraxen, den Nachweis übertragen. Diese würden jedoch schnell von vielen Geimpften überlaufen werden. Daher bietet sich die Hilfe derjenigen an, die ebenfalls an die Telematikinfrastruktur angebunden sind, nämlich Apotheken. „Ich traue das Apothekern zu. Sie müssen jeden Tag Rezepte prüfen und sind geübt, Dokumente zu prüfen“, so Spahn. Derzeit befindet sich das BMG mit der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) im Austausch. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening sprach sich auf einer Veranstaltung der Apothekerkammer-Westfalen-Lippe am 5. Mai dafür aus, dass Apotheken die Datenübertragung unterstützen. Auf die Frage, ob Apothekerinnen und Apotheker dafür Geld erhalten, ist sich Overwiening sicher: „Natürlich wird das eine bezahlte Dienstleistung, und das in gleicher Höhe wie bei den anderen, die Daten übertragen.“

Foto: Immunkarte.de

Viele Menschen warten aktuell auf eine unkomplizierte Lösung, ihre Immunität nachzuweisen. Die „Immunkarte“ eines Leipziger Start-up-Unternehmens bietet so eine Lösung an – in enger Kooperation mit Vor-Ort-Apotheken.

Die „Immunkarte“ aus der Apotheke

Die „Immunkarte“ eines Leipziger Start-up-Unternehmens, das Apotheker Tamim Al-Marie gründete, setzt von Anfang an auf die Apotheke vor Ort. Die Immunkarte verschlüsselt ein Foto des Trägers und seinen Immunstatus in einem QR-Code. Dieser kann in Form einer Karte getragen oder über die App des Unternehmens auf dem Smartphone hinterlegt werden. Ob die Karte mit der Farbe Grün kennzeichnet, dass ein Besitzer genesen oder geimpft ist, richtet sich danach, welche Definition die Bundesregierung dafür festlegt. Vor-Ort-Apotheken verifizieren den Immunstatus der Kartenbesitzer und hinterlegen Informationen zu einer überstandenen Infektion oder einer vollständigen Impfung. Automatisch schaltet sich der Impfstatus erst 14 Tage nach der letzten Impfdosis auf grün. Auch der Status der Genesenen wird nach sechs Monaten wieder deaktiviert. Negative Antigen-Schnelltest-Ergebnisse können zunächst nicht auf der Immunkarte hinterlegt werden. Datensicherheit verspricht sich das Unternehmen, indem es mit zertifizierten Servern und einer zertifizierten Verschlüsselung arbeitet.

Überprüft etwa ein Unternehmen den Immunstatus mit dieser Karte, wird ihm nicht der Name, sondern nur ein Foto des Besitzers angezeigt. Für Al-Marie ein Pluspunkt in Sachen Diskretion. „Geimpfte müssen aktuell bei jedem Friseurbesuch ihren gelben Impfpass und Personalausweis vorlegen. Nicht jeder fühlt sich dabei wohl.“

Zehn Euro Dienstleistungs­honorar

Entgegen den Erwartungen Al-Maries nehmen weniger junge, sondern vor allem ältere geimpfte oder genesene Patienten das Angebot wahr. Bei diesen Kunden kommt gut an, dass sie die Karten auch ohne E-Mail-Adresse oder Smartphone über die Apotheke beziehen können. Daher seien viele kleinere Landapotheken an dem Angebot interessiert. Endverbraucher zahlen für die Immunkarte 19,90 Euro, davon fließen zehn Euro als „Dienstleistungshonorar“ an die abgebende Apotheke. Nutzer können sich auf der Website Immunkarte.de informieren, welche Apotheken dabei sind. „Bitte einmal vor Ort anrufen“, bittet das Unternehmen Kunden, die sich die Karte aus der Apotheke holen möchten. Anfang der Woche waren bundesweit 83 Apotheken dabei. Nach einem Beitrag in der „Bild“-Zeitung und einem Fernsehbericht im „MDR Sachsenspiegel“ stiegen die Anfragen stark an. Al-Marie schätzt, dass es zum Ende der Woche 200 sein werden. |

Literatur

Corona-Lage mit Jens Spahn (CDU) und Lothar Wieler (RKI). Bundespressekonferenz vom 7. Mai 2021

Corona-Update und pharmazeutische Dienstleistungen im Fokus. AKWL-live.de, Aufzeichnung vom 5. Mai 2021

Die Immunkarte. Freiheit. Sicherheit. Solidarität. Immunkarte.de, aufgerufen am 10. Mai 2021

„Grünes Zertifikat“: So soll das Reisen für Geimpfte in der EU künftig ablaufen. Deutschlandfunk 2021, Die Nachrichten vom 11. Mai 2021

Sucker-Sket K. Ab Sonntag – Erleichterungen für Geimpfte und Genesene kommen. DAZ.online 2021, News vom 7. Mai 2021

Sucker-Sket K. Apotheken-Serviceleistung für Geimpfte: Mehr Freiheiten mit Impfzertifikat. DAZ.online 2021, News vom 28. April 2021

 

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