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Pandemie Spezial

Impfstoffe in Sicht

Hoffnung auf ein kalkulierbares Pandemieende wächst

In den letzten Tagen haben sich die Nachrichten über die ungeahnten Erfolge der beiden mRNA-Impfstoffkandidaten von Biontech/Pfizer und Moderna förmlich überschlagen. Beide sollen zu mindestens 90% wirksam sein, das heißt eine COVID-19-Erkrankung verhindern können. Optimisten rechnen schon zum Jahresende oder Anfang nächsten Jahres mit den ersten Zulassungen für COVID-19-Impfstoffe. Bringen diese schon bald die erhoffte Sicherheit und das Ende der Einschränkungen durch die Pandemie? Nach der einhelligen Expertenmeinung wohl eher nicht. Zum einen werden die Mengen begrenzt sein, und auch die „Distributionstauglichkeit“ ist ein Thema. | Von Helga Blasius

Bislang wurden erst zwei russische Impfstoffe gegen COVID-19 zugelassen (Sputnik V am 11. August 2020 und EpiVacCorona am 14. Oktober 2020), und zwar ohne auf die Ergebnisse von Phase-III-Studien zu warten. Obwohl diese aktuell laufen, stehen die beiden Impfstoffe im internationalen Kontext deswegen de facto nicht besser da als die noch nicht zugelassenen. Nach der Draft landscape of COVID-19 candidate vaccines der WHO (Stand 12. November 2020) befinden sich aktuell 164 Kandidaten in der präklinischen Entwicklungsphase und 48 in klinischen Studien. Zehn sind bereits in die Phase III eingetreten.

BNT162b2 bald auf der Ziellinie?

Regulatorisch betrachtet haben Biontech/Pfizer und Moderna aktuell die Nase vorn. Die Impfstoffallianz des deutschen Biotech-Unternehmens mit dem US-Konzern Pfizer löste Anfang letzter Woche eine regelrechte Euphorie mit der Mitteilung aus, dass ihr mRNA-basierter Kandidat BNT162b2 in der ersten Zwischenanalyse der laufenden Phase-III-Studie (NCT04368728) vom 8. November 2020 bei der Verhinderung von symptomatischem COVID-19 eine Wirksamkeit von 90% gezeigt habe [1]. Das liegt deutlich über dem, was aktuell für eine Zulassung gefordert wird (siehe Kasten „Was heißt wirksam?“). Bis zu diesem Zeitpunkt haben mehr als 43.500 Menschen mindestens eine der beiden Impfungen bekommen, die im Abstand von drei Wochen verabreicht werden. Der Wert für die Wirksamkeit wurde anhand der für die Zwischenanalyse vorgegebenen 94 bestätigten COVID-19-Fälle ermittelt. Die Ergebnisse sollen erst dann abschließend ausgewertet werden, wenn insgesamt 164 Fälle erreicht sind. Ob die Impfung auch vor schweren Verläufen der Krankheit schützt und wie es mit den Nebenwirkungen aussieht, ist bislang nicht klar. Es wird noch einige Wochen dauern, bis die erforderlichen Daten aus dem zweimonatigen Sicherheits-Follow-up verfügbar sind. Trotzdem wollen Biontech und Pfizer noch in diesem November eine Notfallzulassung bei der US-Arzneimittelbehörde FDA beantragen [2]. Auch die Europäische Arzneimittelagentur prüft BNT162b2 seit Anfang Oktober in einem Rolling-Review-Verfahren. Die klinischen Daten, auf die sich die Ankündigung der beiden Unternehmen beziehen, sollen der EMA aber bislang nicht vorliegen.

Was heißt wirksam?

Am 30. Juni 2020 hat die FDA Leitlinien zu COVID-19-Impfstoffen veröffentlicht [3]. Hiernach muss für die Zulassung anhand von Daten aus placebokontrollierten Studien gezeigt werden, dass ein Impfstoff mindestens 50% wirksam gegen COVID-19 ist.

Dabei wird als primärer Endpunkt entweder eine COVID-19-Erkrankung oder eine SARS-CoV-2-Infektion (beides Labor-basiert bestätigt) akzeptiert. Als sekundärer Endpunkt sollte schweres COVID-19 evaluiert werden. Die FDA-Leitlinien für eine Notfallgenehmigung (Emergency Use Authorisation, EUA) von COVID-19-Impfstoffen vom 6. Oktober 2020 erfordern eine Zwischenanalyse auf der Grundlage eines klinischen Endpunkts in einer Phase-III-Studie von mindestens zwei Monaten bei über 3000 Teilnehmern sowie relevante Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten aus Phase-I- und Phase-II-Studien [4].

Die Europäische Arzneimittelagentur will die Grenze für die Wirksamkeit bei COVID-19-Impfstoffen flexibel halten und von Fall zu Fall entscheiden.

Die Weltgesundheitsorganisation gibt eine Zielwirksamkeit von mindestens 50% (vorzugsweise 70%) an, auch bei älteren Menschen. Als mögliche Endpunkte werden die Erkrankung, schwere Erkrankung und/oder Virusausscheidung/Übertragung genannt [5].

Moderna verkündet 94%ige Wirksamkeit

Moderna kann sogar noch mit etwas besseren Ergebnissen aufwarten als Biontech/Pfizer. Nur sieben Tage nach seinen Konkurrenten gab das US-Unternehmen mit Sitz in Massachusetts die Daten der ersten Zwischenanalyse der Phase-III-Studie COVE (NCT04470427) mit seinem Kandidaten mRNA-1273 in den USA bekannt [6]. Die Ankündigung kam etwas überraschend, hatte Moderna doch erst am 22. Oktober 2020 darüber informiert, dass die Einschreibung der 30.000 Teilnehmer für COVE in den USA beendet sei [7]. Bis zu diesem Datum hatten schon mehr als 25.650 Teilnehmer ihre zweite Impfung erhalten. In der Studie machen Amerikaner mit dem höchsten Risiko einer schweren COVID-19-Erkrankung (Personen über 65 Jahre oder jüngere mit Vorerkrankungen) 42% der Teilnehmer aus. Der primäre Endpunkt der Studie ist die Prävention einer symptomatischen COVID-19-Erkrankung.

Die Zwischenanalyse basiert auf 95 positiven COVID-19-Fällen. 90 davon entfielen auf die Placebo-Gruppe, gegenüber fünf in der mRNA-1273-Gruppe. Damit hat der Impfstoff nach den im Studienprotokoll festgelegten statistischen Kriterien eine Wirksamkeit von 94,5% erreicht. Die Analyse gibt auch Aufschluss über den sekundären Endpunkt „schwere Fälle von COVID-19“. Laut Studienprotokoll sollten es für die erste Zwischenanalyse elf Fälle sein. Alle traten in der Placebogruppe auf. Der Impfstoff wurde im Allgemeinen gut vertragen. Die Mehrzahl der unerwünschten Ereignisse war leicht oder mittelschwer. Basierend auf diesen vorläufigen Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten will Moderna nun so bald wie möglich bei der US Food and Drug Administration eine Notfallgenehmigung (EUA) beantragen. Einem Fast-Track-Verfahren hatte die FDA bereits am 12. Mai 2020 zugestimmt. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat am 16. November 2020 ein Rolling Review von mRNA-1273 für die Zulassung in der EU gestartet [8], und auch die Swissmedic [9] und die britische Arzneimittelbehörde MHRA [10] sind bereits in die gleitende Überprüfung der Daten zu der Moderna-Vakzine eingestiegen.

CureVac noch nicht in Phase III

CureVac hat am 9. November 2020 detaillierte Interimsdaten der klinische Phase-I-Studie mit seinem COVID-19-mRNA-Impfstoffkandidaten in klinischen Studienzentren in Deutschland und Belgien (NCT04449276) bekannt gegeben [11]. Hiernach war CVnCoV in allen geprüften Dosisstufen gut verträglich, und die Qualität der Immunantwort entsprach laut Firmenangaben der bei genesenen COVID-19-Patienten beobachteten [12]. Ende September 2020 begann eine Phase IIa-Dosisbestätigungsstudie mit dem Titel CV-NCOV-002 (NCT04515147) in Peru und Panama. Erste umfassende Daten von älteren Erwachsenen werden laut CureVac im vierten Quartal 2020 erwartet. Auf dieser Basis soll dann der Start einer Phase-IIb/III-Studie vorbereitet werden.

China und seine inaktivierten Impfstoffe

China macht sich ebenfalls Hoffnungen auf eine baldige Zulassung seiner aktuell vier Kandidaten in Phase III der klinischen Erprobung, darunter drei inaktivierte Vakzine [13].

Vorläufige Daten würden bereits im November erwartet, hatte die chinesische National Medicinal Products Administration (NMPA) im September mitgeteilt und die bisherigen Ergebnisse als „zufriedenstellend“ bezeichnet, ohne weiter ins Detail zu gehen [14]. Sie erwartet, dass die Allgemeinbevölkerung im November oder Dezember eine COVID-19-Impfung erhalten könnte. Das Butantan-Institut in Sao Paulo, das eine große Phase-III-Studie mit dem chinesischen Impfstoff-Kandidaten der Firma Sinovac in Brasilien durchführt (NCT04456595), erklärte Ende Oktober, dass sich CoronaVac bei Tests mit 9.000 Freiwilligen als sicher erwiesen habe [15]. Für Irritationen sorgte jedoch eine Unterbrechung dieser Studie. Nachdem die brasilianische Gesundheitsbehörde die Wiederaufnahme nach einer zweitägigen Suspendierung genehmigt hatte [16], betonte ein Sprecher der National Medicinal Products Administration am 13. November 2020, dass China der Sicherheit und Wirksamkeit von COVID-19-Impfstoffen große Bedeutung beimesse. Man halte sich strikt an internationale Standards sowie einschlägige Gesetze und Vorschriften. Das Land hat im Übrigen bereits drei Notfallzulassungen für COVID-19-Impfstoffe erteilt.

Adenovirus-basierte nicht replizierende ­Vektorimpfstoffe

Zu dem Adenovirus-basierten Vektorimpfstoff AZD1222 (ChAdOx1) der Universität Oxford/AstraZeneca liegen noch keine publizierten Ergebnisse aus klinischen Phase-III-Studien vor, ebenso wenig wie zu den ebenfalls Adenovirus-basierten Kandidatenvakzinen JNJ-78436735 (vorher Ad26.COV2-S) von Janssen und Ad5-nCoV, die von CanSino Biological Inc./Beijing Institute of Biotechnology entwickelt wird. Auch die Phase-III-Studie ENSEMBLE (NCT04505722) mit dem Johnson & Johnson-Kandidaten JNJ-78436735 an bis zu 60.000 Freiwilligen war im Oktober wegen der ungeklärten Erkrankung eines Probanden zeitweise angehalten worden. Am 23. Oktober gab das Unternehmen dann „Entwarnung“ und teilte mit, die Studie werde wieder aufgenommen [17]. Zu AZD1222 hat die Europäische Arzneimittelagentur Anfang Oktober bereits ein Rolling-Review-Verfahren gestartet.

Sputnik V ebenfalls zu 92% wirksam?

An dieser Stelle darf auch die russische Adenovirus-basierte Vakzine Sputnik V nicht außer Acht gelassen werden, die schließlich im August noch ohne Phase-III-Ergebnisse mit Einschränkungen zugelassen worden war. In einer Pressemitteilung vom 11. November 2020 auf dem offiziellen Twitter-Account des Impfstoffs ist nachzulesen, dass Sputnik V in einer doppelblinden, randomisierten placebokontrollierten Phase-III-Studie mit bis zu 40.000 Freiwilligen (NCT04530396) auf der Grundlage der ersten Zwischenanalyse eine 92%ige Wirksamkeit nachgewiesen habe [18]. Mehr als 20.000 Probanden hätten in der Studie bereits die erste Komponente des Impfstoffs erhalten und über 16.000 Freiwillige sowohl die erste als auch die zweite. Die Daten sind jedoch ebenso wie die zu dem Biontech/Pfizer- und dem Moderna-Impfstoff noch nicht im Detail veröffentlicht worden.

mRNA-Impfstoff-Stabilisierung und das Transportproblem

Wie auch immer das Rennen um die ersten Zulassungen ausgeht, es gibt aber auch ein „Leben nach der Erteilung der Zulassung“, in der ein Impfstoff sich nicht nur als wirksam, sondern auch als praxistauglich erweisen muss. Schließlich sollen die Vakzine in möglichst kurzer Zeit möglichst vielen Menschen weltweit zur Verfügung stehen. Unter dem Druck des abzusehenden „Massengeschäfts“ sollten sie leicht handhabbar sein. Allgemein muss die überwiegende Mehrheit der Impfstoffe zwischen 2 und 8° C gekühlt werden, mit bevorzugten 5° C im Schnitt und minimalen Schwankungen. Über die Stufen der Herstellung, Lagerung und der Verteilung bis hin zum Anwender ist eine durchgehende Kühl­kette erforderlich.

Transport und Lagerung von mRNA-basierten Impfstoffen erfordern jedoch vielfach extrem niedrige Temperaturen, damit sie stabil bleiben. Denn die RNA muss von kleinen Vesikeln aus Lipid-Nanopartikeln umhüllt werden, um sie vor der Degradation durch extrazelluläre Nukleasen zu schützen, aber auch, um die Aufnahme und Expression der RNA in die Körperzelle zu erhöhen. Doch diese Formulierung ist sehr hitzeempfindlich. Nur bei starker Kühlung kann eine Temperatur erreicht werden, „bei der Lipide und lipide Strukturen aufhören, sich zu bewegen. Um diesen Zustand allerdings stabil zu halten, muss diese Temperatur noch unterschritten werden”, erklärte Drew Weissman, Experte für mRNA-Impfstoffe an der University of Pennsylvania, deren Labor mit Biontech zusammenarbeitet, gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland [19]. Das stellt eine große Herausforderung sowohl für den Transport als auch für die Lagerung von mRNA-basierten Vakzinen dar.

Kühlschranklagerung als Wettbewerbsvorteil

Einer der beiden größten Hoffnungsträger, BNT162b2, muss nach derzeitigen Erkenntnissen bei –70° C transportiert und gelagert werden, was sich für die Vakzine selbst in industrialisierten Ländern als entscheidendes Nadelöhr für die Distribution erweisen könnte. In den USA und in Europa haben Biontech/Pfizer bereits daran gearbeitet, komplexe Verteilungspläne zu erstellen, die diese ultrakalten Temperaturen aufrechterhalten [20]. Ein Konkurrent, der Moderna-mRNA-Kandidat steht diesbezüglich besser da. Für den Versand und die Langzeitlagerung erwartet Moderna laut einer aktuellen Mitteilung, dass mRNA-1273 bis zu sechs Monate bei –20° C stabil gehalten werden kann. Die Verwendung von Standard-Gefriertemperaturen in diesem Bereich (von –25° bis –15° C) sei eine einfachere und etabliertere Methode zur Verteilung und Lagerung als die Tiefkühlung, heißt es, und die meisten pharmazeutischen Vertriebsunternehmen seien dazu in der Lage, Produkte unter solchen Bedingungen weltweit zu lagern und zu versenden. Nach dem Auftauen soll mRNA-1273 bei Standardkühlbedingungen von 2 bis 8° C bis zu 30 Tage stabil bleiben. Damit soll er in den meisten Apotheken, Krankenhäusern oder Arztpraxen problemlos gelagert werden können. Sobald der Impfstoff zur Verabreichung aus dem Kühlschrank genommen wurde, soll er bis zu 12 Stunden bei Raumtemperatur aufbewahrt werden können [21].

Die mRNA-Vakzine CVnCoV von CureVac soll ebenfalls im Kühlschrank zu lagern sein [22]. Nach Stabilitätstestungen im flüssigen Zustand in der vorgesehenen Abfüllkonzentration erfüllte CVnCoV nach drei Monaten Lagerung bei Temperaturen von +5° C und unter –60° C alle festgelegten Qualitäts- und Freigabespezifikationen. Das heißt, die Vakzine müsste im Kühlschrank bei +5° C mindestens drei Monate lang stabil sein. Zudem soll CVnCoV bei Raumtemperatur als gebrauchsfertiger Impfstoff bis zu 24 Stunden stabil bleiben. Das Unternehmen verspricht sich davon positive Effekte auf die Verteilung, Kosten und den Materialverbrauch im Zusammenhang mit den Impfungen.

Biontech/Pfizer arbeiten allerdings ebenfalls schon an stabileren Formulierungen, die den regulären Kühlschrank­bedingungen genügen [23].

mRNA-Plattform validiert?

Die positiven Ergebnisse zu BNT162b2 sind aber nach Einschätzung des US-amerikanischen Immunologen Dr. Anthony Fauci nicht nur eine gute Nachricht für die mRNA-Vakzine, sondern auch für die Konkurrenz [23]. Aus seiner Sicht validieren sie die mRNA-Plattform als Impfstofftechnologie an sich. Insofern rechnete er bereits im Vorgriff auf Modernas jüngste Bekanntgabe fest damit, dass mRNA-1273 zu ähnlichen Ergebnissen kommen würde. Außerdem ziele der Biontech/Pfizer-Impfstoff auf denselben Mechanismus (das Spike-Protein) ab wie die meisten anderen Impfstoffkandidaten. Dies könnte auch deren Wahrscheinlichkeit, Infektionen und den Ausbruch von COVID-19 erfolgreich verhindern zu können, erheblich verbessern, meint der Immunologe. Einige Impfstoffe, einschließlich der adenoviralen Vektorimpfstoffe, der adjuvanten Proteinimpfstoffe und der inaktivierten Ganzvirusimpfstoffe, werden voraussichtlich bei 2 bis 8 °C stabil sein, sodass die Lagerungsbedingungen für diese Impfstoffe denen der Influenzaimpfstoffe entsprechen werden. Ein Vorteil von RNA-Impfstoffen ist jedoch, dass sie wesentlich schneller als konventionelle Impfstoffe produziert werden können.

EDQM-Standards für die Chargenfreigabe

Obwohl es in der EU derzeit noch keine zugelassenen COVID-19-Impfstoffe gibt, hat sich das European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare (EDQM) frühzeitig mit den Vorgaben für die staatliche Chargenfreigabe (Official Control Authority Batch Release, OCABR) befasst [24]. Diese ist in der Europäischen Union für Impfstoffe vorgeschrieben. Am 12. November 2020 hat das EDQM dazu drei Leitlinien bekannt gemacht. Sie beziehen sich auf Impfstoffe, die voraussichtlich zuerst auf dem europäischen Markt erhältlich sein werden, darunter auch die mRNA-Vakzine. Mit der frühzeitigen Verfügbarkeit der Leitlinien sollen die offiziellen staatlichen Kontrolllaboratorien und die Hersteller bereits jetzt die notwendigen Schritte zur Vorbereitung auf die staatliche Chargenfreigabe unternehmen. So werden Verzögerungen vermieden, wenn die Impfstoffe tatsächlich da sind.

Impfstoff für die EU gesichert

Da sich derzeit verschiedene Impfstoffkandidaten in der letzten Prüfphase befinden, ist es gut möglich, dass in absehbarer Zeit mehrere Impfstoffe zugelassen werden. Experten begrüßen dies auch deswegen, weil für verschiedene Bevölkerungsgruppen wahrscheinlich verschiedene Arten von COVID-19-Impfstoffen benötigt werden. Die Zulassung eines Impfstoffs heißt aber noch nicht, dass dieser sofort für die gesamte Bevölkerung zur Verfügung stehen wird. Die Europäische Kommission hat für die EU-Bürger über verschiedene Vereinbarungen bereits vorab Impfstofflieferungen der aktuell vielversprechendsten Kandidaten gesichert. Dazu gehören auch 200 Millionen Dosen des Corona-Impfstoffs von Biontech/Pfizer, mit einer Option für weitere 100 Millionen Dosen. Bis zu 100 Millionen Dosen sollen nach Deutschland gehen. Mit Moderna verhandelt die EU noch.

Vorerst nicht in deutschen Apotheken

Die Ständige Impfkommission beim Robert Koch-Institut (STIKO) hat gemeinsam mit Vertretern des Ethikrats und der Leopoldina eine Empfehlung erarbeitet, in welcher Reihenfolge in Deutschland geimpft werden soll. In den deutschen Apotheken werden danach in absehbarer Zeit noch keine COVID-19-Impfstoffe ankommen. Sorgen wegen problematischer Lagerungsbedingungen dürften deshalb unbegründet sein. Nach der aktuellen nationalen Impfstrategie COVID-19 (Stand: 23. Oktober 2020) sollen die Impfstoffe in den Phasen I A und I B zunächst durch den Bund an 60 Lieferstandorte in allen Bundesländern geliefert und in Impfzentren verimpft werden. Für diese Phasen wird von einer eher noch geringen Verfügbarkeit an Impfstoffen, Mehrdosenbehältnissen und teilweise komplexen Lagerungsbedingungen (z. B. Kühlung < –60° C) ausgegangen. Erst in der Phase II mit der breiten, dezentralen Routine-Verimpfung kommen die Großhändler und Apotheken für die Lagerung und Verteilung ins Spiel. In dieser Phase sollen die Impfstoffe großflächig verfügbar sein, und es wird mit Einzeldosenabfüllung und geringeren Herausforderungen bei der Lagerung und Logistik (z. B. Kühlung bei 2° C) gerechnet. Bis es dazu kommt, dürften allerdings selbst bei optimistischen Prognosen noch ein paar Monate ins Land gehen. |

Literatur

 [1] Pfizer and BioNTech Announce Vaccine Candidate Against COVID-19 Achieved Success in First Interim Analysis from Phase 3 Study. Pressemitteilung vom 9. November 2020. https://investors.biontech.de/news-releases/news-release-details/pfizer-and-biontech-announce-vaccine-candidate-against-covid-19

 [2] Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer: Noch viele offene Fragen. Deutschlandfunk, 12. November 2020. https://www.deutschlandfunk.de/corona-impfstoff-von-biontech-pfizer-noch-viele-offene.2897.de.html?dram:article_id=487291

 [3] U.S. Department of Health and Human Services Food and Drug Administration Center for Biologics Evaluation and Research. Development and Licensure of Vaccines to Prevent COVID-19. Guidance for Industry. June 2020. https://www.fda.gov/media/139638/download

 [4] U.S. Department of Health and Human Services Food and Drug Administration Center for Biologics Evaluation and Research. Emergency Use Authorization for Vaccines to Prevent COVID-19. Guidance for Industry. October 2020. https://www.fda.gov/media/142749/download

 [5] WHO target product profiles for COVID-19 vaccines. 9 April 2020. https://www.who.int/publications/m/item/who-target-product-profiles-for-covid-19-vaccines

 [6] Moderna’s COVID-19 Vaccine Candidate Meets its Primary Efficacy Endpoint in the First Interim Analysis of the Phase 3 COVE Study. Pressemitteilung vom 16. November 2020. https://investors.modernatx.com/news-releases/news-release-details/modernas-covid-19-vaccine-candidate-meets-its-primary-efficacy

 [7] Moderna Completes Enrollment of Phase 3 COVE Study of mRNA Vaccine Against COVID-19 (mRNA-1273). Pressemitteilung vom 22. Oktober 2020. https://investors.modernatx.com/news-releases/news-release-details/moderna-completes-enrollment-phase-3-cove-study-mrna-vaccine

 [8] EMA starts rolling review of mRNA COVID-19 vaccine by Moderna Biotech Spain, S.L.. News vom 16. November 2020. https://www.ema.europa.eu/en/news/ema-starts-rolling-review-mrna-covid-19-vaccine-moderna-biotech-spain-sl

 [9] Swissmedic prüft Impfstoffkandidaten von Moderna. Mitteilung vom 13. November 2020. https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/news/coronavirus-covid-19/moderna-zlgesuch-covid19-impfstoff.html

 [10] UK Medicines and Healthcare products Regulatory Agency Begins Rolling Review of Moderna’s mRNA Vaccine Against COVID-19 (mRNA-1273). Press Release vom 27. Oktober 2020. https://investors.modernatx.com/news-releases/news-release-details/uk-medicines-and-healthcare-products-regulatory-agency-begins/

 [11] Kremsner P, Mann P et al. Phase 1 Assessment of the Safety and Immunogenicity of an mRNA- Lipid Nanoparticle Vaccine Candidate Against SARS-CoV-2 in Human Volunteers. MedRxiv. 9. November 2020. doi: https://doi.org/10.1101/2020.11.09.20228551

 [12] CureVac veröffentlicht detaillierte Interimsdaten der Phase 1-Studie seines COVID-19-Impfstoffkandidaten CVnCoV. Pressemitteilung vom 10. November 2020. https://www.curevac.com/2020/11/10/curevac-veroeffentlicht-detaillierte-interimsdaten-der-phase-1-studie-seines-covid-19-impfstoffkandidaten-cvncov/

 [13] Blasius H. Das Impfstoffrennen. DAZ 2020;160(41):41-47

 [14] National Medicinal Products Administration. Rapid progress made in developing vaccine. 17. September 2020. http://english.nmpa.gov.cn/2020-09/17/c_537152.htm

 [15] National Medicinal Products Administration. Talent, teamwork speed vaccine effort. 3. November 2020. http://english.nmpa.gov.cn/2020-11/03/c_560756.htm

 [16] National Medicinal Products Administration. China spares no effort in developing COVID-19 vaccine. 13. November 2020. http://english.nmpa.gov.cn/2020-11/13/c_563640.htm

 [17] Johnson & Johnson Prepares to Resume Phase 3 ENSEMBLE Trial of its Janssen COVID-19 Vaccine Candidate in the U.S. Updated Statement October 23, 2020. https://www.jnj.com/our-company/johnson-johnson-prepares-to-resume-phase-3-ensemble-trial-of-its-janssen-covid-19-vaccine-candidate-in-the-us

 [18] Russia‘s Sputnik V vaccine has 92% Efficacy, Interim Analysis Shows. https://sputniknews.com/russia/202011111081126353-russias-sputnik-v-vaccine-has-92-efficacy-interim-analysis-shows-/

 [19] Corona-Impfstoff: Das Problem mit der Ultrakaltlagerung. Redaktionsnetzwerk Deutschland. 29. September 2020. https://www.rnd.de/gesundheit/corona-impfstoff-das-problem-mit-der-ultra-kaltlagerung-FMKCPIFVPRDUZPXIGUWAFJEOG4.html

 [20] Planes, trucks and ultracold boxes: Pfizer preps massive COVID-19 vaccine distribution effort. Fierce Pharma. 21 Oktober 2020. https://www.fiercepharma.com/manufacturing/pfizer-designed-new-container-and-plans-to-tap-shipping-companies-for-covid-19

 [21] Moderna Announces Longer Shelf Life for its COVID-19 Vaccine Candidate at Refrigerated Temperatures. Pressemitteilung vom 16. November 2020. https://investors.modernatx.com/news-releases/news-release-details/moderna-announces-longer-shelf-life-its-covid-19-vaccine

 [22] CureVacs COVID-19-Impfstoffkandidat CVnCoV für Logistik bei Kühlschranktemperatur geeignet. Pressemitteilung vom 12. November 2020. https://www.curevac.com/2020/11/12/curevacs-covid-19-impfstoffkandidat-cvncov-fuer-logistik-bei-kuehlschranktemperatur-geeignet/

 [23] Four reasons for encouragement based on Pfizer’s Covid-19 vaccine results. Stat News 9. November 2020. https://www.statnews.com/2020/11/09/four-reasons-for-encouragement-based-on-pfizers-covid-19-vaccine-results/

 [24] COVID-19 vaccines: release of guidelines critical for co-ordinated independent batch control by EU OMCLs. EDQM, 12 November 2020. https://www.edqm.eu/en/news/covid-19-vaccines-release-guidelines-critical-co-ordinated-independent-batch-control-eu-omcls

Autorin

Dr. Helga Blasius ist Fachapothekerin für Arzneimittelinformation, Dipl.-Übersetzerin (Japanisch, Koreanisch) und regelmäßige Autorin der DAZ.

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