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Arbeitsschutz und Hygiene
Schritt für Schritt zur Hygiene
Wie man ein Hygienekonzept erstellt
Hygieneanforderungen
Pharmazeutische Zubereitungen
Arzneimittel sind so herzustellen, dass sie sich für den vorgesehenen Gebrauch eignen und den anerkannten pharmazeutischen Regeln entsprechen. Im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur) sind daher neben den konkreten Regeln in den Monografien zu den Darreichungsformen auch die Forderungen nach den Abschnitten 5.1.4 „Mikrobiologische Qualität von nicht-sterilen pharmazeutischen Zubereitungen und von Substanzen“ und 5.1.8 „Mikrobiologische Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln zum Einnehmen und von Extrakten zu deren Herstellung“ unbedingt zu berücksichtigen. Je nach Darreichungsform und Anwendungsart dürfen die dort festgelegten mikrobiologischen Grenzwerte nicht überschritten werden. Um dies zu erreichen, müssen geeignete Maßnahmen bei der Herstellung, Verpackung, Lagerung und beim Inverkehrbringen getroffen werden.
Räumlichkeiten
Die Arbeitsbereiche müssen eine Arbeitsumgebung hinsichtlich Einrichtung und Ausstattung aufweisen, die grundsätzlich hygienisches Arbeiten gewährleistet. Die Grundforderungen nach § 4 ApBetrO – eigener Arbeitsplatz, leicht zu reinigende Wände, Oberflächen und Fußböden, gesonderter Arbeitsplatz zur Verarbeitung von Drogen – sind von allen Apotheken zu erfüllen. Darüber hinaus sind weitere Raumausstattungsmerkmale und Hygienemaßnahmen zu berücksichtigen, sofern die Apotheke einen erweiterten Leistungskatalog anbietet wie die aseptische Herstellung von Zytostatikazubereitungen bzw. Ernährungslösungen (§ 35 ApBetrO) und die patientenindividuelle Neuverpackung von Arzneimitteln (§ 34 ApBetrO).
Personal
Die unterschiedlichen Tätigkeiten der Mitarbeiter erfordern individuelle persönliche Hygienemaßnahmen. Diese dienen sowohl dem Produkt- als auch dem Mitarbeiterschutz. Insbesondere sind vom Apothekenleiter Festlegungen zu persönlicher Schutzkleidung, zum allgemeinen Infektionsschutz, zur Personalhygiene und zu Sofortmaßnahmen bei Verletzungen mit kontaminiertem bzw. infektiösem Material zu treffen.
Um alle Anforderungen zu berücksichtigen und im Praxisalltag qualitätsgesichert umzusetzen, bedarf es eines individuellen Hygienekonzeptes in Form eines gelenkten Hygienemanagements für jede Apotheke.
Ständiger Kreislauf als Resultat
Durchführungsphase und Kontrollphase stellen einen Qualitätskreislauf dar.
Plan: Zieldefinition, Maßnahmenplan
Do: Umsetzung der Maßnahmen
Check: Überprüfung der Zielerreichung
Act: Ableitung von Verbesserungsmaßnahmen
Dieser Verbesserungskreislauf heißt nach seinem Erfinder Demmingkreislauf oder PDCA-Zyklus.
Hygienemanagement – ein Überblick
Einführungsphase
1. Zunächst wird der Hygienestatus (Ist-Status) ermittelt. Dieser richtet sich nach
- dem Leistungsspektrum der Apotheke (Art und Umfang der Arzneimittelherstellung) und
- der Art der Patienten aufgrund der im Einzugsgebiet der Apotheke liegenden Ärzte. Werden Patienten mit einem erhöhten Infektionsrisiko erwartet, sind besondere Hygienemaßnahmen zu treffen. Gleiches gilt für infektionsrisikoreiche Jahreszeiten. Es wird dringend empfohlen bei einem besonderen Leistungskonzept oder erhöhter Infektionsbelastung konkrete Werte der mikrobiologischen Belastung insbesondere im Herstellungsbereich durch Abklatschteste zu ermitteln.
2. Danach ist der Soll-Status unter Beachtung der in den Arzneibüchern festgelegten Richtwerte für die Arzneimittelherstellung zu ermitteln. Es empfiehlt sich, die ermittelten Werte aufzuzeichnen und den Mitarbeitern gegebenenfalls durch Aushang bekannt zu machen.
3. Mit diesen Vorgaben entwickelt und erstellt die Apothekenleitung eine grundlegende individuelle Hygieneanweisung als Standardarbeitsanweisung (SOP), zu deren Einhaltung alle Mitarbeiter schriftlich verpflichtet werden.
4. Die SOP wird durch sogenannte Hygienepläne für detaillierte Arbeitsschritte in Einzelbereichen mit den erforderlichen Formularen zur Dokumentation ergänzt.
5. Im Anschluss daran erfolgt die Schulung der Mitarbeiter.
Durchführungsphase
Aufgrund der Hygienepläne erfolgt die Vorbereitung der Hygienemaßnahmen (Einkauf geeigneter Reinigungsmittel, Desinfektionsmittel, persönliche Schutzausrüstung [PSA] etc.), die konkrete Durchführung (Reinigung, Desinfektion ...) sowie die zeitnahe Dokumentation (täglich, wöchentlich, quartalsweise …).
Kontrollphase
Mindestens einmal jährlich wird die Wirksamkeit des Hygienemanagements im Rahmen der nach der ApBetrO festgelegten Selbstinspektion überprüft. Gegebenenfalls wird dabei zur Überprüfung des festgelegten Soll-Status der aktuelle mikrobiologische Status durch eine externe Qualitätskontrolle ermittelt (Teilnahme an Ringversuchen des ZL). Die Überprüfungsergebnisse werden in einer zeitnahen Dokumentation aufgezeichnet und bewertet. Ergeben sich Abweichungen zum Soll-Status oder werden sonstige Fehler festgestellt, sind Korrektur- und Verbesserungsmaßnahmen zu ergreifen. Gegebenenfalls muss eine Modifizierung der Hygienepläne erfolgen. Sind solche Änderungen erforderlich, sind die Mitarbeiter zeitnah anlassbezogen zu schulen und zu unterweisen.
Die Abbildung 1 zeigt die Prozesse bei einem Hygienemanagement im Überblick.
Erstellung der Hygieneanweisung und eines Hygienekonzepts
Entsprechend den Hygieneanforderungen und der individuellen Risikobeurteilung der Arbeitsbereiche, Geräte und Tätigkeiten sind die Hygienemaßnahmen in der Standardarbeitsanweisung festzulegen. Es ist sinnvoll, Hygienezonen zu beschreiben, die je nach Nähe zu den kritischen Bereichen ein abgestuftes Vorgehen in Hinblick auf die anzuwendenden Maßnahmen erfordern.
Für die Standardarbeitsanweisung gibt es keine Formvorschriften. Die folgenden grundsätzlichen Gliederungspunkte haben sich jedoch zur Beschreibung und Festlegung bewährt:
- Beschreibung des Soll-Zustands
- Festlegung der Hygienezonen
- Benennung und Festlegung der einzelnen innerbetrieblichen Maßnahmen/Arbeitsschritte als einzelne Hygienepläne mit den Geltungsbereichen
– Personalhygiene
– Raumhygiene
– Herstellung der nicht-sterilen Rezepturen
– Geräte zur Herstellung und Prüfung
– Entsorgung von allgemeinem und speziellem Abfall
- Festlegung der Dokumentationspflichten
- Festlegung von Korrektur- und Verbesserungsmaßnahmen
- Festlegungen zu Schulungs- und Unterweisungsmaßnahmen
- und als Anlage zur SOP
– Festlegung der zu nutzenden Formulare für die Aufzeichnung
– gegebenenfalls Checklisten zu Richtwerten, Gebrauchsanweisungen, etc.
Erstellung von Hygieneplänen
Während die Hygieneanweisung Grundsätzliches regelt, sollten die einzelnen Hygienepläne geeignet sein, die individuellen Maßnahmen in den einzelnen Geltungsbereichen zu beschreiben und so festzulegen, dass keinerlei Interpretationsspielraum gegeben ist. Bietet die Apotheke besondere Leistungen an wie z. B. Herstellung von Zytostatika bzw. parenteraler Ernährungslösungen oder manuelles Verblistern sind für diese Geltungsbereiche ebenfalls Hygienepläne zu erstellen.
Für die Hygienepläne sollte ein einheitliches Format gewählt werden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit, der leichten und schnellen Lesbarkeit sowie allgemeiner Verständlichkeit und Akzeptanz bietet sich eine tabellarische Darstellung mit folgenden, gleichlautenden Gliederungspunkten an:
- Geltungsbereich Wo?
- Zuständigkeit Wer?
- Maßnahmen Was?
- Zeitpunkt und/oder Häufigkeit der Hygienemaßnahme Wann?
- zu verwendende Mittel Womit?
- Anweisungen für die Reinigung/Desinfektion Wie?
Die Hygienepläne können für jeden Betriebsraum bzw. jede Hygienezone gesondert festgelegt werden. Hinweise zu Form, Umfang und inhaltlicher Festlegung befinden sich in der Leitlinie der Bundesapothekerkammer „Hygienemanagement“, in dem dazu gehörenden Kommentar [2] mit den Formblättern der Arbeitshilfen und im Ordner „Hygienemanagement“ [3]. Dieser leitet einfach durch das Dickicht der Hygiene-Leitlinien und führt zielsicher zum maßgeschneiderten Hygienemanagement.
Pflichtschulung Hygiene
Die Mitarbeiter sind vor Aufnahme ihrer Tätigkeit und danach mindestens einmal jährlich mündlich zu den relevanten Themen des Hygienemanagements der Apotheke zu unterweisen:
- gesetzliche Grundlagen
- Hinweise zur Mikrobiologie
- Desinfektionsmittel
- individuelles Hygienekonzept der Apotheke
- Personalhygiene
- Raumhygiene
- qualitätssichernde Maßnahmen
Die Unterweisung ist zu dokumentieren und nachzuweisen. Zur Vorbereitung, Durchführung und Nachweis der Pflichtschulung Hygiene stehen Materialien zur Verfügung, die auch Schulungsfolien umfassen, die die theoretischen Grundlagen der Hygiene, Richtlinien zur Erstellung von SOPs, Muster für Hygienepläne und genaue Anweisungen für die Dokumentation bieten [4].
Selbstinspektion
Einmal jährlich wird das Hygienekonzept im Rahmen der Selbstinspektion der Apotheke überprüft. Die Eigenrevision gibt Aufschluss darüber, ob das Qualitätsmanagementsystem der Apotheke wirksam umgesetzt und aufrechterhalten ist. Der Ablauf einer Selbstinspektion erfolgt nach dem Grundsatz „Plan-Do-Check-Act (PDCA)“ und beinhaltet das Vorbereiten der Selbstinspektion, das Ausführen der Selbstinspektion, das Bewerten der Inspektionsergebnisse und, falls notwendig, die Korrekturmaßnahmen zur Beseitigung von Abweichungen. Daraus resultiert ein geschlossener Kreis, der durch die Bewertung des Erfolges oder des Nichterfolges der zuvor eingeleiteten Korrekturmaßnahmen zur ständigen Verbesserung führt. Es ist nicht gefordert, dass die Apothekenleitung die Selbstinspektion persönlich durchführt. Sie kann dazu geeignete Mitarbeiter beauftragen, das kann für den Herstellungsbereich auch eine PTA sein. Um zu einem unabhängigen Ergebnis zu gelangen, sollten allerdings die Mitarbeiter, die im auditierten Geltungsbereich selbst tätig sind, die Eigenrevision nicht verantwortlich durchführen. Sie können jedoch eine unterstützende Funktion einnehmen. Über die Selbstinspektion müssen Aufzeichnungen geführt werden, die fünf Jahre aufzubewahren sind. Neben der Statusaufnahme im Selbstinspektionsprotokoll werden in einem abschließenden Bericht Bewertungen und – falls notwendig – bei festgestellten Mängeln Verbesserungsvorschläge erwartet. Die Bewertung sollte einem Apotheker vorbehalten bleiben, während die Festlegung der Verbesserungsmaßnahme in der Verantwortung der Apothekenleitung liegt. Das Inspektionsprotokoll muss vorbereitet werden. Dazu sollte ein Fragenkatalog erstellt werden, der alle notwendigen Aspekte des Hygienemanagements umfasst [6]. Eine wertvolle Hilfe bietet die „GD-Checkliste zur Selbstinspektion und Sicherung des Betrieblichen Hygienekonzeptes“ [5]. |
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Literatur
[1] Europäisches Arzneibuch, Ph. Eur., 8. Ausgabe, Grundwerk 2014
[2] Kommentar zur Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung Hygienemanagement, Stand der Revision: 25. November 2015
[3] Hygienemanagement nach ApBetrO, Selbstinspektion, Musterpläne, Schulung, Dokumentation, 2. Auflage einschließl. 1. Akt.Lfg. Deutscher Apotheker Verlag 2012
[4] Pflichtschulung Hygiene nach § 4a ApBetrO, Deutscher Apotheker Verlag 2016
[5] GD-Checkliste zur Selbstinspektion und Sicherung des betrieblichen Hygienekonzeptes. Anlage zum GD-Hygieneleitfaden für Apotheken zur Herstellung von nicht-sterilen pharmazeutischen Zubereitungen vom 19. Januar 2000 in der revidierten Fassung vom 1. September 2010, GD Gesellschaft für Dermopharmazie e.V., www.gd-online.de
[6] Selbstinspektion Set, Deutscher Apotheker Verlag 2016
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