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Arzneimittel und Therapie
Verdachtsmeldungen und das Blutungsrisiko unter Pradaxa®
In der Ausgabe der "Zeit" vom 3. November 2011 war noch zu lesen, dass der Hersteller von Dabigatranetexilat (Pradaxa®), Boehringer Ingelheim, eine Zahl von 50 Todesfällen unter Pradaxa® bestätigt hat. Gegenüber der DAZ wollte ein Sprecher von Boehringer diese Zahl schon am Erscheinungstermin der Zeit nicht mehr genannt wissen. Genaue Angaben über die Zahl letaler Blutungen unter Dabigatran könne man nicht machen, da die gemeldeten Verdachtsfälle noch hinsichtlich eines kausalen Zusammenhangs mit der Einnahme des Gerinnungshemmers überprüft werden müssten, so die Auskunft.
Boehringer: 260 Verdachtsfälle
Nun hat die EMA bestätigt, dass weltweit 256 Verdachtsfälle zu letalen Blutungskomplikationen unter Pradaxa® gemeldet worden sind, davon 21 in Europa. Dem BfArM liegen vier Verdachtsfälle aus Deutschland vor. Boehringer Ingelheim hat seine Informationspolitik geändert und spricht jetzt von 260 Verdachtsfällen. Das entspreche 63 Verdachtsfällen zu tödlichen Blutungen pro 100.000 Patientenjahren, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Einnahme von Pradaxa® stehen. Diese Rate liege deutlich unter der Zulassungsstudie RE-LY mit 230 pro 100.000 Patientenjahre.
Wie schwierig solche Meldungen zu bewerten sind, zeigt ein Blick auf die Informationen zu den vier deutschen Meldungen, die uns das BfArM zur Verfügung gestellt hat (s. Kasten). Hier fehlen unter anderem Angaben zu eventuell zeitgleich verabreichten Arzneimitteln, Angaben zu Begleiterkrankungen und zu Indikationen.
Blutungen unter DabigatranetexilatVerdachtsmeldungen, die dem BfArM bis zum 14. 11. 2011 vorlagen:
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"Keine seriöse Aussage"
In einer Stellungnahme des BfArM heißt es dazu: "Ein ursächlicher Zusammenhang mit der Einnahme von Pradaxa® ist zwar möglich, im Einzelfall aber nicht sicher belegt. Auf der Grundlage solcher Berichte sind nach internationalem Konsens keine seriösen Aussagen über die Häufigkeit einer unerwünschten Arzneimittelwirkung unter der Anwendung eines bestimmten Arzneimittels möglich." Grundsätzlich sei die Anwendung jedes Arzneimittels, das die Gerinnungsfähigkeit des Blutes herabsetzt, mit einem erhöhten Blutungsrisiko verbunden, so das BfArM.
Zahlen zu Risiken
Der Hersteller beziffert das Risiko von letalen Blutungen unter Dabigatran in einer Tagesdosierung von zweimal 150 mg auf 230 Fälle pro 100.000 Patientenjahre, für den Vitamin-K-Antagonisten Warfarin auf 330 Fälle und für Acetylsalicylsäure auf 200 Fälle pro 100.000 Patientenjahre. Damit sei das Blutungsrisiko von Dabigatran ungefähr so niedrig wie das von ASS und niedriger als von Warfarin. Dabei soll Dabigatran in dieser Dosierung bei Vorhofflimmern drei von vier Schlaganfällen verhindern sowie das Risiko für gefäßbedingte Todesfälle signifikant reduzieren. Vergleichsstudien von Dabigatran mit Vitamin-K-Antagonisten wurden nur mit Warfarin, nicht mit Phenprocoumon (Marcumar®) durchgeführt. Ob das Risiko für letale Blutungen unter Phenprocoumon in der gleichen Größenordnung liegt wie unter Warfarin, ist offen.
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Zum WeiterlesenDiskussion um Todesfälle unter Pradaxa® Herdegen T: Pharmakologisch! Blutgerinnungsstörungen. |
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