DAZ aktuell

Viva Vita-Konzept untersagt

Zuzahlungsverein leistet Beihilfe zur Verletzung der Preisbindung

STUTTGART (jz). Das Konzept des Zuzahlungsvereins Viva Vita ist nach Auffassung des Landgerichts Stuttgart unzulässig: Das Arzneimittelpreisrecht verbiete nicht nur die Abgabe von Rx-Arzneimitteln zu einem günstigeren Preis, so die Richter. Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden habe, liege ein Verstoß auch dann vor, wenn zwar der korrekte Preis angesetzt, dem Kunden aber ein Vorteil gewährt werde, der den Erwerb für ihn günstiger erscheinen lasse. Für die Richter spielte es dabei keine Rolle, dass im vorliegenden Fall nicht die Partnerapotheken, sondern der beklagte Verein als Mittelsmann den eigentlich zu verhindernden Preiswettbewerb eröffnete. (Landgericht Stuttgart, Urteil vom 21. November 2012, Az. 40 O 57/12 KfH)

Verloren hat der Zuzahlungsverein Viva Vita aktuell einen Prozess vor dem Landgericht Stuttgart. Im Internet wird aber weiterhin munter geworben.

Nach Angaben des Vereins sind 40 Apotheken sogenannte aktive Mitglieder von Viva Vita. Sie zahlen je nach Umsatz Mitgliedsbeiträge – mindestens 1000 Euro jährlich. Die Mitgliedsbeiträge der Krankenversicherten (passive Mitglieder) liegen zwischen zehn und 104 Euro. Ihnen bietet Viva Vita an, die beim Arzneimittelkauf anfallenden Zuzahlungen voll oder teilweise zu erstatten, wenn die Arzneimittel bei kooperierenden Partnerapotheken erworben werden. Soweit keine Zuzahlung anfällt, erhalten die Versicherten vom Verein zwischen 2,50 und 20 Euro.

Wettbewerbszentrale erneut im Recht

Ein klarer Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung befand die Wettbewerbszentrale und forderte die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Nachdem Viva Vita deren Unterzeichnung ablehnte, traf man sich vor dem Landgericht Stuttgart. Nicht zum ersten Mal musste der Verein sein Konzept vor Gericht verteidigen – und nicht zum ersten Mal teilten die Richter nicht seine, sondern die Auffassung der Wettbewerbszentrale: Die Zuzahlungserstattung stelle eine Beihilfe zur Verletzung der Preisbindung dar, so ihr Urteil. Denn durch die Preisbindung bei Rx-Arzneimitteln gemäß § 78 Abs. 2 AMG solle ein Preiswettbewerb unter den Apotheken vermieden werden, um eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Zwar sei Viva Vita nicht selbst Normadressat der Preisbindung, gestanden die Richter ein. Aber der Verein leiste vorliegend als Dritter für seine Partnerapotheken Beihilfe zum Eintritt in einen Preiswettbewerb: "Wer selbst nicht Normadressat ist, aber gesetzesunterworfene Dritte bewusst dabei unterstützt, gegen Marktverhaltensregeln […] zu verstoßen, um damit den Absatz deren Unternehmen zu fördern […], handelt unlauter."

Kein Bestandsschutz

Viva Vita hatte zudem angeführt, das Unterlassungsbegehren der Wettbewerbszentrale sei verjährt oder gar verwirkt, da sie das Geschäftsmodell bereits seit Mitte 2008 kenne und dennoch nichts unternommen habe. Über vier Jahre habe man sich einen "wertvollen Besitzstand geschaffen, sich stark vergrößert und Bekanntheit erlangt", so der Verein. Das Argument lehnten die Richter jedoch ab: Im März 2010 habe die Wettbewerbszentrale einen rechtskräftigen Titel gegen eine dem Verein angehörende Apotheke erlangt, von dem sie sich bekanntlich eine Signalwirkung für das Rückvergütungsmodell erhoffte. Der Verein habe daher nicht davon ausgehen dürfen, dass die Wettbewerbszentrale das Geschäftsmodell dulde.


Zum Weiterlesen


Zuzahlungserstattung über Partnerverein unzulässig

AZ 2011, Nr. 26, S. 3

Viva Vita-Kooperationsapotheke droht Zwangsgeld

AZ 2012, Nr. 17, S. 3

Viva Vita: Nächste Runde im Streit um Zuzahlungsclub

DAZ 2012, Nr. 27, S. 37




DAZ 2012, Nr. 50, S. 29

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