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Digitalisierung des Gesundheitswesens
ePA: Datenschutzbeauftragter hat „erhebliche Bedenken“
Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat in seinem Tätigkeitsbericht 2023 auch die Digitalisierung des Gesundheitswesens unter die Lupe genommen. Insbesondere an der Ausgestaltung der elektronischen Patientenakte und der Widerspruchslösung hat er einiges auszusetzen – das E-Rezept läuft bei ihm hingegen in der Rubrik „Positives“.
Für die Heilberufs-Gruppen gibt es noch einiges an der elektronischen Patientenakte (ePA) auszusetzen. Unter anderem aus Sicht des Deutschen Apothekerverbands und der Bundesärztekammer fehlen bisher „elementare Bestandteile, die für eine nutzenstiftende Verwendung im Versorgungsalltag benötigt werden“. Das erklärten sie Mitte Februar in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Der GKV-Spitzenverband hingegen bezeichnete den ePA-Beginn im Januar kommenden Jahres als „mehr als ambitioniert“. Die Versicherten bräuchten genug Zeit für eine informierte Entscheidung für oder gegen die ePA und die Krankenkassen für die Vorbereitung der Opt-out-Lösung.
Nun hat der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber seine Kritik an der ePA bekräftigt. Überhaupt kommen die Digitalisierungsgesetze von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in seinem an diesem Mittwoch vorgelegten Tätigkeitsbericht 2023 insgesamt schlecht weg – Ausnahme ist das E-Rezept, das in einem kurzen Kapitel mit dem Titel „Positives“ auftaucht.
Missachtung des verfassungsmäßigen Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
Zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) heißt es von Kelber, ein Teil der Regelungen, „greift zu weit in die Grundrechte der betroffenen Personen ein und missachtet mögliche Risiken ebenso wie das verfassungsmäßige Recht auf informationelle Selbstbestimmung“. Ganz konkret geht es ihm unter anderem um die Möglichkeit der Krankenkassen, auch ohne Einwilligung der Versicherten eine „individuelle, versichertenbezogene Auswertungsbefugnis“ zu erhalten.
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Auch die ABDA hatte sich an diesem Punkt quergestellt und versucht, im parlamentarischen Verfahren die automatisierte Prüfung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) durch die Krankenkassen zu verhindern. Kritisiert wurde von der Apothekerschaft, dass die Kassen dadurch zu Leistungserbringern würden und das Gesetz „übermäßige Eingriffe in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung“ vornehme.
Verstoß gegen datenschutzrechtliche Grundsätze
Der Bundesdatenschutzbeauftragte spricht davon, dass diese Regelung des GDNG gegen „datenschutzrechtliche Grundsätze“ verstoße. Es verletze „das sozialdatenschutzrechtliche Trennungsgebot und ermöglicht den Krankenkassen die Profilbildung (‚gläserner Versicherter‘) und hat daher erhebliches Diskriminierungspotenzial“.
Zudem gebe es keinen Nachweis und keine Erfahrung dazu, „ob die vorliegenden Daten nach Struktur und Validität überhaupt geeignet sind, die beabsichtigten Ergebnisse zuverlässig zu erbringen“. Außerdem greife diese Auswertung in die ärztlichen Kompetenzen ein, unterstreicht auch Kelber. Seine Empfehlungen seien „im Wesentlichen leider nicht berücksichtigt“ worden, konstatiert der Bericht.
ePA: Abschwächung der Cybersicherheit
Auch zur Widerspruchslösung bei der ePA wird festgestellt, dass diese „erheblich in das Grundrecht auf die informationelle Selbstbestimmung“ eingreife. Überhaupt hat Kelber „erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken“ bei der Ausgestaltung der ePA.
So wendet sich der Bundesdatenschutzbeauftragte beispielsweise gegen ein automatisches Befüllen der ePA, „schutzwürdige“ Daten müssten davon ausgespart bleiben. „Dies gilt insbesondere für Daten, deren Bekanntwerden zu erheblichen Gefährdungen für die Rechte der Versicherten führen, etwa, weil sie Anlass zu Diskriminierung oder Stigmatisierung geben können, darunter Daten zu HIV-Infektionen, Schwangerschaftsabbrüchen oder psychischen Erkrankungen.“
Der Datenschutzbeauftragte sieht aber auch in der IT-Sicherheit Mängel. „Leider lässt der Gesetzentwurf im Gegensatz zu seiner Intention eine Abschwächung der Cybersicherheit erkennen, wenn niedrigschwellige Sicherheitsniveaus im Regelfall und nicht nur in absoluten Ausnahmefällen zugelassen werden sollen“, heißt es in seinem Bericht.
ePA: „Verunsicherung, Ohnmacht und Misstrauen“
Zum Schluss kommt Kelber aber noch einmal auf die Widerspruchslösung zu sprechen. Täglich wendeten sich Bürgerinnen und Bürger an ihn, die besorgt um ihre Daten sind und der ePA widersprechen wollen. Er nehme „Verunsicherung, Ohnmacht und Misstrauen wahr“. Einen der Gründe dafür sieht er darin, dass bei der Einführung der ePA „vor dem Hintergrund des Selbstbestimmungsrechts der Versicherten und der Patientensouveränität davon gesprochen wurde, dass Verarbeitungen nur auf Basis von Einwilligungen erfolgen würden, nur um jetzt – weniger als vier Jahre später – eine Verarbeitung auch ohne Einwilligung zu ermöglichen“.
Sicherheit des E-Rezepts verbessert
Positives weiß Kelber aber zum E-Rezept zu berichten. Auch wegen seiner Beratung habe „die Sicherheit eines alternativen, barrierearmen Einlösewegs von E-Rezepten erheblich verbessert werden“ können. Da die elektronische Gesundheitskarte nun aber an Bedeutung zunehme, schlägt er vor, ihre Ausgabe zu überarbeiten, „sodass unbefugte Dritte sie nicht nutzen können, um Zugang zu Gesundheitsdaten zu erlangen“.
2 Kommentare
Gut so, Herr Lauterbach. Tschüss, Herr Kelber!
von robert am 22.03.2024 um 13:53 Uhr
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Karl und die Bedenken
von ratatosk am 20.03.2024 um 18:53 Uhr
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