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Aus Kammern und Verbänden
Neue Hoffnungen und neue Probleme
Kammerpräsident Gerd Ehmen beklagte die Folgen des AMNOG und die drohende Beeinträchtigung der Versorgung durch den Aufwand für die Rabattverträge. Es sei zu bedenken, dass eine Arzneimittelabgabe bei der derzeitigen Honorierung aus betriebswirtschaftlicher Sicht maximal vier Minuten dauern dürfe. Dies sollte die Politik berücksichtigen, da sie den Apothekern einen Versorgungsauftrag erteilt hat.
Allerdings gestehe Gesundheitsminister Rösler inzwischen zu, dass Korrekturen am AMNOG nötig seien. Die Politik habe wohl nicht mit der nun stattfindenden Verteilung der Einsparvolumina zwischen Apotheken und Großhandel gerechnet. Aufgrund der wirtschaftlichen Effekte beim Großhandel hofft Ehmen zudem, dass der Wettbewerb zwischen den Großhändlern künftig wieder zugunsten der Apotheken aufleben werde.
Kassen zweifeln am Sinn der Rabattverträge
Aus Gesprächen mit Verantwortlichen bei Krankenkassen berichtete Ehmen, dort gebe es mittlerweile Zweifel an den Rabattverträgen und den Verträgen zur Hilfsmittellieferung. Die Verwaltung verbrauche so viele Mittel, dass sich nicht mehr sagen lasse, ob die Verträge positiv wirken würden. Die Verträge müssten für die Apotheken ausführbar und für die Krankenkassen verwaltbar sein, forderte Ehmen.
Der pharmazeutische Leistungskatalog (LeiKa) ist für Ehmen ein hochpolitisches Thema. Die Apotheken müssten Leistungen beschreiben, die privat, aber auch von Krankenkassen honoriert werden könnten. Angesichts der in einigen Jahren drohenden Engpässe bei der medizinischen Versorgung werde das zunehmend relevant. "Wir sollten vorher durchdenken, was wir leisten können und was wir dafür haben müssen", forderte Ehmen.
Apotheken im Wettbewerb
Zu den Thesen, die der Vorstand des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe kürzlich über die Positionierung des Apothekers im Spannungsfeld zwischen Heilberufler und Kaufmann formuliert hatte (siehe DAZ.online, Meldung vom 8. März), erklärte Ehmen, das klinge zunächst nicht schlecht, "aber es schafft Flanken, die angreifbar sind". Die Thesen würden insgesamt auf die Wirtschaftlichkeit zielen. Die Apotheker sollten daher kritisch prüfen, ob das zu ihrem Verständnis des Berufes passe.
Der Delegierte Gerhard Wandel, der auch Vorstandsmitglied beim Apothekerverband Schleswig-Holstein ist, nannte die Thesen ein "hervorragendes Wettbewerbspapier", wie es auch von Konzernen formuliert werden könnte. Doch vermisse er den Verweis auf den gesetzlichen Auftrag der Apotheke.
In diesem Zusammenhang diskutierte die Kammerversammlung auch über den Markteintritt von Medco Celesio, das im Auftrag einer Krankenkasse deren Patienten beraten wird (s. "Neue Versorgungskonzepte für Chroniker" in DAZ Nr. 7, S. 58). Nach Einschätzung von Wandel verfolgt Medco Celesio ein Geschäftsmodell, das Medco in den USA erfolgreich umsetzt. Aus der Perspektive der Apotheken sei dies das Angebot eines Mitbewerbers, der ein erkanntes Versorgungsproblem lösen wolle. Er fürchte, dass die Berufspolitiker dies unterschätzen.
Der Delegierte Holger Iven warnte davor, dass Apotheken ohne ein solches Betreuungsangebot künftig möglicherweise nur ein vermindertes Honorar erhalten könnten. Dagegen argumentierte Wandel, der Medco-Konzern verfolge weltweit eine auf den Versandhandel ausgerichtete Strategie, sodass es gar nicht um einen Wettbewerbsvorteil für einzelne Vor-Ort-Apotheken gehe.
Ehmen gab zu bedenken, dass die sofortige Versorgung durch die Vor-Ort-Apotheken den Patienten einen großen Vorteil bietet. Einen weiteren Vorteil könnten sich die Apotheker durch die Zusammenarbeit mit den Ärzten im Sinne des ABDA-KBV-Modells verschaffen.
Positionen zum ABDA-Haus
Ein weiteres Diskussionsthema der Kammerversammlung war das Deutsche Apothekerhaus (ABDA-Haus) in der Berliner Jägerstraße. Ehmen verwies auf den Handlungsbedarf angesichts der ungünstigen Arbeitsbedingungen. Über das derzeitige ABDA-Haus sagte er: "Man kann dort nicht gut arbeiten." Darum habe er jüngst für den Kauf des Nachbarhauses gestimmt, sei jetzt aber auch nicht traurig, unterlegen zu sein, denn nun könne man neu nachdenken.
Wandel erklärte, die Kalkulation für das neue Haus sei "nicht sauber" gewesen, er kritisierte aber auch das derzeitige Haus: "Berufspolitisch wird das Palais eher zu einer Belastung als Zeichen für eine rückwärts gewandte Standespolitik", so Wandel. Zum Argument, die wirtschaftenden Töchter der ABDA sollten die Finanzierung für einen Hauskauf übernehmen, erklärte Iven: "Auch das ist Apothekergeld." Iven schlug vor, die ABDA solle an den Stadtrand Berlins ziehen, "wo man parken kann", um damit viele Folgekosten für die laufende Arbeit zu vermeiden.
Schleswig-Holsteinischer Apothekertag
Die Kammerversammlung zog eine Bilanz des am vorherigen Wochenende veranstalteten Schleswig-Holsteinischen Apothekertages. Im Unterschied zur sehr gut besuchten Fortbildung (s. Beitrag in dieser DAZ) wurde der politische Teil kontrovers betrachtet (s. DAZ Nr. 11, S. 72 ). Einige Delegierte argumentierten, dass eine politische Veranstaltung mehr Teilnehmer und auch mehr politisch Verantwortliche erreichen könnte, wenn sie an einem zentraler gelegenen Ort stattfindet.
Nach konstruktiver Diskussion herrschte Konsens, den Schleswig-Holsteinischen Apothekertag künftig nicht mehr in der Form wie 2010 und 2011 zu veranstalten. Stattdessen soll in Damp der lange bewährte Fortbildungskongress fortgeführt werden, und eine gemeinsame politische Veranstaltung mit dem Verband soll an einem anderen Ort stattfinden, möglicherweise in Verbindung mit dem parlamentarischen Abend.
Neue Rechtsgrundlage der Apothekenrezeptur
Außerdem beschloss die Kammerversammlung einstimmig, beim Deutschen Apothekertag 2011 einen Antrag einzubringen. Darin soll gefordert werden, die einschlägigen Leitlinien der Bundesapothekerkammer als Rechtsgrundlage für die Apothekenrezeptur zu verankern. Hintergrund sind Forderungen der schleswig-holsteinischen Aufsichtsbehörde, für die Sterilherstellung in Krankenhausapotheken die deutlich weitergehenden PIC-Richtlinien einzufordern. Nach Auffassung der Delegierten sollten diese Regeln für die Herstellung zugelassener Arzneimittel nur in der Industrie gelten. Es wird befürchtet, dass eine Übertragung auf die Apotheken die Herstellung von Rezepturen praktisch unmöglich machen würde. Dies könnte die Versorgung der Patienten gefährden und die Stellung der Apotheken schwächen, hieß es in der Kammerversammlung.
tmb
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