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Bestnoten für Johanniskrautpräparate und Venenmittel
19 apothekenpflichtige Johanniskrautpräparate hat "Öko-Test" pharmakologisch begutachtet und auf bedenkliche Hilfsstoffe untersucht. Das Resultat hätte kaum besser ausfallen können. Drei Arzneimittel schnitten mit "sehr gut" ab: Laif 900 Balance von Steigerwald, Neuroplant aktiv von Dr. Wilmar Schwabe und Jarsin von Cassella med. Für die hier enthaltenen Extrakte haben die Hersteller klinische Studien zur Wirksamkeit vorgelegt. Genau dies ist ihr Pluspunkt gegenüber allen anderen getesteten Mitteln, die dennoch sämtlich ein "gut" erhielten. Die Tester konstatieren erfreut, dass alle Beipackzettel umfänglich über Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen informieren – etwa Ciclosporin, Indinavir, Digoxin, Theophyllin und der Antibabypille. Auch eine erhöhte Lichtempfindlichkeit wird überall als Nebenwirkung genannt. Abgesehen von dem Farbstoff Gelborange S (E 110) in den Cesradyston 425 mg Hartkapseln (Cesra) waren keine bedenklichen und/oder umstrittenen Hilfsstoffe in den Produkten zu finden. Und selbst in diesem Einzelfall führte der Zusatz nicht zu einer Abwertung.
Ausdrücklich warnt "Öko-Test" dagegen vor freiverkäuflichen Johanniskrautpräparaten aus Drogerien und Supermärkten. Dabei verweist die Zeitschrift auf die aktuelle Studie des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker: Danach geht von diesen Präparaten "ein nicht kalkulierbares Risiko aus" (siehe DAZ 2011, Nr. 17, S. 61).
Venenmittel: Rosskastaniensamenextrakt wirkt
Ähnlich gut schnitten bei "Öko-Test" die Venenmittel ab. Untersucht wurden 14 Präparate, die als Wirkstoff einen alkoholischen Trockenextrakt aus den Samen der Rosskastanie enthalten. Eine Substanz, die die Tester überzeugt – jedenfalls wenn der Aescingehalt mindestens 100 mg je Tagesdosis beträgt. Nur dann sind ausreichend Triterpene – die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe dieser Mittel – enthalten. Bei zehn Präparaten war nichts zu beanstanden, sie schnitten mit "sehr gut" ab. Darunter finden sich beispielsweise Aescorin forte (Steigerwald), Noricaven (Bionorica), Venen-Tabletten Stada, Venoplant retard S (Dr. W. Schwabe). Ein "gut" erhielten drei Mittel: Bei Antistax Venenkapseln (Boehringer Ingelheim) ist die Wirksamkeit aus Sicht der Tester nur "gut" nachgewiesen (zwei Studien), bei Plissamur (Ardeypharm) und Venostasin retard (Astellas) bemängelten sie die Zugabe des Farbstoffs Chinolingelb. Durchgefallen ist lediglich ein Präparat: Aescuven forte (Cesra). Hier vermisst "Öko-Test" Angaben zum Droge-Extrakt-Verhältnis und zum Extraktionsmittel. Diese seien unentbehrlich, um pflanzliche Extrakte miteinander vergleichen und Aussagen über ihre Wirksamkeit machen zu können. Darüber hinaus wäre der in einer normalen Tagesdosis enthaltene Triterpengehalt mit 60 mg ohnehin zu niedrig. Ein weiterer negativer Aspekt: Aescuven forte enthält den Weichmacher Dibutylphthalat.
Hustenmittel: gute unterstützende Wirkung
Bei den Tests von Hustenmitteln gab es keine Ausreißer nach oben oder unten – die Untersuchungen fielen hier nüchterner aus. Immerhin: neun von 17 getesteten Präparaten erhielten ein "gut" – darunter etwa Aspecton (Krewel Meuselbach), Gelo Myrtol forte (Pohl-Boskamp), Prospan Hustensaft (Engelhard), Sedotussin (UCB Pharma) und die Efeu-Hustensäfte von Stada und Ratiopharm. Fünf Hustenmittel mussten sich mit "befriedigend" begnügen, drei mit einem "ausreichend". 16 der Mittel sind Schleimlöser – in der Regel enthalten sie Efeu- und/oder Thymian-Extrakte, die in der pharmakologischen Bewertung mit "gut" abschnitten. Lediglich Umckaloabo mit einem Auszug aus der Pelargonie bekam eine nur "befriedigende" pharmakologische Wirksamkeit attestiert.
Zur Abwertung führten in den meisten Fällen die Hilfsstoffe – in der Regel der Alkoholgehalt, wenn das Präparat als zur Anwendung bei Kindern geeignet deklariert ist. Als beste Methode, Schleim zu lösen, empfiehlt "Öko-Test" allerdings Spaziergänge an der frischen Luft und täglich zwei bis drei Liter Tee von Thymian, Spitzwegerich, Kamille oder Holunderblüten.
Der einzige untersuchte Hustenreizstiller Phytohustil Sirup (Steigerwald) erhielt in der pharmakologischen Begutachtung zwar ein "sehr gut", weil die Wirksamkeit des enthaltenen Eibischwurzel-Auszugs als belegt gilt. Dass die Gesamtnote am Ende doch nur "ausreichend" ist, liegt abermals am Alkoholgehalt in Kombination mit der Altersempfehlung ab einem Jahr sowie dem Konservierungsstoff Propylparaben.
Prostatamittel: nur wenige mit belegter Wirksamkeit
Am wenigsten überzeugten die Tester die Phytopharmaka zur Behandlung prostatabedingter Harnbeschwerden oder von Prostataerkrankungen. Nur fünf der 17 überprüften Produkte erhielten ein "gut". Immerhin sechs noch ein befriedigend, eines fiel mit "ungenügend" durch. Die Mittel enthalten Wirkstoffe aus Sägepalmenfrüchten (Sabal) und/oder Brennnesselwurzeln (Urtica), Samen des Arzneikürbis oder einen Dickextrakt aus Gräserpollen. Eine einheitliche Empfehlung könne zu dieser heterogenen Gruppe von Präparaten nicht gegeben werden, heißt es bereits in den Leitlinien der Urologen zur Behandlung des gutartigen Prostatasyndroms. Nur bei den fünf mit "gut" bewerteten Präparaten liegen laut "Öko-Test" kontrollierte klinische Studien vor, die eine Wirksamkeit belegen (Bazoton uno 459,0 mg/Abbott, Prostagutt forte 160/120 mg Kapseln und Prostagutt uno 320 mg Kapseln/Dr. W. Schwabe, Remiprostan uno Kapseln/Schaper&Brümmer sowie Talso uno N 320 mg/Sanofi-Aventis). Schlusslicht im Test waren Granu Fink Prosta Kapseln (gsk). Die Tester beklagen hier insbesondere eine nicht ausreichend belegte Wirksamkeit, aber auch Deklarationsmängel im Beipackzettel. Die ebenfalls von GlaxoSmithKline hergestellten Prosta Fink forte 500 mg Weichkapseln (seit Januar: "Granu Fink Prosta forte") schnitten dagegen mit "befriedigend" ab.
Insgesamt hat "Öko-Test" 115 pflanzliche Arzneien ins Labor geschickt und Wirksamkeitsstudien analysiert. Im Mai-Heft wurden bereits die Testergebnisse für Abführ-, Schlaf- und Schmerzmittel veröffentlicht (siehe DAZ 2011, Nr. 18, S. 30). Im Juli wird ein dritter Teil des Naturarzneimitteltests folgen.
DAZ 2011, Nr. 23, S. 26
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