GD-Jahrestagung

Die Haut – viele Perspektiven für das größte Organ

GD-Jahrestagung in Vaals (NL)

Bericht von Thomas Müller-Bohn

Ein breit gefasstes Informationsangebot über Hautarzneimittel und Kosmetika präsentierte die Gesellschaft für Dermopharmazie bei ihrer 15. Jahrestagung vom 4. bis 6. April im niederländischen Vaals – im Dreiländereck Deutschland-Niederlande-Belgien unmittelbar in der Nachbarschaft zu Aachen. Über 200 Teilnehmer informierten sich im wissenschaftlichen Hauptprogramm, in sechs Symposien, bei Firmenseminaren und auf der Ausstellung über neueste Therapiekonzepte und Perspektiven aus der Forschung, aber auch über praktische Aspekte von der Rezeptur bis zu den Folgen der Gesundheitsgesetzgebung. Aus Anlass der Tagung veröffentlichte die GD zwei Stellungnahmen zu Tests für wasserfeste Sonnenschutzmittel und zur Streitfrage über die Bedeutung topischer nichtsteroidaler Antiphlogistika.
Foto: DAZ/tmb
Gemeinsame Präsentation am Beginn der Tagung (von links): Prof. Dr. Axel Schnuch, Göttingen, Dr. Joachim Kresken, Viersen (GD-Vorsitzender), Prof. Dr. David R. Bickers, New York, Prof. Dr. Hans Merk, Aachen (wissenschaftlicher Tagungsleiter), Prof. Dr. Hans Christian Korting, München (stellvertretender GD-Vorsitzender).

Sonnenschutzmittel – was ist wasserfest?

Auf Packungen von Sonnenschutzmitteln wird neben den Schutzeffekten häufig herausgestellt, das Produkt sei wasserfest. Für den Gebrauchswert bei einem Badeurlaub kann dies entscheidend sein, doch bleibt zu fragen, wie diese Eigenschaft geprüft wird. In ihrer jüngsten Stellungnahme spricht sich die GD klar dafür aus, nur die Methode der COLIPA, der europäischen Dachorganisation der Kosmetikindustrie, zu verwenden. Bei dieser recht aufwendigen Methode wird bei bis zu 25 Probanden der Lichtschutzfaktor vor und nach zwei 20-minütigen Whirlpool-Bädern gemessen. Wenn der Lichtschutzfaktor nach den Bädern noch mindestens halb so hoch wie zuvor ist, darf das Produkt als "wasserfest" oder "wasserresistent" bezeichnet werden. Wenn dies auch nach vier Bädern noch erfüllt ist, gilt das Produkt als "extra wasserfest" oder "extra wasserresistent".

Da dieses Verfahren erst 2005 eingeführt wurde, gab es zwischenzeitlich auch andere Tests. Der GD-Vorsitzende Dr. Joachim Kresken erläuterte, die Stiftung Warentest habe im vorigen Jahr eine einfachere Testmethode verwendet. Doch würden die Ergebnisse zwischen den beiden Methoden nicht bei allen Produkten korrelieren. Dies könne die Verbraucher verwirren. Der stellvertretende GD-Vorsitzende Prof. Dr. Hans Christian Korting stellte die Vorteile des COLIPA-Verfahrens heraus. Es sei validiert, und offenbar sei die Verwirbelung im Whirlpool für die Bewertung wichtig. Darum sollten nur Ergebnisse aufgrund der COLIPA-Methode in der Öffentlichkeit herausgestellt werden, erklärte Korting.


Foto: DAZ/tmb
Dr. Joachim Kresken

Topische NSAR – Vorteile und offene Fragen

In einer weiteren neuen Stellungnahme fordert die GD zu einer differenzierten Betrachtung topisch applizierter nichtsteroidaler Antiphlogistika (NSAR) auf. Indikationen sind weichteilrheumatische Beschwerden, Arthrosen hautnaher Gelenke sowie Prellungen und Zerrungen. Die GD verweist dazu auf kürzlich veröffentlichte Übersichtsarbeiten und einen Cochrane-Review von 2010. Demnach sind Diclofenac, Ibuprofen, Ketoprofen und Piroxicam bei topischer Anwendung wirksamer als Placebo, während für Indometacin dieser Nachweis nicht erbracht wurde.

Vorteile der topischen Therapie werden in der systemischen Verträglichkeit gesehen, da bei intakter Haut nur Blutspiegel erreicht werden, die etwa 5 bis 15 Prozent der Werte bei einer oralen Applikation betragen. Eine Einschränkung besteht bei der lokalen Anwendung von Ketoprofen, weil dabei schwere photoallergische Reaktionen möglich sind.

Doch sieht auch die GD noch offene Fragen. So fehlen groß angelegte Vergleiche zwischen topischer und systemischer Therapie sowie zwischen den topisch angewendeten Wirkstoffen. Für die topische Therapie spreche die Compliance, die vielfach als besser bezeichnet wird, doch gebe es auch dazu keine aussagekräftige Studie. Weitere Differenzierungen ergeben sich aus den Darreichungsformen, wobei Mikrogele eine besonders schnelle Permeation des Wirkstoffs und damit eine schnelle Schmerzlinderung ermöglichen.

Allergene Duftstoffe und Konservierungsmittel

Für große Aufmerksamkeit bei der Tagung sorgten Erkenntnisse zu Kontaktallergien durch Kosmetika. Prof. Dr. Axel Schnuch, Leiter des Informationsverbundes Dermatologischer Kliniken (IVDK) an der Universitätshautklinik Göttingen, bezeichnete das allergische Kontaktekzem als wichtigste Erkrankung, die durch Produkte des täglichen Bedarfs verursacht wird – auch wenn Lebensmittelintoxikationen häufiger sind. Die häufigsten Kontaktallergene sind Duftstoffe, gefolgt von Bioziden und Haarfarben, doch mahnte Schnuch zu einer differenzierten Betrachtung. Der starke Anstieg der Kontaktallergien gegen Duftstoffe vor 2000 sei ein Problem gewesen, aber durch die Selbstregulierung der Industrie sei die Häufigkeit der Allergien inzwischen zurückgegangen und habe sich stabilisiert. Von 2005 bis 2008 reagierten von den getesteten Patienten 6,6 Prozent positiv auf die Duftstoffmischung I und 4,6 Prozent positiv auf die Duftstoffmischung II. Aufgrund von Hochrechnungen könne geschätzt werden, dass etwa 0,8 bis 1,9 Prozent der Gesamtbevölkerung eine Reaktion auf den Duftstoffmix I zeigen, erläuterte Schnuch.

Bei einzelnen Stoffen gebe es aber immer wieder Entwicklungen gegen den Trend, die der IVDK als "Wachhund" verfolgt. Derzeit sei ein Anstieg bei Allergien gegen ätherische Öle zu verzeichnen. Bei den Duftstoffen riet Schnuch zu einer quantitativen Betrachtung. Denn nicht alle deklarierten Duftstoffe seien in gleicher Weise problematisch. So werde Limonen sehr oft eingesetzt, löse im Verhältnis dazu aber nur sehr wenige Allergien aus. Isoeugenol sei dagegen offenbar ein stärkeres Allergen, weil es im Vergleich zu seiner Anwendungshäufigkeit mehr Allergien auslöse.

Entsprechend müssen laut Schnuch auch die Konservierungsmittel betrachtet werden. Spitzenplätze als Allergieauslöser nehmen Methylisothiazolinon, Bromnitropropandiol sowie die Formaldehydabspalter Imidazolidinyl- und Diazolidinyl-Harnstoff ein. Dagegen verursachen Phenoxyethanol und Parabene nur selten Kontaktsensibilisierungen. Diese differenzierte Betrachtung durch einen kritischen Beobachter von Zusatzstoffen fand bei der GD-Tagung großes Interesse, weil sie sich deutlich von verbreiteten pauschalen Ablehnungen unterscheidet.

Zugleich wandte sich Schnuch gegen Vermarktungsstrategien, die Produkte gezielt "ohne" vielfach diskutierte Stoffgruppen anpreisen, aber nicht vor ähnlichen Substanzen warnen, die in den Produkten enthalten sind. Als Beispiel nannte er ein Haarfärbemittel, das Toluylendiamin anstelle von p-Phenylendiamin enthält, also einen nahe verwandten Stoff, mit dem sogar eine Kreuzallergie besteht. Durch solche Hinweise werde einerseits eine dumpfe Angst vor bestimmten Stoffen geschürt, während die Verbraucher andererseits falsch informiert werden.

Surftipp


Die neuen und früheren Stellungnahmen der GD und weitere Informationen rund um die Haut finden Sie auf der Homepage der GD unter www.gd-online.de


"Sonne gesund erleben"


Über den angemessenen Umgang mit der Sonne und sinnvollen Sonnenschutz informiert die GD in einer 24-seitigen Verbraucherbroschüre "Sonne gesund erleben", die 2009 erarbeitet und nun neu aufgelegt wurde. Apotheken können die Broschüre kostenfrei zur Verteilung an ihre Kunden bei der GD anfordern: Mail an webmaster@gd-online.de oder Fax an (0 21 73) 9 33 91 17 oder auf der Homepage der GD herunterladen: www.gd-online.de.

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