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Wirtschaft

Herstellerrabatte auf neuem Höchststand

Steigerung der Ersparnisse von über 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat vor Kurzem die Einsparungen der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) aufgrund der Abgabe von rabattbegünstigten Arzneimitteln durch Apotheken für die ersten drei Quartale 2019 veröffentlicht. Laut BMG-Statistik konnten die Krankenkassen in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres durch diese vertraglich vereinbarten Rabatte gut 3.507,7 Mio. Euro – nach vorläufigen Ergebnissen – einsparen, während es in den ersten drei Quartalen 2018 (ebenfalls nach vorläufigen Ergebnissen) noch 3.185,2 Mio. Euro waren. Das entspricht einer Steigerung von über zehn Prozent. | Von Uwe Hüsgen

In den ersten neun Monaten des Jahres 2019 wurden von den öffentlichen Apotheken annähernd 505,6 Mio. (apo­theken- und verschreibungspflichtige) Fertigarzneimittel (FAM) zulasten der GKV abgegeben. Das waren knapp 3,2 Mio. Verordnungen (bzw. 0,6 Prozent) mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Zeitgleich hat die Zahl der gesetzlich Versicherten im Monatsdurchschnitt um gut 286.000 Köpfe zugenommen. Das entspricht einem Zuwachs von 0,4 Prozent. Unter Berücksichtigung des demografischen Wandels und des damit einhergehenden Mehrbedarfs an Arzneimitteln ist die Absatzsteigerung von 0,6 Prozent als moderat zu bezeichnen.

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Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen ­rabattbegünstigten Arzneimittel von 308,8 Mio. auf 312,5 Mio. Packungen bzw. um 1,2 Prozent. Damit beanspruchten die rabattbegünstigten Arzneimittel an allen zulasten der GKV abgegebenen FAM einen Marktanteil von 61,8 Prozent, nach 61,5 Prozent in der entsprechenden Vorperiode. Das bedeutet zugleich, dass die Zahl der FAM, die nicht unter dem Rabatt nach § 130a Abs. 8 SGB V standen, zurückgegangen ist.

Rabatte für rein apothekenpflichtige Arzneimittel, die rund acht Prozent aller zulasten der GKV abgegebenen FAM ausmachten, werden traditionell nur selten vereinbart. Angesichts dieser Gegebenheit betrug der Absatzanteil an den zulasten der GKV abgegebenen verschreibungspflichtigen FAM (Rx-FAM) sogar 65,6 Prozent, d.h. im Berichtszeitraum waren rund zwei von drei zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM rabattbegünstigt; ein Trend, der sich – trotz der vermehrt dokumentierten Lieferengpässe – seit Einführung dieser Rabatte stetig fortsetzt.

Tab. 1: Zulasten der GKV abgegebene Fertigarzneimittel (FAM) in Mio., rabattbeg. FAM in Mio., den gesetzlichen Krankenkassen seitens der Hersteller darauf vertraglich gewährte Rabatte (nach § 130a Abs. 8 SGB V) in Mio. Euro und je rabattb. FAM sowie, zum Vergleich, Apotheken-Rohertrag (gem. AMPreisV) je GKV-Rx-FAM in den ersten drei Quartalen (III) 2018 und 2019¹
Auswertungsposition
2018
2019
Entwicklung2019 = 100
I. bis III. Quartal
GKV-FAM insgesamt in Mio.
502,4
505,6
100,6%
davon: rabattbeg. FAM
in Mio.
308,8
312,5
101,2%
in %
61,5%
61,8%
100,6%
darunter:
apothekenpfl. in Mio.
7,5
8,3
110,0%
verschreibungspfl. in Mio.
301,3
304,3
101,0%
Rabatte in Mio. Euro gem. § 130a Abs. 8 SGB V¹
3.185,2
3.507,7
110,1%
Rabatt je rabattb. FAM¹
10,31 €
11,22 €
108,8%
zum Vergleich: Apo.-Rohertrag je GKV-Rx-FAM (gem. AMPreisV)
8,15 €
8,20 €
100,6%

¹: Herstellerrabatte nach § 130a Abs. 8 SGB V; für 2018 und 2019 (III): vorläufig

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit (KV 45), INSIGHT Health und eigene Berechnungen

Rabattbegünstigte Arzneimittel werden teurer

Maßgeblich für den vertraglich vereinbarten Rabatt zwischen Krankenkasse und Hersteller ist der Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU), der an dieser Stelle gesondert analysiert werden soll.

Während der zulasten der GKV verordnete FAM-Absatz im Berichtszeitraum um gut 0,6 Prozent zugenommen hat, ist der zugehörige Abgabepreis der pharmazeutischen Unternehmer von gut 19,47 Mrd. Euro auf 20,65 Mrd. Euro oder um 6,0 Prozent gestiegen (s. Tabelle 2).

Tab. 2: Umsatz zu Herstellerabgabepreisen (ApU) der GKV-FAM insg., der rabatt­begünstigten und der nicht rabattbegünstigten FAM in Mio. Euro sowie der Anteil der rabattbeg. FAM am gesamten ApU in den ersten drei Quartalen 2018 und 2019
Auswertungsposition
2018
2019
Entwicklung2019 = 100
I. bis III. Quartal
GKV-FAM-Umsatz (ApU) insgesamt in Mio. Euro
19.474
20.650
106,0%
rabattb. GKV-FAM-Umsatz (ApU) in Mio. Euro
7.885
8.424
106,8%
nicht rabattb. GKV-FAM-Umsatz (ApU) in Mio. Euro
11.589
12.226
105,5%
rabattbegünstigter GKV-FAM-­Umsatz (ApU) in Prozent der GKV-FAM-Umsatz (ApU) insgesamt
40,5%
40,8%

Quelle: INSIGHT Health und eigene Berechnungen

Je Packung gerechnet bedeutet das für die ersten neun Monate dieser Jahre einen Anstieg des ApU von 38,76 Euro (2018) auf 40,84 Euro (2019) oder um knapp 5,4 Prozent.

Bei den rabattbegünstigten FAM nahm der Abgabepreis der pharmazeutischen Unternehmer – vor Rabatt – von mehr als 7,88 Mrd. Euro auf gut 8,42 Mrd. Euro oder um 6,8 Prozent zu.

Damit beanspruchten die rabattbegünstigten Arzneimittel im ­Berichtszeitraum zwar 61,8 Prozent des Absatzes, aber nur 40,8 Prozent des (originären, im Lauer gelisteten) Umsatzes zu Herstellerabgabepreisen.

Da der Absatz der rabattbegünstigten Arzneimittel um 1,2 Prozent gestiegen ist, betrug der packungsbezogene ApU-Zuwachs immer noch knapp 5,6 Prozent. So stieg der durchschnittliche Herstellerabgabepreis je rabattbegünstigtem Arzneimittel im Berichtszeitraum von 25,58 Euro (2018) auf 26,95 Euro (2019). Die Krankenkassen haben also vermehrt Verträge mit den Herstellern über teurere Arzneimittel abgeschlossen.

Dagegen hat der ApU für die nicht rabattierten FAM nicht um 6,8 Prozent, sondern nur um 5,5 v. H. zugelegt. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die zugehörige Zahl an verordneten Arzneimitteln leicht rückläufig war.

Auswirkungen auf die Umsatzsteuer

Alle den Krankenkassen (gesetzlich) zu gewährenden und gewährten Apotheken- und Herstellerrabatte enthalten die Umsatzsteuer. Bei den Herstellern (wie bei den Apotheken) verringern diese Erlösschmälerungen einerseits den Umsatz, andererseits aber auch die Zahllast (s. Kasten).

Vertraglich vereinbarte Rabatte beinhalten die Umsatzsteuer

Veräußert der Hersteller z. B. ein verschreibungspflichtiges rabattbegünstigtes Arzneimittel, ist ihm zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, ob das Arzneimittel später zulasten einer gesetzlichen Krankenkasse oder „privat“ verordnet wird. Natürlich erhebt der Hersteller auf den (originären) Abgabepreis die volle Umsatzsteuer, die er dann ans Finanzamt abzuführen hat. Die an Vorlieferanten gezahlte Vorsteuer wird dabei verrechnet. Die (positive) Differenz zwischen Umsatz- und Vorsteuer wird als „Zahllast“ bezeichnet. Wird das Arzneimittel später auf Kassenrezept eingelöst, kommt die betroffene Krankenkasse – in aller Regel qua Apothekenrechenzentrum – auf den Hersteller zu und verlangt den vertraglich vereinbarten Rabatt (einschließlich Umsatzsteuer). Der pharmazeutische Unternehmer verbucht diesen Rabatt als Erlösschmälerung; dabei verringert die anteilig auf den Rabatt entfallende Umsatzsteuer die Zahllast. Damit wird sichergestellt, dass das Unternehmen nicht zu viel an Steuern an das Finanzamt abführt.

Zur Berechnung des effektiven Herstellerabgabepreises (der rabattbegünstigten Arzneimittel) werden deshalb die vertraglich vereinbarten Rabatte – nach Kürzung um die anteilige Umsatzsteuer – von dem originären, im Lauer gelisteten ApU abgezogen (s. Tabelle 3).

Während die Hersteller in den ersten drei Quartalen 2018 auf Arzneimittel nach § 130a Abs. 8 SGB V noch einen durchschnittlichen Rabatt von 33,9 Prozent vereinbarten / vereinbaren mussten, um einen Vertrag mit den Krankenkassen abschließen zu können, stieg dieser Wert im Berichts­zeitraum um 1,1 Prozentpunkte auf 35,0 Prozent.

Tab. 3: Umsatz der rabattbegünstigten FAM zu Herstellerabgabepreisen (ApU), darauf entfallene vertraglich vereinbarte Rabatte (gem. § 130a Abs. 8 SGB V) mit und ohne Umsatzsteuer¹ und der den Herstellern verbleibende Umsatz in Mio. Euro sowie der Anteil der Erlösschmälerungen am ApU in den ersten drei Quartalen 2018 und 2019
Auswertungsposition
2018
2019
Entwicklung2019 = 100
I. bis III. Quartal
rabattb. GKV-FAM-Umsatz (ApU) in Mio. Euro
7.885
8.424
106,8%
vertragl. vereinb. Rabatte in Mio. Euro¹
3.185
3.508
110,1%
Erlösschmälerungen Hersteller in Mio. Euro
2.677
2.948
110,1%
den Herstellern verbleibender ApU in Mio. Euro
5.208
5.476
105,1%
seitens der Hersteller den Krankenkassen gewährte Rabatte (Erlös-schmälerungen) in Prozent
33,9%
35,0%

¹: Herstellerrabatte nach § 130a Abs. 8 SGB V; für 2018 und 2019 (III): vorläufig

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit (KV 45), INSIGHT Health und eigene Berechnungen

Fazit

Im Ergebnis wurde jedes abgegebene rabattbegünstigte Arzneimittel in den ersten neun Monaten des Jahres aufgrund der Verträge nach § 130a Abs. 8 SGB V mit 11,22 Euro rabattiert, nach 10,31 Euro in der Vorperiode (vgl. Tabelle 1). Das entspricht einer Steigerung von gut 8,8 Prozent. Damit hat der durchschnittliche Rabatt je rabattbegünstigtem Arzneimittel den durchschnittlichen Rohertrag der Apotheken (gemäß AMPreisV) je zulasten der GKV abgegebenem Rx-FAM (mit 8,20 Euro) auch in den ersten drei Quartalen 2019 wieder deutlich überschritten. Da die rabattbegünstigten FAM zudem noch wesentlich preiswerter sind als das zulasten der GKV abgegebene durchschnittliche Rx-FAM, liegt der Rohertrag der Apotheken je rabattbegünstigtem Arzneimittel noch weit unter 8,20 Euro.

Die Zahl der vertraglich gebundenen Arzneimittel nimmt von Jahr zu Jahr zu, der Durchschnittspreis pro Packung steigt ebenso wie der zugehörige absolute Rabatt.

Dabei erhalten die Krankenkassen für jedes abgegebene rabattbegünstigte Arzneimittel, und damit für weit mehr als 60 Prozent des Absatz-Marktes, mehr an Rabatten aus vertraglichen Vereinbarungen, als sie den Apotheken im Rahmen der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung für die Beratung ihrer Versicherten und die anschließende Abgabe dieser Arzneimittel an Honorar zugestehen. |

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