Pandemie Spezial

Elektronische und tierische Virusdetektive

Unkonventionelle Ideen sollen helfen, SARS-CoV-2 aufzuspüren

Neue Methoden könnten das Coronavirus aufspüren – an Ideen mangelt es nicht. So sind Fitnessuhren, Atemtests, Husten-App und Co. auf dem Vormarsch, um frühzeitig eine Infektion feststellen zu können.

Die derzeit etablierte Standardmethode, eine SARS-CoV-2-Infektion zu erkennen, basiert auf einem PCR-Test (Polymerase-Kettenreaktion), welcher das Virus-Erbgut nachweist. Er ist Teil der nationalen Teststrategie. Für diesen Test wird ein Nasen-/Rachenabstrich entnommen und ins Labor geschickt. Der Test ist sehr spezifisch, aber auch extrem zeit- und kostenintensiv. Die Labore stoßen mittlerweile an ihre Kapazitätsgrenze – mit einer längeren Wartezeit auf das Ergebnis muss gerechnet werden. ­Zügiger geht es mit sogenannten Antigen-Schnelltests, die innerhalb von 15 bis 30 Minuten ein Ergebnis liefern. Sollte der Test positiv ausfallen, muss das Ergebnis nochmals durch einen PCR-Test bestätigt werden. Diese Schnelltests sind insbe­sondere Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern vorbehalten.

Schnellere und in der Handhabung leicht durchführbare Methoden stehen hoffentlich bald für die breite Masse zur Verfügung. So haben Pharmazeuten der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zeigen können, dass das Virus in Gurgelproben nachgewiesen werden kann. Mithilfe der Massenspektrometrie konnten kleinste Mengen des Virus aus den Proben detektiert werden. Die Methode könnte in Zukunft als Ergänzung eingesetzt werden und würde den Patienten den teils als unangenehm empfundenen Abstrich ersparen.

Einmal blasen bitte!

Zudem befindet sich ein Atemtest analog des Alkoholtests in der Entwicklung. Forschern des Klinikums Dortmund und der Universität Edinburgh ist es gelungen, mithilfe der GC-IMS-Methode (Gaschromatografie verbunden mit der Ionen-Mobilitäts-Spektrometrie) eine SARS-CoV-2-Infektion aus Atemproben der Patienten nachzuweisen. Hier werden nicht das Virus, sondern charakteristische flüchtige organische Verbindungen (VOCs), die von Virus-befallenen Zellen abgegeben werden und im Atem nachweisbar sind, gemessen – mit einer Treffsicherheit von ca. 80%. Ähnlich funktioniert die Sensormethode aus Nanogoldpartikeln, entwickelt von der chinesischen University of Science and Technology in Hefei. Lagern sich die VOCs an die Ligandenschicht an, kommt es zu einer Veränderung des elektrischen Widerstands des Sensors. Die Treffsicherheit schwankte zwischen Trainings- und Testdatensatz von 76 bis 94%.

Foto: wstockstudio – stock.adobe.com

Wie der Alkoholtest könnte auch ein Test auf SARS-CoV-2 funktionieren.

Einmal husten bitte!

Über eine „Husten-App“ könnte ebenfalls eine Infektion festgestellt werden. So ließ ein Forscherteam um Jordi Laguarta vom Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, Patienten in das Mikrofon ihres Smartphones oder Tablets husten. Mithilfe einer Audiodatei wurde der Husten analysiert. Auch asymptomatische Patienten konnten erkannt werden. Die Sensitivität lag bei 98,5% mit einer Spezifität von 94,2%. Auch Smartwatches und Fitnessarmbänder könnten bald als Virus-Detektoren zum Einsatz kommen. Sie sollten laut RKI mit einer neuen App aufge­rüstet werden, um zu beobachten, in welcher Region verdächtige COVID-19-Krankheitszeichen auftreten.

Einmal schnüffeln lassen!

Last but not least: Hunde könnten abseits der Elektronik als Virus-Schnüffler zum Einsatz kommen. Sie verfügen über ein besonders sensibles Riechvermögen und sind nach erfolgreichem Training in der Lage, Krankheiten zu erschnüffeln. So werden sie u. a. als Diabetes-Hunde zur Erkennung von Hypoglykämien eingesetzt. Am Flughafen in Helsinki sind Spürhunde bereits im Einsatz, um SARS-CoV-2-in­fizierte Reisende zu erkennen. Anna Hielm-Björkmann von der Universität Helsinki hat Hunde darauf trainiert, spezielle Duftstoffe, die im Urin von COVID-19-Patienten ausgeschieden werden, aufzuspüren, durchaus mit ­Erfolg. Um welche Duftstoffe es sich handelt, ist bisher jedoch nicht bekannt. Auch an der University of Pennsylvania, Philadelphia, findet derzeit eine Studie mit Hunden als Corona-­Detektoren statt. Es bleibt spannend, welche der zahlreichen neuartigen Methoden sich durchsetzt und als weitere Teststrategie eingeführt wird. |

Literatur

Infektionsschutz Basisinformationen. Test auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, verfügbar unter https://www.infektionsschutz.de/coronavirus/basisinformationen/test-auf-sars-cov-2.html#c13339, Abruf am 06.11.2020

Mitteilung Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Besserer Schutz in Pflegeheimen und Krankenhäusern, verfügbar unter https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/2020/faq-antigen-schnelltests.html, Abruf am 06.11.2020

Pressemitteilung Universität Halle-Wittenberg. Neue Testmethode kann das Coronavirus in stark verdünnten Gurgelproben erkennen, verfügbar unter https://presssemitteilungen.pr.uni-halle.de/index.php?modus=pmanzeige&pm_id=5033, Abruf am 06.11.2020

Ärzteblatt. Erste Ergebnisse zu einem Atemtest auf Covid-19, verfügbar unter www.aerzteblatt.de/nachrichten/117717/Erste-Ergebnisse-zu-einem-Atemtest-auf-COvid-19, Abruf am 06.November 2020

Physik Journal. Vorbild Alkoholtest. Deutsche Physikalische Gesellschaft 2020(19)10:16

Van den Heuvel, M. KI erkennt Corona-Infektion am (erzwungenen) Husten – sogar bei asymptomatischen Patienten, verfügbar unter https://deutsch-medscape.com/artikelansicht/4909438, Abruf am 06.11.2020

Hollersen W. Wie eine App im Kampf gegen Corona helfen soll, verfügbar unter https://www.welt.de/gesundheit/article207099197/Corona-Datenspende-So-funktioniert-die-App-vom-RKI.html, Abruf am 06.11.2020

Braun A. Hunde erschnüffeln Corona-Infektion, verfügbar unter https//www.swr.de/wissen/hunde-sollen-corona-erschnueffeln-102.html, Abruf am 06.11.2020

Apothekerin Dr. Martina Wegener

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