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Corona-Ticker

Neuigkeiten zu SARS-CoV-2 in Kürze

mab | Seit das Coronavirus im Dezember 2019 in Wuhan/China ausgebrochen ist und sich weltweit ausgebreitet hat, überschlagen sich die Meldungen. Täglich ergeben sich neue Erkenntnisse zu Übertragung, Verlauf und Behandlungsoptionen des Virus.
Grafiken: GEMINI – stock.adobe.com

Wir sichten regelmäßig die Informationsflut und haben wichtige Mitteilungen und neue Erkenntnisse der letzten Wochen zusammengefasst:

Glucocorticoide mit Bedacht

Teilweise werden Glucocorticoide bei schweren COVID-19-­Fällen eingesetzt, um die Entzündung der Lunge in den Griff zu bekommen. Forscher warnen nun davor, dass es bei unsachgemäßem Einsatz zu einer Nekrose des Oberschenkelknochens kommen kann. Sie beziehen sich dabei auf Daten einer retrospektiven Studie von 539 an SARS erkrankten Patienten. Hier wiesen knapp 24% eine Osteo-nekrose auf. Das Risiko nimmt nicht nur unter einer steigenden Dosierung zu, sondern auch, wenn mehr als ein Glucocorticoid eingesetzt wird. Die Wissenschaftler raten, nur bei septischem Schock oder in kritischen Fällen zeitlich begrenzt maximal ein Glucocorticoid in möglichst geringer Dosierung bei COVID-19 einzusetzen. [Tang C et al Lancet 2020. doi:10.1016/S0140-6736(20)30749-2]

Risiko Demenz-Gen?

Träger des Genotyps E4 im Gen für das Apolipoprotein E haben ein bis zu elffach erhöhtes Risiko, an einem Morbus Alzheimer zu erkranken. Britische Forscher untersuchen seit Längerem eine Gruppe, die diesen Gendefekt aufweist. Jetzt haben sie herausgefunden, dass möglicherweise das Alzheimer-Gen einen schweren COVID-19-Verlauf begünstigen könnte. So ließ sich eine deutlich höhere Prävalenz für schwere SARS-CoV-2-­Verläufe für Genotyp E4 mit 410 auf 100.000 Personen im Vergleich zum normalen Genotyp E3 mit 179 auf 100.000 Personen nachweisen. Dabei ist bisher keiner der an COVID-19leidenden Probanden an einer Demenz erkrankt, was auf das relativ niedrige Alter zurückzuführen ist. Die Forscher schließen daraus, dass Menschen mit dem Genotyp E4 ein erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf aufweisen könnten, auch wenn sie (noch) nicht an einer Demenz erkrankt sind. Mögliche Erklärung ist, dass Apolipoprotein E in die Makrophagenfunktion eingreift und außerdem in den Typ-2-Alveolarzellen exprimiert wird, die zu den ersten Angriffspunkten von SARS-CoV-2 zählen. [Kuo CL et al. The Journals of Gerontology 2020. doi:10.1093/gerona/glaa131]

Remdesivir im Test

In das ursprünglich für Ebola entwickelte Adenosin-Analagon Remdesivir wird große Hoffnung als Behandlungsoption von COVID-19-Patienten gelegt. Vor Kurzem wurde das Ergebnis einer randomisierten Studie veröffentlicht, in der knapp 1000 mit SARS-CoV-2 infizierten Teilnehmern randomisiert über zehn Tage intravenös Remdesivir oder Placebo verabreicht worden war. Dabei wurden die besten Ergebnisse bei Patienten erzielt, die zwar Sauerstoff benötigten, aber noch nicht maschinell beatmet werden mussten. Bei schweren Verläufen konnte jedoch keine verminderte Sterblichkeit oder schnellere Erholung der Patienten unter Remdesivir erkannt werden. Die mittlere Genesungszeit der Erkrankten betrug im Vergleich zu Placebo nur elf anstatt 15 Tage. Auch die Gesamtmortalität konnte von 11,9% auf 7,1% gesenkt werden. Anzumerken sind die relativ weiten Konfidenzintervalle dieser Studie, wodurch die Ergebnisse nicht als sicher deklariert werden können. Fazit der Forscher ist, möglichst früh nach Diagnosestellung mit der antiviralen Therapie bei COVID-19-Patienten zu beginnen. Die amerikanische Zulassungsbehörde hatte bereits am 1. Mai eine Ausnahmegenehmigung für den begrenzten Einsatz von Remdesivir bei COVID-19-Patienten erlassen. In Europa hat der Hersteller Gilead am 8. Juni 2020 bei der europäischen Zulassungsbehörde EMA eine begrenzte Zulassung beantragt. In Kürze wird mit einer Zulassungsentscheidung gerechnet. [Beigel JH et al. NEJM 2020. doi:10.1056/NEJMoa2007764]

Präventives Hydroxychloroquin?

Amerikanische und kanadische Forscher haben in einer kleinen randomisierten Doppelblindstudie mit knapp 800 Probanden untersucht, ob eine Gabe von Hydroxychloroquin nach Kontakt mit einem Erkrankten eine Infektion mit SARS-CoV-2 verhindern kann. Eingeschlossen wurden Probanden, die entweder privat oder am Arbeitsplatz mit einem an COVID-19 Erkrankten in Berührung gekommen waren. Dabei musste die Exposition über mindestens zehn Minuten bei einem Maximalabstand von 1,83 m bestehen. Ungefähr 100 der getesteten Personen trugen dabei einen Mund-Nasen-Schutz, der übrige Teil war ungeschützt. Die überwiegend im Gesundheitswesen tätigen Probanden mussten sich innerhalb von vier Tagen nach dem Kontakt mit dem Infizierten gemeldet haben. Anschließend bekamen sie entweder 200 mg Hydroxychloroquin- oder Placebo-­Tabletten zugeschickt, die sie wie folgt einnehmen mussten: vier Tabletten sofort, nach sechs bis acht Stunden drei weitere. Die folgenden vier Tage sollten je drei Tabletten eingenommen werden. Endpunkt der von amerikanischen und kanadischen Forschern durchgeführten Studie war eine Infektion mit SARS-CoV-2. Aufgrund von nicht ge­nügend vorhandenen Test-Kits zum Studienzeitpunkt reichte das Melden von typischen Corona-Symptomen als Diagnose aus. Insgesamt infizierten sich in der Placebo-Gruppe 58 der 407 getesteten Personen mit SARS-CoV-2, in der Hydroxychloroquin-Gruppe 49 von 414 Probanden. Die Differenz von 2,4% kann als nicht signifikant eingestuft werden, woraus die Forscher schließen, dass Hydroxychloroquin nicht vor einer COVID-19-­Erkrankung nach Virusexposition schützen kann. [Boulware DR et al. NEJM 2020. doi:10.1056/NEJMoa2016638]

Postoperative Mortalität erhöht

Weltweit wurde seit Pandemiebeginn versucht, nicht zwingend notwendige Operationen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Eine Kohortenstudie hat jetzt die Sterblichkeit von COVID-19-Patienten untersucht, deren unausweichlicher Eingriff im Zeitraum zwischen 1. Januar und 31. März 2020 durchgeführt worden war. Bei einigen Patienten war die SARS-CoV-2-­Infektion bereits vor der Operation diagnostiziert worden. 75% der Eingriffe waren Notoperationen, der Rest war geplant. Es konnte festgestellt werden, dass jeder vierte Patient innerhalb von 30 Tagen nach der Operation verstarb. Vor allem Patienten, die bereits vor dem Eingriff an COVID-19 erkrankt waren, hatten postoperativ Lungenkomplikationen, die häufig mit Todesfolge verbunden waren. [Myles PS et al. The Lancet 2020. doi:10.1016/S0140-6736(20)31182-X]

Diabetes und Tumore

In zwei Studien wurde untersucht, ob die Risikofaktoren Diabetes und Krebserkrankung bei einem schweren COVID-19-Verlauf eine Rolle spielen. Die französischen Wissenschaftler haben dabei den Verlauf der SARS-CoV-2-­Infektion von 1317 vorwiegend an Diabetes-mellitus-Typ-2 erkrankten Patienten untersucht. Dabei konnte festgestellt werden, dass gut ein Drittel der Probanden intensivmedizinisch behandelt werden musste, jeder zehnte Patient war sieben Tage nach Aufnahme in die Klinik verstorben. Neben dem Alter konnte vor allem, wie auch schon in anderen Studien beschrieben, ein erhöhter BMI als Hauptrisikofaktor für einen schweren Verlauf ausfindig gemacht werden. Ein erhöhter HbA1c-Wert beeinflusste das Risiko für einen schweren Verlauf laut den Forschern nicht. Jedoch waren bei 35,7% der Probanden keine HbA1c-Werte in den Akten vorhanden. Dahingegen konnte ein Zusammenhang mit aktuell gemessenen erhöhten Blutzuckerwerten und einem schweren COVID-19-Verlauf beobachtet werden. Die Messwerte können aber auch als Folge der Erkrankung interpretiert werden. Typische diabetische Spätfolgen wie Herz- und Nierenschäden, Mikroangiopathie und Makroangiopathie erhöhten ebenfalls das Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf.

Bei der Studie mit Krebspatienten wurden 928 Patienten eingeschlossen, die im internationalen Register für an COVID-19 erkrankte Tumorpatienten CCC19 gemeldet waren. 121 verstarben innerhalb von 30 Tagen nach der SARS-CoV-2-Diagnose. Hier wurden neben einer fortgeschritten Krebserkrankung bereits aus anderen ­Studien bekannte Risikofaktoren wie Rauchen, männliches Geschlecht, ­erhöhtes Alter und Komorbiditäten identifiziert. Kein direkter Zusammenhang konnte dagegen mit einer Operation oder einer Chemotherapie und einem schweren COVID-19-Verlauf festgestellt werden. Um aussagekräftigere Ergebnisse zu erhalten, sind Studien mit größeren Patientengruppen und längeren Nachbeobachtungszeiträumen erforderlich. [Cariou B et al. Diabetologia 2020. doi:0.1007/s00125-020-05180-x und Kuderer N et al. The Lancet 2020. doi:10.1016/S0140-6736(20)31187-9] |
 

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